Körting kritisiert linksextreme Gewalt: "Rotlackierte Faschisten"
Innensenator Körting (SPD) wirft Teilen der linksextremen Szene faschistisches Verhalten vor. CDU und SPD fordern Distanz zum schwarzen Block.
Innensenator Ehrhart Körting (SPD) hat linksextreme Täter mit Faschisten verglichen. Er erinnerte an den ersten Nachkriegsvorsitzenden der SPD Kurt Schumacher, der Kommunisten "rotlackierte Faschisten" genannt hatte. "Das trifft auch auf Teile der linksextremen Szene zu", sagte Körting am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses mit Bezug auf jüngste Anschläge in Berlin und Hamburg.
In der Nacht zu Freitag waren nahezu zeitgleich ein Gebäude des Bundeskriminalamtes (BKA) in Treptow, sowie eine Polizeiwache in Hamburg angegriffen worden (taz berichtete). Das BKA war mit Molotow-Cocktails, Steinen und Farbflaschen beworfen worden. Obwohl die Brandsätze zündeten, entstand hier nur geringer Sachschaden. In Hamburg war ein Streifenwagen in Brand gesetzt worden. Beamte wurden offenbar durch Hilferufe auf die Straße gelockt und dort mit Steinen angegriffen. Trotz der zeitlichen Parallele gebe es keine Erkenntnisse, dass beide Anschläge gemeinsam geplant worden seien, so Körting. Es gebe keine bundesweite Kooperation linksextremistischer Gruppen. "Die gibt es nicht einmal in Berlin".
Der Ausschuss hatte auf Antrag der CDU über Auswirkungen der kürzlich vorgestellten Studie "Linke Gewalt in Berlin" diskutiert. "Der erste Tote wird nicht mehr lange auf sich warten lassen", meinte Andreas Gram (CDU). Deshalb müssten nun alle Demokraten zusammenstehen. Es sei weder akzeptabel, dass Grüne die Erstürmung des Tempelhofer Feldes als zivilen Ungehorsam bezeichnet hätten, noch dass Evrim Baba (Linke) die Silvio-Meier-Demonstration anmelde, die sich gegen Nazis, Staat und Kapital wende. Auch Tom Schreiber (SPD) forderte, es dürfe keine Demonstration aus der Zivilgesellschaft mit dem schwarzen Block geben. "Da muss es eine klare Trennung geben".
Körting selbst warnte zwar davor, "permanent den Teufel an die Wand zu malen." Er erneuerte jedoch seine Forderung, dass linksextreme genauso wie rechtsextreme Gewalt geächtet werden müsse. "Das wird bisher nicht ernst genug genommen", meinte der Senator, "auch ein Teil der Presse verniedlicht das". Benedikt Lux (Grüne) und Marion Seelig (Linke) hingegen kritisierten, die Studie werde missbraucht, um mit den Ängsten der Bevölkerung zu spielen.
Ein Vorfall, bei dem in der Nacht zu Sonntag in Friedrichshain ein Zivilpolizist einem Mann ins Bein geschossen hat, scheint indes nur indirekt mit linker Gewalt zu tun zu haben. Laut Polizeipräsident Dieter Glietsch hätten Beamte auf der Suche nach potenziellen Brandstiftern Verdächtige am Forckenbeckplatz gesehen. Zur Beobachtung sei ein Zivilbeamter in ein Gebüsch gegangen. Dort sei er von fünf jungen Männern in Raubabsicht angegriffen worden. Sie hätten weder gewusst, dass es sich bei ihrem Opfer um einen Polizisten handele, noch seien sie bisher mit politisch motivierten Straftaten aufgefallen.
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