Kolumne American Pie: Weiße Patrioten beim Super Bowl
Die New England Patriots haben etliche Trump-Fans in ihren Reihen. Und der Super-Bowl-Titelverteidiger hat eine auffällig hellhäutige Offensive.
E s ist für viele US-Amerikaner nicht leicht, die New England Patriots zu lieben. Zumindest nicht, wenn sie sich politisch links verorten, Diversity wichtig finden und Trump ablehnen. Denn das Team, das am kommenden Sonntag im Endspiel der National Football League (NFL) den Super Bowl verteidigen will, steht für all das, was dem liberalen Amerika ein Graus ist.
Vulgärer Patriotismus schon im Teamnamen, Schlüsselspieler, die fast ausschließlich hellhäutig sind, und Trainer, Besitzer und Quarterback sind eng mit Donald Trump befreundet. Bliebe noch zu erwähnen, dass die Patriots unverschämt erfolgreich sind und dabei die Spielregeln gern einmal bis an die Grenze der Unsportlichkeit dehnen.
Beim Super Bowl LI im vergangenen Februar gewannen die Patriots trotz 19 Punkten Rückstand kurz vor Schluss doch noch gegen die Atlanta Falcons. Einen erklärten Fan freute das besonders. Neonazi-Sprachrohr Richard Spencer twitterte sich die Finger wund, um den Sieg des Teams aus der Region Boston gebührend zu feiern. Die Pats hätten drei weiße Passempfänger, das weißeste Team der Liga, und Atlanta sei ohnehin grauenhaft.
Neonazis nehmen es ja gelegentlich nicht so ernst mit der Wahrheit. Und Spencers Behauptung, die Patriots seien das weißeste Team der Liga, ist tatsächlich Fake News. Dennoch lässt sich nachvollziehen, wie der Eindruck entstehen kann. Quarterback Tom Brady – der überragende Passgeber der Patriots – ist hellhäutig, ebenso seine wichtigsten Passempfänger Danny Amendola und Chris Hogan. Der verletzte Julian Edelman ist ebenso weiß wie der vor Jahren abgewanderte Wide-Receiver-Star Wes Welker. 2014 waren laut Institute for Diversity and Ethics (TIDES) in Sport fast 90 Prozent der Wide Receiver schwarz. Die weiße Offensive der Patriots sticht da durchaus hervor.
Juror bei einer Miss-Wahl
Genau wie die Nähe wichtiger Teamköpfe zu Donald Trump, die auch Richard Spencer lobend erwähnte. Da wäre zum Beispiel Tom Brady selbst, der 2016 eine „Make America Great Again“-Mütze in seinem Spind verwahrte. Der Quarterback ist mit Donald Trump befreundet, seit dieser ihn vor fünfzehn Jahren zum Juror einer Miss-Wahl machte.
Im Vorwahlkampf in Massachusetts, der Heimat der Patriots, rühmte der Immobilienmilliardär sich der Unterstützung Bradys und attributierte seinen Vorwahlsieg im Küstenstaat Bradys Fürsprache. Doch auch der US-Präsident nimmt es mit der Wahrheit ja bekanntlich nicht so genau – weshalb unklar bleibt, wie weit Bradys Unterstützung für die Kandidatur Trumps wirklich ging.
Gute Beziehungen pflegt Trump auch zu Patriots-Trainer Bill Belichick, der sich mit manipulierten Spielbällen und Videospionage bei Gegnern den Ruf eines Schlitzohrs erarbeitet hat. Schriftsteller George R. R. Martin hasst Belichick so sehr, dass er einen Charakter seines „A Song of Ice and Fire“-Epos nach ihm benannte und dann von Riesen verspeisen ließ. Donald Trump betrachtet den Erfolgstrainer hingegen als Freund und verlas auf einer Wahlkampfveranstaltung 2016 einen Brief, indem dieser Trumps Vorwahlerfolge lobte.
Die engste Beziehung unterhält der US-Präsident aber zu Teambesitzer Robert Kraft. Der Milliardär spendete eine Million Dollar für die Feierlichkeiten zur Amtseinführung des US-Präsidenten und bezeichnet ihn als „engen Freund seit 25 Jahren“. Als die Patriots im April zum traditionellen Empfang des Super-Bowl-Gewinners ins Weiße Haus kamen, verglich Kraft das Comeback der Pats im Super Bowl mit dem Wahlsieg Trumps, der sich entgegen aller Wahrscheinlichkeit gegen 16 Karrierepolitiker durchgesetzt habe.
Im Hintergrund konnten die Zuschauer den Präsidenten über beide Ohren grinsen sehen. Allerdings erschien nur ein kleiner Teil des Teams im Weißen Haus – die Treppen zum Anwesen blieben teils leer. Vor allem die schwarzen Stars der Mannschaft glänzten mit Abwesenheit und machten ihre Abneigung gegenüber dem Hausherrn öffentlich.
Nähe zu Trump kostet Sympathien
Mittlerweile haben die Patriots-Granden offenbar gemerkt, dass die Nähe zum Präsidenten das Team Sympathien kostet. Robert Kraft verurteilte im September Trumps Ausfälle gegenüber schwarzen Spielern, die im Stadion gegen Rassismus demonstrieren, Tom Brady reagiert auf Fragen zu seinem Golfbuddy mittlerweile abweisend.
Im Finale von Minneapolis am Sonntag treffen die New England Patriots übrigens auf die Philadelphia Eagles, deren wichtigste Passempfänger alle dunkelhäutig sind. Spieler und Teambesitzer haben sich bereits während der Kontroverse im Herbst gemeinschaftlich gegen Trump positioniert. Sollten die Eagles gewinnen, könnte es beim nächsten Empfang der Super-Bowl-Champions auf den Treppen vor dem Weißen Haus folglich noch leerer werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt