Klimakonferenz nach Trump-Sieg: Tränen in Marrakesch

Die Wahl des Klimawandelleugners Donald Trump trifft die Klimakonferenz hart. Die US-Delegierten agieren im politischen Vakuum.

Menschen in einer Menge. Sie blicken traurig

Clinton-Fans bei der Konferenz in Marokko Foto: reuters

MARRAKESCH taz | Die Amis haben es nicht leicht dieser Tage in Marrakesch. „Schlecht“, ruft eine Anwältin aus Washington D.C. im Bus zum Klimakonferenz ins Telefon, zum wiederholten Mal. „Schlecht für uns, schlecht für die Welt.“ Als sie auflegt, seufzt sie. „Das habe ich heute bestimmt schon hundertmal gesagt. Jeder fragt mich hier nur: Was denkst du über Trump?“ Der Sieg des Republikaners bei der US-Präsidentschaftswahl ist auch am zweiten Tag das beherrschende Thema auf der Klimakonferenz in Marokko. Hier handeln derzeit VertreterInnen von über 200 Staaten aus, wie der im vergangenen Dezember in Paris beschlossene globale Klimavertrag konkret umgesetzt werden soll.

Trumps Wahlsieg liegt wie ein Schatten über den Verhandlungen und den Veranstaltungen, die sie begleiten: Kaum eine Ankündigung, kein Wortbeitrag, der nicht darauf Bezug nimmt, kein Smalltalk ohne das Thema Trump. Doch die internationale Gemeinschaft ist schnell darin, sich an die Gegebenheiten anzupassen. Herrschten am Mittwoch noch Schock und emotionale Reaktionen – auf einem Treffen zur Klimagerechtigkeit brach eine Amerikanerin bei ihren Reden immer wieder in Tränen aus – , beginnen nun die ersten strategischen Überlegungen, wie damit umgegangen werden kann, dass nun ein Mann US-Präsident wird, der den Klimawandel für eine „Erfindung Chinas“ hält und angekündigt hat, den Vertrag von Paris aufzukündigen oder „neu zu verhandeln“.

Schwer tun sich dabei die Diplomaten, am schwersten jene, die die USA in den Verhandlungen vertreten. Abgeschirmt von Sicherheitskräften zogen sie am Mittwoch über den palmengesäumten Hauptweg des Veranstaltungsgeländes, keine Stellungnahme war von ihnen zu hören. In Schweigen hüllten sich auch die Delegationsmitglieder fast aller anderen Staaten sowie die Vereinten Nationen selbst.

Erst am Nachmittag verlas UNO-Klimachefin Patricia Espinosa ein karges Statement. Sie gratulierte Trump zum Wahlsieg und sagte, das UN-Klimasekretariat freue sich darauf, mit ihm zusammenzuarbeiten, um die Klima-Agenda voranzubringen. Dass sich die an den Verhandlungen Beteiligten so wortkarg geben, kommt nicht von ungefähr. Auch die US-Delegierten wissen wohl nicht, was der Wahlsieg Trumps bedeutet: Er hat nie konkret angekündigt, wie seine Klimapolitik aussehen wird. Welche seiner Statements wird er tatsächlich umsetzen? Bricht er tatsächlich radikal mit der bisherigen Klimapolitik oder wird er doch noch zum Staatsmann Verantwortung für die Welt? Nicht unerheblich: Immerhin sind die USA der zweitgrößte CO2-Verschmutzer der Welt.

Es wird wohl noch Wochen dauern, bis klarer ist, wo Trump in der Klima- und Umweltpolitik hinwill. So agieren die US-Delegierten in einem politischen Vakuum, ebenso wie die Vertreter aller anderen Staaten, die weiter mit den USA zusammenarbeiten müssen.

Für die meisten kam der Sieg Trumps unerwartet, bei vielen ruft er Erinnerungen wach an die Klimakonferenz 2000 in La Hague, als ebenfalls eine US-Wahl knapp zugunsten eines Republikaners ausging: George W. Bush wurde Präsident und kündigte ein halbes Jahr später das Kioto-Protokoll auf. Die globale Klimapolitik stürzte in eine tiefe Krise. Auch deshalb wurde Paris rasch ratifiziert: Der Vertrag trat bereits Anfang November in Kraft. Und: Trump kann den Vertrag formell erst zum 1. Januar 2018 aufkündigen – und muss dann drei Jahre warten, bis er aussteigen kann.

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