Koalitionsvertrag unterzeichnet: So sieht also die Zukunft aus
Die neue Regierung unterschreibt ihren Koalitionsvertrag. Zuvor hat die SPD ihr Team vorgestellt: Nur Boris Pistorius darf bleiben, Saskia Esken ging leer aus.

Das Gasometer erinnere an alte Zeiten und sei gleichzeitig Zukunftstandort. Und damit ein guter Platz, um den Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD zu unterzeichnen. Der designierte Kanzler Merz verspricht, dass sich die neue Regierung ab dem ersten Tag „mit Kraft und Kompetenz“ an die Arbeit mache. Es folgen kurze Statements der anderen drei, dann unterschreiben sie den Vertrag mit dem schlichten Titel „Verantwortung für Deutschland“. Im Saal sitzen die Mitglieder der neuen Bundesregierung, aber auch jene, die vergeblich auf einen Posten hofften. Sie alle klatschen.
Während die Minister*innen der Union bereits seit vergangener Woche bekannt sind, hat die SPD ihr Personal erst am Montagmorgen vorgestellt. SPD-Chef Lars Klingbeil setzt dabei anders als Merz nicht auf Quereinsteiger*innen aus der Wirtschaft, sondern auf politische Vorerfahrungen. Auch wenn die Neuen öffentlich teils noch unbekannt sind, sind alle Politikprofis. Von der alten Ministerriege bleibt nur einer: Verteidigungsminister Boris Pistorius behält wie erwartet seinen alten Posten.
Die Neubesetzungen sind Ergebnis harter innerparteilicher Verhandlungen. Klingbeil musste Zugeständnisse an den linken Parteiflügel machen. Deren Vertreter*innen sind mit Bärbel Bas als neue Arbeits- und Sozialministerin, Reem Alabali-Radovan als Entwicklungsministerin und Elisabeth Kaiser als Ostbeauftragter prominent in der ersten und zweiten Reihe vertreten. Matthias Miersch, früher Sprecher der Parlamentarischen Linken, soll Fraktionschef werden. Damit steigt der derzeitige Generalsekretär zum zweitwichtigsten SPD-Mann neben Klingbeil auf. Sein Gegenüber auf der Seite der Union wird Jens Spahn (CDU) sein.
Auf der Bühne lässt sich Esken nichts anmerken
Bemerkenswert ist, wer alles nicht mehr im neuen Kabinett sitzen wird: Mit Svenja Schulze, Hubertus Heil, Karl Lauterbach, Klara Geywitz und Nancy Faeser müssen gleich mehrere erfahrene Minister*innen, die gern weitergemacht hätten, ihre Posten räumen. Fachlich ist das nicht immer begründet, aber Klingbeil hat versprochen, die SPD auch personell neu aufzustellen. Gleichzeitig hat er so einen Weg gefunden, Co-Chefin Saskia Esken halbwegs gesichtswahrend in den politischen Ruhestand zu befördern – schließlich muss sie nicht als Einzige gehen. Als Esken im Gasometer auf der Bühne steht, lässt sie sich ihre Enttäuschung nicht anmerken. Stattdessen spricht sie von „unserer gemeinsamen Aufgabe“ diesem „rechten Spuk“ ein Ende zu setzen, womit sie die AfD meint, die stärkste Oppositionskraft im Bundestag.
Eindeutiger Gewinner des Personenkarussells ist Klingbeil selbst. An ihm kommt in der SPD niemand mehr vorbei, als Vizekanzler und Finanzminister ist er neben Merz der zweitmächtigste Mann in der Regierung. Jetzt aber muss er liefern, in der Regierung und in der krisengeschüttelten Partei. Fachlich wird das keine leichte Aufgabe: Klingbeil ist kein Finanzpolitiker. Er holt sich aber aus der Bundestagsfraktion zwei Experten für Haushalts- und Steuerpolitik als Parlamentarische Staatssekretäre in sein Ministerium: den bisherigen Chef-Haushälter Dennis Rohde und Michael Schrodi, Sprecher für Steuerpolitik.
Am Montagabend sollte Olaf Scholz, der geschäftsführende Kanzler, nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe mit einem Großen Zapfenstreich verabschiedet werden. Am Dienstag soll dann Friedrich Merz im Bundestag zu seinem Nachfolger gewählt werden. Im ersten Wahlgang braucht er dazu die sogenannte Kanzlermehrheit – also die Mehrheit aller Mitglieder des Bundestags, das sind 316 der insgesamt 630 Abgeordneten. SPD und Union stellen zusammen 328 Parlamentarier*innen, haben also einen Puffer von nur 12 Stimmen. An seiner Wahl zweifelt Merz dennoch nicht: Für Mittwoch hat er bereits Antrittsbesuche in Paris und Warschau geplant.
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