Kolumne Aufgeschreckte Couchpotatoes: Wir sind Markentöpfe

Die Chinesen sind Reiseweltmeister. Es ist an der Zeit, sich mal Deutschland im Spiegel seiner Souveniershops anzusehen.

Objekte des Ungeschmacks aus einer Kunstausstellung. Bild: imago/epd

Nun haben die Chinesen den Deutschen also den Rang als Reiseweltmeister abgelaufen. Damit steigt nicht nur der CO2-Ausstoß weltweit an, sondern auch der deutsche Inlandstourismus. Denn die wachsende Mittelklasse aus Fernost liebt Deutschland: Sie reist überallhin, fotografiert alles. Deutschland hat im asiatischen Ausland einen guten Ruf.

Längst nicht mehr als Land der Dichter und Denker. Deutschland weckt andere Begehrlichkeiten: Edelstahltöpfe, hochwertige Kochmesser, Scheren, Korkenzieher, Knoblauchpressen, hochpreisige Taschenmesser oder geruchsneutralisierende Edelstahlseife. Renner der Saison: das dreiteilige Edelstahlgeschrirr inklusive Wok plus Messerschleifer für 624 Euro, Versandkosten mitgerechnet.

Ganz oben auf dem Einkaufszettel der Asiaten, so versichert der Verkäufer eines einschlägigen Souvenirshops, selbstverständlich chinesischer Muttersprachler, liege der Nasenhaarschneider aus feinstem Edelstahl. Und natürlich gibt es sie immer noch, die mechanische Kuckucksuhr und den nostalgischen Steinbierkrug. Alles Markenprodukte. Beste Qualität. Made in Germany eben.

Tourismus als Kulturschützer: Was Entwicklungsorganisationen immer häufiger in Länder des Süden propagieren – die Förderung und den Verkauf von einheimischem Kunsthandwerk im Tourismus, um es so vor dem Untergang zu retten –, gilt längst auch für uns.

Im Spiegel der Souvenirshops zeigen sich unsere wahren Werte, unsere Stärken, für die wir international geschätzt werden. Markentöpfe, Messer, Uhren, die möglicherweise schon längst von der Billigproduktion in Asien bedroht sind, vielleicht sogar dort produziert werden. Sie gehören jedenfalls auf die Weltkulturerbe-Liste als unversiegbarer Quell touristischer Nachfrage hierzulande.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Schwerpunkte: Reise und Interkulturelles. Alttazzlerin mit Gang durch die Institutionen als Nachrichtenredakteurin, Korrespondentin und Seitenverantwortliche. Politologin und Germanistin mit immer noch großer Lust am Reisen.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.