Koalition einigt sich: Die Frauenquote kommt
Heulsusen und Machos: Der Streit war heftig und lang, jetzt hat sich die große Koalition auf eine Frauenquote geeinigt. Sie gilt ab 2016 für börsennotierte Unternehmen.
BERLIN dpa/afp | Nach wochenlangem Streit haben die Spitzen der großen Koalition eine Frauenquote von 30 Prozent für die größten Unternehmen in Deutschland festgezurrt. Die Partei- und Fraktionschefs von Union und SPD beschlossen am Dienstagabend bei einem Treffen im Kanzleramt, dass von 2016 an knapp ein Drittel der Aufsichtsratsposten in 108 börsennotierten Unternehmen von Frauen besetzt sein soll.
Dabei soll es nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur keine Ausnahmen geben. Das Gesetz soll am 11. Dezember vom Kabinett verabschiedet werden, hieß es in einer Erklärung.
Bei der Frauenquote bleibt es demnach bei den von Frauenministerin Manuela Schwesig und ihrem Justizkollegen Heiko Maas (beide SPD) vorgesehenen Sanktionen gegen Unternehmen, die die Quote unterschreiten. Sollten die Firmen die Posten nicht ausreichend mit Frauen besetzen, bleiben die Stühle leer. Die Frauenquote gilt nach der schwarz-roten Koalitionsvereinbarung auch für Unternehmen im öffentlichen Bereich.
Die nun getroffenen Vereinbarungen liefen auf eine „konsequente Umsetzung“ der Vorgaben des Koalitionsvertrags hinaus, hieß es in der gemeinsamen Erklärung. Teile der Union hatten den Entwurf von Ministerin Schwesig kritisiert, weil sie zu große Belastungen für Unternehmen fürchteten. Der Ministerin warfen sie vor, mit ihrem Gesetzentwurf über die Vereinbarungen im Koalitionsvertrag hinausgegangen zu sein.
Heulsusen und Machos
Zuvor hatte ein „Heulsusen“-Streit das Koalitionsklima belastet. Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte Schwesig in ihrem Einsatz für die Frauenquote Weinerlichkeit vorgeworfen. „Die Frau Familienministerin soll nicht so weinerlich sein, sondern sie soll den Koalitionsvertrag umsetzen, dann ist alles in Ordnung“, hatte er im ZDF-„Morgenmagazin“ gesagt. CSU und CDU hatten seit Wochen vor zu viel Bürokratie für Unternehmen und Quoten durch die Hintertür für weitere Firmen gewarnt.
SPD-Chef Sigmar Gabriel unterstellte Kauder (65) wegen seines Vorwurfs indirekt ein Frauen-Problem: „Wenn Männer das als nervig empfinden, zeigt das eher, dass Männer ein Problem haben.“ Und SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sagte der Nordwest-Zeitung: „Ich finde, das war ein unsäglicher Macho-Spruch.“ Das zeuge von Überheblichkeit und „schlechter Kinderstube“, meinte Fahimi.
Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer, Gabriel und die Fraktionschefs wollten bei ihrem Treffen knapp ein Jahr nach dem Start der großen Koalition daher ein Signal der Handlungsfähigkeit senden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland