piwik no script img

Klimathemen für KinderBehutsames Berichten

Viele Kinder wünschen sich Umweltthemen in den Medien. Die meisten Angebote setzten auf Selbstermächtigung – nicht ohne Grund.

„Natur und Tiere“: Dafür interessieren sich Kinder laut Umfragen am meisten Foto: Hauke Hass/imago

„Natur und Tiere“ stehen regelmäßig auf Platz eins, wenn es darum geht, was Jungen und Mädchen im Alter von sechs bis dreizehn Jahren am meisten interessiert. Erst im Sommer hatte Cartoon Network, einer der Kindersender von WarnerMedia, eine internationale Studie in zahlreichen Ländern initiiert. Das Ergebnis: Die Gesundheit des Planeten hat für Sechs- bis Zwölfjährige mit die größte Bedeutung, und sie möchten Teil der Lösung sein. 91 Prozent der Befragten waren über den Klimawandel beunruhigt, 78 Prozent wollten mehr über den Klimawandel erfahren und 83 Prozent wollten ihn bekämpfen.

Ganz klar, dass die junge Zielgruppe auch medial nach Informationen und Inhalten zu diesen Themen verlangt – und sie auch bekommt, und das mehr denn je. „Vor allem das jüngere Publikum interessiert sich für große Umwelterzählungen“, hat Tom McDonald von der BBC festgestellt. Das kann dokumentarisch geschehen, aber immer mehr auch fiktional, in Serien sowie Filmen.

So bereitet das ZDF aktuell die internationale Koproduktion „Alea Aquarius“ nach der gleichnamigen Buchvorlage vor. Die Ma­cher*in­nen kündigen ein „opulentes Werk“ über ein Meermädchen an, das sich für die Rettung der Ozeane einsetzt. 26 Folgen an Schauplätzen in ganz Europa sind geplant. Die Dreharbeiten sollen in einem Jahr beginnen. „Wir waren von dem Stoff begeistert, weil die Umweltthematik hochaktuell ist“, erklärt Nicole Keeb vom ZDF die Entscheidung, das Projekt in Angriff zu nehmen. Wenn etwa die Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll oder Pestizide geschildert werden, sollen aber immer auch Wege zur Rettung der Meere mit aufgezeigt werden, um beim jungen Publikum kein Gefühl der Ohnmacht zu erzeugen.

Optimismus fördern

Und genau das erscheint den meisten Me­di­en­ma­che­r*in­nen als wichtigster Ansatz, um Klimawandel und andere Umweltthemen an Kinder zu vermitteln: Kein Weltuntergangsszenario, sondern Impulse zur Selbstermächtigung der jungen Mediennutzer*innen, um etwas zu einer besseren Welt beizutragen. „Angesichts des Ringens um Lösungen und Maßnahmen machen wir Mut und fördern den Optimismus der Kinder, indem wir darauf hinweisen, dass es sich lohnt, auch im Kleinen etwas zu tun.“

Das sagt Rosa Wetscher. Als Gesamtleiterin der Familienredaktion von Gruner + Jahr ist sie auch für die Geolino-Magazine verantwortlich und weiß, dass in den Familien oft Kinder die An­wäl­t*in­nen des Umweltschutzes sind: „Wir haben beispielsweise durch Leserbriefe erfahren, dass Familien keine Flugreisen machten, weil die Kinder sich weigerten.“

Ähnliche Erfahrungen macht Cartoon Network mit seiner Klima-Champions-Kampagne, die im Sommer startete und Kinder in Europa und anderen Ländern aufruft, sich gegen den Klimawandel zu engagieren. Im Zentrum der Aktion, die auch vom WWF-Netzwerk unterstützt wird, steht die Website. Hier können Mädchen und Jungen „Challenges“ abrufen, mit denen sie imstande sind, selbst etwas in ihrem direkten Umfeld zu bewirken. Eine der zahlreichen Herausforderungen lautet beispielsweise: „Bastle eine wiederverwendbare Snackbox!“ Fast 700.000 Herausforderungen wurden bisher angenommen.

Kinder am stärksten betroffen

Für Lars Wagner, Head of Kids Channels CEE bei WarnerMedia, ist das ein großer Erfolg. Auch aus seiner Sicht geht es letztlich um ein sensibles Thema, das man behutsam angehen muss: „Für uns war es sehr wichtig sicherzustellen, dass die Informationen, die wir mit den Kindern teilen, richtig, informativ und durchdacht sind.“ Mit dem Projekt wollen die Initiatoren den Kindern außerdem zeigen, dass es noch viele andere junge Aktivisten „da draußen“ gibt, und dass sie gemeinsam etwas bewegen können.

Und das ist auch notwendig, schon allein aus ureigenstem Interesse. Denn fast die Hälfte aller Kinder weltweit ist durch die Auswirkungen des Klimawandels „extrem stark gefährdet“. Zu diesem Urteil kam vor Kurzem das UN-Kinderhilfswerk Unicef. In den Regionen, die besonders stark von beispielsweise Luftverschmutzung oder Wasserknappheit betroffen sind, leben, so die Unicef, eine Milliarde Kinder.

Die betreffenden 33 Staaten seien aber nur für 9 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Obwohl Kinder und Jugendliche am wenigsten für den Klimawandel verantwortlich sind, seien sie dem Bericht zufolge schon jetzt am stärksten von seinen Auswirkungen betroffen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Wie wäre es mal mit Ehrlichkeit? Sicherlich sollte jede Person angehalten werden, ökologisch zu leben - und es sollte nicht beim Mülltrennen aufhören, sondern muss größere Negativeinflüsse betreffen wie Konsum/Nutzung von Autos, Flugreisen, Kreuzfahrten, Tierprodukten usw.. Letztere müsste am besten auf Null reduziert werden. Allerdings reicht das längst nicht aus. Strukturelle ökologische Vorgaben für die Industrie, für landwirtschaftliche Betriebe, für den Verkehrssektor usw. sind noch wichtiger und deren Umsetzung muss jetzt erfolgen und zwar radikal - wenn die Maßnahmen denn noch einen hilfreichen Effekt haben sollen. Kindern wie auch Erwachsenen sollte weniger etwas vorgemacht werden. Sie und sich selbst sollte mensch nicht beschwichtigen. Es gibt keine Zeit zu verlieren.

  • So wie die Doku der ARD vom 1.12.2021 "Die Kinder der Klimakrise - 4 Mädchen, 3 Kontinente, 1 Mission" von Irja von Bernstorff berichtet, ist es ja viel mehr andersherum:



    die Kinder greifen alle Berichte von brutalen Situationen, Hungersnot in Madagaskar auf, und thematisieren sie öffentlich. Rational.



    Die Erwachsenen/ Älteren möchten nur behutsam damit konfrontiert werden.