Kolumne Aufgeschreckte Couchpotatoes: Ich will keine Schokolade…
Ist der Valentinstag nun eine Erfindung der Blumenverkäufer und Schokofabrikanten ? Und wer war eigentlich der Herr Valentin?
T allin, Venedig, Südtirol, das Meer wünschen sich meine nächsten Kolleg*innen als Sehnsuchtsorte fürs Verliebtsein. Blumen, Pralinen, Marzipanherzen und immer mehr Reisen – eine romantische Kutschfahrt im Schnee, Kuscheln im Fünf-Sterne-Wellness-Resort – man könnte meinen, der Valentinstag sei eine Erfindung der Blumenverkäufer, Schokofabrikanten und Reiseveranstalter.
Was es mit dem heiligen Valentin auf sich hat, ist nicht geklärt. Bischof Valentin von Terni soll heimlich verliebte Paare getraut haben, die wegen ihres unterschiedlichen Standes oder weil sie aus verfehdeten Familien stammten, nicht heiraten durften. Zur Trauung schenkte er Blumen aus seinem Garten. Als seine illegalen Trauungen aufflogen, ließ ihn der Kaiser am 14. Februar 269 enthaupten. Sein Kampf für die Liebe und der Märtyrer-Tod machten ihn zum Liebesheiligen.
Zur Hoch-Zeit der höfischen Liebe, im 14. Jahrhundert, wurde Valentin wiederentdeckt. Im England des 18. Jahrhunderts berief man sich auf dieses verklärte höfische Liebesideal und beschenkte seine Liebsten. Valentinssymbol war der Schlüssel. Er sollte das Herz aufschließen. Heute verschickt man gleich das ganze Herz, in Schokolade gegossen oder als Emoji. Und zwar weltweit.
Der Cupid’s Undie Run ist ein Charity-Lauf in den USA. Er findet jeweils am Valentinstagswochenende in verschiedenen Bundesstaaten statt. Frei nach dem Motto „Let Your Love Run Free“ wird hier vorwiegend in roter Unterwäsche gelaufen.
In Saudi-Arabien verbot das Committee for the Promotion of Virtue and the Prevention of Vice (CPVPV) 2008 den Verkauf aller Artikel zum Valentinstag und forderte die Verkäufer auf, rotgefärbte Ware zu entfernen. Dieses Verbot hat einen Schwarzmarkt für Rosen und Packpapier geschaffen.
Der Herr der Liebe
In Indien verehrte man seit der Antike Kamadeva, den Herrn der Liebe. Im Mittelalter ging diese Tradition verloren, Kamadeva wurde nicht mehr gefeiert, Darstellungen sexueller Natur wurden verpönt. Gegen die Prüderie setzte sich 1992 der Valentinstag durch. Hinduistische und islamische Traditionalisten forderten ihre Anhänger auf, Valentinstagsbräuche zu vermeiden, weil dies „der indischen Kultur fremd sei“.
Über an Ausländer gerichtete Werbung machte das Süßwarenunternehmen Morozoff den Valentinstag 1936 in Japan bekannt. Der Brauch, dass nur Frauen Schokolade an Männer verschenken, könnte durch den Übersetzungsfehler des Schokoladenunternehmens während der ersten Kampagnen entstanden sein.
Aber egal wo man feiert: Liebe ist, wenn du morgens aufwachst und die Sonne scheint, obwohl es regnet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Berliner Sparliste
Erhöht doch die Einnahmen!
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Gewalt an Frauen
Ein Femizid ist ein Femizid und bleibt ein Femizid