Kolumne Aufgeschreckte Couchpotatoes: Reisewarnung für überall
Die Angst vor Terror hat die Auswahl bei den Urlaubszielen rund ums Mittelmeer stark eingeschränkt. Treffen wir uns also bald alle in Spanien wieder?
T unesien, die Türkei, Nizza und nun auch noch die Deutsche Bahn – das Reisen könnte einem vergällt werden. Terroristische Gefahr überall. Das macht Angst, gerade jetzt in der Hochzeit des Urlaubs, der gesellschaftlichen Errungenschaft und heiligen Kuh unser Konsumgesellschaft.
Sommer, Sonne, Sand und Meer! Die Auswahl unter den beliebten Zielen am Mittelmeer ist geschrumpft, das Mittelmeer, zum Massengrab geworden, entromantisiert. Tunesien, Ägypten, die Türkei sind Länder mit muslimischer Kultur im Fadenkreuz des Terrors. Gezielte Anschläge auf Hotels und viel besuchte Sehenswürdigkeiten erreichen immer ihr Ziel: Die Orte des brutalen Schreckens werden gemieden. Sie sind stigmatisiert. Bei andauernder Gefährdung in einem Land gibt das Auswärtige Amt Reisewarnungen heraus. Für die Türkei und Tunesien gibt es allerdings keine Warnung, lediglich für Ägypten eine Teilreisewarnung.
Das Monster IS-Terror mit seinen irren Trittbrettfahrern hat nun auch in Nizza zugeschlagen. Doch die Berührungsangst vor der französischen Mittelmeerküste wird gering sein, nicht lange andauern. Und das ist gut so: „Die Gefahr, Opfer eines Anschlags zu werden, ist im Vergleich mit anderen Risiken, die Reisen ins Ausland mit sich bringen, wie Unfällen, Erkrankungen oder gewöhnlicher Kriminalität, vergleichsweise gering“, so das Auswärtige Amt.
Doch Tunesien, die Türkei und Ägypten werden als muslimisch fremd, inzwischen nur noch als bedrohlich fremd wahrgenommen. Die Hürden vor neuen vertrauensbildenden Maßnahmen sind in Zeiten des wütenden Monsters IS und seiner Konsorten hoch. Vor allem weil sich diese Monster ideologisch der gleichen Religion bedienen: Allahu Akbar! Das ist fatal für die Wirtschaft dieser Länder und vor allem für die Menschen vor Ort, die vom Tourismus leben. In der Türkei und Tunesien sind das sehr viele.
Wir müssen mit der Unsicherheit leben, uns vor Stigmatisierung hüten: Sonst treten wir uns spätestens nächstes Jahr alle in Spanien auf die Füße, das jetzt schon aus allen Nähten platzt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren