Koalitionsoptionen nach der Wahl: Rechenunterricht mit Armin Laschet
WählerInnen sind flatterhafte Wesen: Gut möglich, dass die CDU doch stärkste Kraft wird. Aber dafür müsste Laschet wenigstens einmal etwas gelingen.
Vielleicht verstehen wir Armin Laschet besser, wenn wir an Andi Brehme denken. Der war Verteidiger mit Offensivdrang. Laschet, ein Mann für die Mitte des Mittelfeldes, probiert sich in seiner Verzweiflung nun in dieser Rolle. Er verlangte kürzlich von Olaf Scholz in Sachen Rot-Grün-Rot „drei Worte: Ich mache es nicht“. Das war eine Hommage an Andi Brehmes berühmten Satz: „Ich sage nur ein Wort: Vielen Dank“.
Nun will Laschet ja nicht Finanzminister werden, sondern Kanzler. Kann er das noch? Wenn man ein wenig präziser als Laschet auf die Zahlen schaut, zeigt sich ein Hoffnungsschimmer für die deutsche Staatspartei. Die Union liegt zwar in allen Umfragen hinter der SPD. Aber nur ein paar Prozent. Das könnte man locker noch aufholen.
Empfohlener externer Inhalt
Umfragen werden sowieso überschätzt. Am 16. September 2005 meldeten Allensbach und Forsa, dass die Union mit 42 Prozent locker die Wahl gewinnen werde. Zwei Tage später machten nur 35 Prozent ihr Kreuz bei der Union.
WählerInnen sind flatterhafte Wesen, die zum Schwindeln neigen. US-Präsident Trump soll mal an einem einzigen Tag, dem 7. September 2018, 125-mal gelogen haben. Ist es nicht verwegen anzunehmen, dass Menschen ausgerechnet dann die Wahrheit sagen, wenn jemand am Telefon wissen will, wen sie wählen?
Es gibt also Hoffnung für den Unglücksraben aus Aachen. Vielleicht kehren ja doch noch ein paar Ampel-verschreckte FDP-WählerInnen zur Union zurück. Auch jenseits der Zahlen sieht es besser aus. Die Grünen wollten bis vor ein paar Tagen unbedingt mit der Union regieren. Davon liest man derzeit wenig, aber das heißt nicht viel. Die Sondierungen können lange dauern. FDP-Chef Lindner hat wenig Lust, mit der SPD zu regieren. Die Wahl ist also offen, und der Opportunismus der Grünen nie zu unterschätzen.
Allerdings bräuchte Laschet nach all den Pannen mal etwas anderes. Einen glänzenden Moment, einen gelungenen Auftritt. Eine Katastrophe, bei dem er sich als Mann der Tat in Gummistiefeln … ach nein, das hatten wir schon. Was gegen den späten, spielwendenden Konter von Armin Laschet spricht, das hat Andi Brehme übrigens auch präzise beschrieben: „Haste Scheiße am Fuß, haste Scheiße am Fuß.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hype um Boris Pistorius
Fragwürdige Beliebtheit
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Russischer Angriff auf die Ukraine
Tausend Tage Krieg
BSW stimmt in Sachsen für AfD-Antrag
Es wächst zusammen, was zusammengehört
Verfassungsklage von ARD und ZDF
Karlsruhe muss die unbeliebte Entscheidung treffen
Kanzlerkandidat-Debatte
In der SPD ist die Hölle los