Kohlendioxid im Emissionshandel: CO2-Preise von 65 Euro pro Tonne?
Die Berenberg Bank prognostiziert die Verknappung von Emissionszertifikaten. Ohne Preiserhöhung werde es keine signifikante CO2-Minderung geben.
Den Emissionshandel gibt es in der EU seit 2005. Seither müssen rund 12.000 Emittenten (etwa Kraftwerke, Raffinerien und Stahlwerke) in der EU und einigen kooperierenden europäischen Staaten für jede Tonne CO2, die sie in die Luft blasen, ein Berechtigungspapier vorlegen. Diese Papiere werden gehandelt, sodass sich ein variabler Marktpreis ergibt. Zuletzt lag dieser zwischen 20 und 22 Euro pro Tonne, nachdem er sich in den vergangenen zwölf Monaten mehr als verdoppelt hatte.
Getragen ist das Konzept des Zertifikatehandels von der Idee, dass immer derjenige seine Verschmutzungen reduziert, der dies zu den geringsten Kosten bewerkstelligen kann. Voraussetzung ist freilich, dass die Zertifikate knapp sind, damit der Preis auch einen Anreiz zu klimafreundlichem Verhalten gibt. Doch über Jahre hinweg waren zu viele Zertifikate auf dem Markt, sodass das System nicht richtig wirken konnte.
An der Verknappung ändert auch der Kohleausstieg nichts
Nach den Modellrechnungen der Berenberg Bank soll sich das nun aber ändern. Denn sofern es nicht zu Emissionsminderungen komme, fehlten im laufenden Jahr bereits 233 Millionen Tonnen an Kohlendioxidgenehmigungen. An der zunehmenden Verknappung der Zertifikate werde auch der deutsche Kohleausstieg nichts ändern. Bislang schenke der Markt diesen fundamentalen Daten allerdings noch zu wenig Aufmerksamkeit, weshalb der Tonnagepreis noch immer so niedrig sei.
Faktisch sei der „Kohlenstoffmarkt defizitär“, im Laufe des Jahres müsse deswegen der CO2-Preis steigen. Für 2019 hatte die Bank bereits früher einen Preis von 45 Euro pro Tonne prognostiziert; diese Voraussage erneuerte sie nun.
Im kommenden Jahr sei nach den neuen Analysen sogar mit bis zu 65 Euro zu rechnen. Selbst 107 Euro pro Tonne seien möglich – dieser Preis gilt als theoretische Obergrenze, weil Unternehmen diese Summe als Strafe bezahlen müssen, wenn sie mehr CO2 ausstoßen, als sie an Zertifikaten vorweisen können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit