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Kölner Silvesternacht 2015Nur drei Sexualstraftäter verurteilt

Die Aufarbeitung der Silvesternacht in Köln 2015 hat ein ernüchterndes Ergebnis. Mehr als 600 Frauen zeigten Delikte an. Nur drei Täter wurden überführt.

Bei den meisten Strafverfahren ging es um Raub, Diebstahl und Hehlerei – Polizei am Kölner Dom Foto: dpa

Hamburg afp | Die strafrechtliche Aufarbeitung der Kölner Silvesternacht 2015 hat ein ernüchterndes Ergebnis gebracht. Zwar zeigten mehr als 600 Frauen Sexualdelikte an, doch nur drei Sexualstraftäter konnte die Justiz letztlich überführen, wie der Spiegel am Montag unter Berufung auf eine Aufstellung des Kölner Amtsgerichts berichtete. Zwei dieser drei Sexualtäter erhielten demnach Bewährungsstrafen.

„Insgesamt fällt das Ergebnis ernüchternd aus“, sagte Gerichtssprecher Wolfgang Schorn dem Magazin. „Die tumultartige Situation der Silvesternacht hat zu einer schwierigen Beweislage geführt.“ So sei es kaum möglich gewesen, einzelnen Tätern konkrete Handlungen zuzuordnen.

Nach den massenhaften Übergriffen auf Frauen und Diebstählen im Umfeld des Kölner Hauptbahnhofs hatte die Staatsanwaltschaft dem Bericht zufolge gegen 290 Verdächtige ermittelt, doch nur 52 von ihnen wurden in insgesamt 43 Verfahren angeklagt. Bei den Angeklagten handelte es sich laut Amtsgericht vor allem um Algerier, Marokkaner und Iraker.

Von den 43 Verfahren wurden sechs bis auf Weiteres eingestellt, weil sich der Aufenthaltsort der mutmaßlichen Täter nicht feststellen ließ. 37 Verfahren gingen zu Ende – fünf wurden teilweise gegen Auflagen eingestellt, 32 endeten mit Verurteilungen. Meist ging es dabei um Raub, Diebstahl und Hehlerei. Die höchste Strafe bekam ein 30-jähriger Algerier, der wegen räuberischen Diebstahls zu einem Jahr und elf Monaten Gefängnis verurteilt wurde.

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14 Kommentare

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  • Ist wohl das Resultat staatlicher/behördlicher Überforderung. Aber das ist auch die Folge, wenn jeder zusätzliche Polizist auf der Straße als Polizeistaat, jede Kamera an Risiko-Orten als Orwellsche Überwachung, jede gruppenspezifische Kontrolle als Racial Profiling verunglimpft wird.

  • War doch klar, dass es keine Verurteilungen geben wird. Wurde ja auch an dem Abend niemand festgenommen. Wie soll man wochen später noch Täter ermitteln.



    Das Versagen liegt bei der Polizei die, mal wieder, zeitweise Kontrolle über bestimmte Orte verloren hatte und sie die Nacht über nicht zurückerlangen konnte. Schlechte Ausrüstung, zu wenige, völlig überforderte, Beamte und mieserable interne Kommunikation sowie Kompetenzgerangel.

  • Mit „aller Härte des Gesetzes“ ist eben doch nur eine Floskel, um die Bevölkerung nach schweren Straftaten zu beruhigen. Das haben die Täter von der Domplatte allerdings nicht exklusiv. Gilt auch bei Steuerhinterziehungen, Veruntreuungen, Umweltverschmutzung und und und ...

  • Es gibt Sachverhalte, an denen eine Gesellschaft scheitern kann. Wo Vertrauen schwindet, wo eine Gesellschaft erodiert. - Das ist so einer.



    Das wirft Fragen auf.

  • Ein weiterer Hinweis darauf, daß unsere Justitz den Einwanderern nicht gewachsen ist. Abschiebungen gelingen ja auch kaum. Der Rechtsstaat kommt gegen die Kriminellen nicht an. Schade.

  • Hoffentlich interpretieren die Täter ihre Straffreiheit nicht als nachträgliche Legitimierung ihrer Taten. Zumindest sind sie nun aktenkundig und erhalten vielleicht beim nächsten Mal eine Strafe.

    Als Frau fühle ich mit den Opfern.

  • Wenn das mal nicht politisch gewollt war. Erst wollte die Presse eine Woche lang nichts von den Geschehnissen wissen, dann wurde ja offensichtlich auch innerhalb der Polizei Realitätsverweigerung betrieben, und jetzt verteilt die Justiz auch noch Jugentstrafen die einer für eine Graffiti-Schmiererei gleichkommen. Und man erinnere sich an den TAZ-Artikel zu dem Thema, in dem fast mit Häme damals festgestellt wurde, dass unter den Tätern auch ein Deutscher =Staatsbürger) gewesen sei.



    Oh, liberales Bürgerturm, du erstickst dich an deiner eigenen Geltungsgier.

    • @Linksli:

      Wer soll denn was politisch gewollt haben?



      Dass man Sexualstraftäter laufen lässt, weil es Ausländer waren? Klingt recht abwegig, meinen Sie nicht auch?

      Das Problem ist doch - und das war ja auch allen klar - dass es unglaublich schwierig bis unmöglich sein würde, einer konkreten Person eine bestimmte Straftat zuzuordnen. Das Opfer muss ja den Täter identifizieren und dann auch den scharfen Nachfragen des Verteidigers standhalten, ob sie sich wirklich sicher ist. Rechtsstaat halt.

      Offensichtlich stand dem Rechtsstaat kein adäquates Mittel zur Verfügung, das, was man in arabischen Ländern Taharrusch dschama'i nennt. Ich meine, das hätte man zwischenzeitlich geändert, aber das hilft natürlich aus rechtsstaatlichen Gründen bei den Sexualstraftaten jener schicksalhaften Silvesternacht nicht weiter.

      • @Katharina Reichenhall:

        Taharrusch dschama'i??

        Was soll das bedeuten? Und weshalb sollte ein arabischer (vermutlicher) Rechtsbegriff in deutschen Verfahren eine Rolle spielen?

        Wenn Polizei durch massenhafte Verbrechen an einrm Ort überfordert ist, teilweise grob fahrlässig reagiert oder das Ausmaß der Taten nicht überblickt, kann später die Justiz nichts mehr daran verbessern.

        So unangenehm und verstörend das ist, so zwingend sind leider die Folgen. Ein Raub wurde bestraft, sexuelle Gewalt aber nicht.

        • @Sven2000:

          Das ist kein arabischer Rechtsbegriff, das bezeichnet sexuelle Übergriffe durch Gruppen. (Ich stelle gerade fest, ich meinem Satz oben fehlt ein "für". Es soll heißen



          "Offensichtlich stand dem Rechtsstaat kein adäquates Mittel zur Verfügung, für (!) das, was man in arabischen Ländern Taharrusch dschama'i nennt."



          Und ja, ich stimme Ihnen zu, es wurden viele Fehler gemacht. Die rechtsstaatliche Aufarbeitung kann niemanden zufrieden stellen, auch wenn eine andere wohl kaum noch möglich war.

    • @Linksli:

      "Wenn das mal nicht politisch gewollt war."

      Verzeihung, so ein Quatsch!

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    Die Moderation

    • @Bernd Nicht:

      Genauso ist es. Das wollen die Grünen doch so.

    • @Bernd Nicht:

      Aha. Darf man fragen, welche Art der politischen Einflussnahme Ihnen lieber gewesen wäre?