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Koch-Auftritt von MinisterinKlöckners Heuchelshow

Jost Maurin
Kommentar von Jost Maurin

Peinlich: Ernährungsministerin Julia Klöckner kocht in einer TV-Kochshow mit Billigfleisch aus einer Ladenkette, die Bauern knechtet.

Auf welcher Seite steht Sie? Julia Klöckner auf einem Wochenmarkt in Kleinmachnow Foto: Hannibal Hanschke/reuters

E rnährungsministerin Julia Klöckner hat mit dem „Starkoch“ Johann Lafer in einer Fernsehsendung gekocht. Eigentlich ein irrelevanter PR-Termin. Aber er entlarvt die CDU-Politikerin dermaßen als Heuchlerin, dass man sie dafür nur – wie passend – in die Pfanne hauen kann:

„Wir machen heute ein 3-Gänge-Menü, und das Ganze für 4 Personen. Und ich habe eingekauft. Ich habe nicht mehr ausgegeben wie 25 Euro“, verrät Lafer in dem Video und legt Zutaten auf den Tisch: Rinderhack, Erdbeeren, Rucola. Von Bio keine Spur. Stattdessen kommt das Fleisch laut dem im Bild sichtbaren Etikett aus einem Stall, der keinen Auslauf und einem 220 Kilogramm schweren Rind nur 1,7 Quadratmeter Platz bieten muss. Die Tiere dürfen sogar angebunden sein.

Was macht Julia Klöckner? Sie lächelt und packt auf Bitten Lafers den Rucola in den Kühlschrank. Kein Ton zu Billigfleisch, zu Tierwohl, zu Umweltzerstörung durch Pestizide. Wie zum Hohn klagt die Ministerin ein paar Minuten später, dass die Deutschen so wenig für Lebensmittel ausgäben: „Und das macht es natürlich schwierig, dass die Familie des Bauern um die Ecke existieren kann.“ Deshalb könne man von den Landwirten auch nicht so viel Tierschutz verlangen, sagt sie in ihren Reden immer wieder.

Die Wahrheit ist: Klöckner lässt das Höfesterben und Tierquälerei geschehen. Ihr staatliches Siegel für besonders tierfreundlich erzeugtes Fleisch kommt einfach nicht. Sie könnte bessere Haltungsbedingungen vorschreiben und den Bauern das durch eine Tierschutzabgabe finanzieren. Gerade kleinen Höfen würde das helfen, die ihren Tieren wegen der geringen Viehzahl leichter Auslauf gewähren könnten. Es würde auch die deutsche Landwirtschaft im internationalen Wettbewerb stärken. Aber davon ist Klöckner weit entfernt.

Auf wessen Seite sie wirklich steht, zeigt, wer der Sponsor der Kochshow ist: „Präsentiert von Kaufland“ wird mehrmals eingeblendet unter Lafer und der Ministerin. Die Supermarktkette gehört wie der Discounter Lidl zur Schwarz-Gruppe – einem der größten Preisdrücker, der die Bauern knechtet.

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Jost Maurin
Redakteur für Wirtschaft und Umwelt
Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.
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6 Kommentare

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  • Frau Klöckner hat schon so viele Dinge gemacht, da fällt dieser Auftritt eigentlich nicht ins Gewicht. Laut Wikipedia hat sie eine Studium unter anderen mit den Schwerpunkten, Sozialethik, Wirtschaftsethik und Bioethik absolviert. Schade dass man davon so gar nichts merkt.

  • Sicher war das keine Werbung für Klöckner oder ihre Politik.

    Aber wäre es besser gewesen alles aus höchstwertigen reinen Bio-Öko-Bio Produkten zu kochen für dann vielleicht 50€ pro Person?

    Das ganze Konzept mit der Ernährungsministerin und dem Sternekoch kann doch fast garnicht gelingen.



    Lafer sollte keinen Hartz4-Fras kochen und Klöckner kann es sich nicht erlauben, Luxusküche zu propagieren.

  • Nun also die nächste Werbeaktion! Erst Nestle (anstatt die Zucker-Steuer einzuführen), jetzt hier wieder!



    Ich bin für Rücktritt und Nachfolgerin wird Verona Pooth (die nervt noch mehr).

  • Frau Klöckner hat zuviel Freizeit oder rechnet die das als Arbeitszeit?!? Bei der (und Scheuer) verwundert einen eh nix mehr.

    Angekackt gehört eigentlich Johannes Lafer. Erdbeeren außerhalb der Saison, Rucola ist eigentlich "Unkraut" und was der Kuhmatsch im Kaufland kostet, weiß ich ned; hier beim "Hofladen" der ehemaligen LPG kostet das 10€/kg. Also sind 25€ Materialeinsatz (+ Öl, Gewürze etc.) schon ein Haufen Geld und da Herr Lafer davon bestimmt mehr als genug hat, das es ihm eigentlich scheißegal ist, stellt sich die Frage, warum der sich für so einen Quatsch auch noch verhu.t äh bereiterklärt!

  • Peinlich? Der Dame ist, so scheint es, gar nix peinlich.

    Billigprodukte aus industrialisierter Landwirtschaft -- das ist doch das Programm ihrer Partei. Damit genug für die Miete übrigbleibt.

  • Miß Nestle' passt doch hervorragend zu Ihren Kollegen die heute allen ernstes eine Autokaufprämie fordern.

    Ich bin kein Kostverächter, aber ich kann noch nicht mal ansatzweise soviel fr*ssen wie ich k*tzen könnte.