Koalitionsgespräche beendet: Schwarz-Rot für Thüringen
Thüringen wird künftig von CDU und SPD regiert: Die CDU-Politikerin Lieberknecht wird Ministerpräsidentin - die SPD bekommt vier Ministerien.
In Thüringen haben am Montag CDU und SPD ihre zweiwöchigen Koalitionsverhandlungen abgeschlossen. Die letzte Verhandlungsrunde war notwendig geworden, nachdem am Samstag wesentliche Streitpunkte offengeblieben waren. Die Chefunterhändler Christine Lieberknecht (CDU) und Christoph Matschie (SPD) sprachen jeweils von "fairen Verhandlungen" und "fairen Kompromissen". Der Koalitionsvertrag soll am Mittwoch der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
In Thüringen hatte die Union bei der Landtagswahl vom 30. August ihre absolute Mehrheit verloren. Mit nur 18,5 Prozent der Stimmen avancierte die SPD zur bestimmenden Kraft, ob im Land eine schwarz-rote Koalition oder ein Linksbündnis regieren solle. Nach dreiwöchigen Sondierungsgesprächen entschied der Landesvorstand Ende September, mit der CDU förmliche Koalitionsverhandlungen aufzunehmen. Diese Entscheidung kurz nach der verlorenen Bundestagswahl quittierten große Teile der Basis und innerparteiliche Widersacher Matschies mit heftigen Protesten.
Der Matschie-Flügel in der Thüringer SPD stand deshalb unter großem Druck, dem Landesparteitag am kommenden Sonntag einen annehmbaren Koalitionsvertrag zu präsentieren. Aber auch die Union musste sich deutlich bewegen, um die einzige Chance auf ihren Machterhalt zu wahren. Welche Kompromisse im Einzelnen gefunden wurden, war am Montag noch nicht bekannt. Der Landeshaushalt, für den 2010 ein Defizit von rund 1 Milliarde Euro erwartet wird, war bis zuletzt ein Streitpunkt. Die SPD wollte zudem eine Kreisreform durchsetzen und die Stichwahl von Oberbürgermeistern und Landräten wieder einführen. Die CDU hatte diese nach den für die SPD erfolgreichen Kommunalwahlen abgeschafft.
Weitere Knackpunkte lagen beim Blindengeld und beim Landeserziehungsgeld. Bereits in den Sondierungsgesprächen hatte die CDU mehr Stellen für Kita-ErzieherInnen zugesagt. In der maßgeblichen Bildungsfrage kam sie der SPD mit einem Placebo entgegen, als sie der Einführung einzelner Gemeinschaftsschulen zustimmte. Die Sozialdemokraten wurden mit vier Ministerposten geködert, ebenso vielen wie die CDU.
Der Widerstand der SPD-Basis soll bis zum Wochenende in nichtöffentlichen Regionalkonferenzen verringert werden. Matschie versprach, die Gegner von Schwarz-Rot künftig mehr in die Parteispitze einzubinden. Ein Mitgliederbegehren, das eine Mitgliederbefragung verlangt, hat unterdessen die formale Hürde von mehr als 400 Unterschriften genommen. Es hat jedoch keine aufschiebende Wirkung auf einen Parteitagsbeschluss.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus
Russlands Nachschub im Ukraine-Krieg
Zu viele Vaterlandshelden