Koalitionsvertrag von R2G in Thüringen: Programm steht, Mehrheit fehlt
Linke, SPD und Grüne einigen sich in Thüringen auf ein Regierungsprogramm. Entscheidende Gespräche mit der Opposition kommen aber erst noch.
Thüringen steuert damit angesichts komplizierter Mehrheitsverhältnisse im Landtag auf ein politisches Experiment zu. Bisherige Minderheitsregierungen in den Bundesländern waren entweder Übergangslösungen oder wurden von einer anderen Fraktion zumindest toleriert.
Nach der Wahl Ende Oktober fehlen den bisherigen Regierungspartnern Linke, SPD und Grüne vier Stimmen für eine Mehrheit im Parlament – sie kommen zusammen auf 42 von 90 Sitzen. Zweitstärkste Fraktion mit 22 Sitzen vor der CDU mit 21 Sitzen ist die AfD mit ihrem Frontmann Björn Höcke, mit dem alle anderen Fraktionen eine Zusammenarbeit ablehnen. FDP und CDU hatten angekündigt, eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung nicht tolerieren zu wollen.
Thüringens CDU-Landes- und Fraktionschef Mike Mohring nahm aber ein Gesprächsangebot von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) an. Bei einer zweitägigen Klausur seiner Fraktion habe man sich einstimmig auf 22 „unbestrittene politische Themenfelder“ verständigt, die bei dem Treffen mit Ramelow besprochen werden sollen, sagte Mohring nach der Klausur.
Keine „Fundamentalopposition“
Er wolle bei dem Treffen signalisieren, dass die CDU-Fraktion bei diesen Themen nicht in eine „Fundamentalopposition“ gehen wolle. Dazu gehörten etwa Qualitätsverbesserungen in den Kindergärten und das Einstellen von mehr Polizisten. Ein Termin für ein Treffen von Ramelow und Mohring steht nach Angaben der Linken noch nicht fest.
SPD-Landeschef Wolfgang Tiefensee betonte, dass es Offenheit in der Bevölkerung und bei FDP und CDU brauche, um die Herausforderungen bewältigen zu können. Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) sagte, der Vertrag bedeute auch eine „offene Tür, die wir jederzeit gegenüber FDP und CDU aufmachen wollen, um Mehrheiten zu organisieren“.
In dem Vertrag für eine mögliche Minderheitsregierung bekennen sich Linke, SPD und Grüne zur weiteren Aufarbeitung von DDR-Unrecht. In die Präambel des Vertrages wurde ein Passus aufgenommen, in dem die DDR als Unrechtsstaat bezeichnet wird, wie Vertreter der drei Parteien mitteilten.
Ressortzuschnitt noch unklar
Die SPD und die Grünen wollen noch auf Parteitagen darüber abstimmen lassen, ob sie in eine Minderheitsregierung einsteigen sollen. Die Linken wollen ihre Mitglieder dazu befragen. Grundlage dafür soll der nun vereinbarte Regierungsvertrag sein. Über den Zuschnitt der Ressorts soll in den nächsten Tagen noch beraten und entschieden werden.
Hennig-Wellsow sagte, dass die Zahl der Ministerien in Thüringen ihrer Meinung nach nicht steigen sollte. „Ich erwarte keine großen Verschiebungen.“ Die Grünen, die kleinster Partner in dem Dreierbündnis sind, hatten in den vergangenen Wochen Anspruch auf das Landwirtschaftsministerium erhoben, das derzeit von der Linken geführt wird. Hennig-Wellsow sagte, „die Verhandlungen sind ergebnisoffen“. Sie sehe derzeit jedoch keinen Grund, „warum die Linke die Landwirtschaft abgeben sollte“.
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