piwik no script img

Klimaforderungen von VW-Chef DiessVW will Autofahren teurer machen

Volkswagen-Chef Herbert Diess fordert von der neuen Bundesregierung eine deutliche Erhöhung des CO2-Preises. Umweltverbände begrüßen den Vorstoß.

In Europa stellt VW konsequent auf E-Autos um: Produktion des ID.3 in Leipzig Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Berlin taz | Ausgerechnet VW-Chef Herbert Diess verlangt von der künftigen Bundesregierung Maßnahmen, die das Autofahren deutlich verteuern. Der Manager fordert die Anhebung des CO2-Preises auf 65 Euro pro Tonne im Jahr 2024 und das Ende der Subventionen für fossile Kraftstoffe.

Zurzeit kostet der Ausstoß einer Tonne CO2 in Deutschland 25 Euro. Das macht pro Liter etwa 7 Cent Mehrkosten bei Benzin und 8 Cent bei Diesel. Nach derzeitigen Plänen soll der Preis pro Tonne CO2 bis 2025 auf 55 Euro steigen, Diess will also weit mehr. „Nur spürbare Maßnahmen bringen die Dekarbonisierung voran“, schreibt er auf Twitter.

Dort hat er mit Blick auf die kommenden Koalitionsverhandlungen einen bemerkenswerten Forderungskatalog veröffentlicht. Der Chef des größten europäischen Autobauers verlangt unter anderem, den Ausstieg aus der Kohle deutlich vorzuziehen und den Ausbau der erneuerbaren Energien energischer voranzutreiben. Ein Datum für das Ende des Verbrennermotors fordert er nicht. Volkswagen stellt seine Produktion in Europa zwar konsequent auf Elektroantrieb um, in anderen Teilen der Welt will der Konzern aber weiter Verbrennermotoren produzieren.

Hierzulande wünscht sich der Manager eine konsequente Elektrifizierung und einen massiven Ausbau der Ladeinfrastruktur für Pkw und Lkw. Dienstwagen sollen nur noch gefördert werden, wenn sie einen E-Antrieb haben. Auf deutschen Straßen fahren mittlerweile rund 1 Million E-Autos. Nur durch großzügige staatliche Prämien ist der Absatz in Deutschland in Gang gekommen. Die Kaufprämie für E-Autos soll bis 2025 schrittweise verringert werden, fordert Diess. Das ist keineswegs selbstlos: Die Autobauer müssen einen Teil der Prämie mitfinanzieren.

Wasserstoff zu kostbar für Autos

Von Wasserstoffautos, wie sie immer wieder von der Union und der FDP unter dem Stichwort „Technologieoffenheit“ ins Spiel gebracht werden, hält Diess nichts: „Grüner Wasserstoff ist kostbar und energieintensiv“, schreibt er. Es werde dringend für grünen Stahl und die Dekarbonisierung etwa der Chemieindustrie gebraucht. Dagegen hatte im Wahlkampf vor allem FDP-Chef Christian Lindner die Wasserstofftechnologie immer wieder als Alternative zum Elektroantrieb ins Spiel gebracht.

Umweltverbände begrüßen den Aufschlag des VW-Chefs. „Der Vorstoß geht in die richtige Richtung“, sagt Michael Müller-Görnert vom ökologischen Verkehrsclub Deutschland (VCD). Ein höherer CO2-Preis sei wichtig, damit eine Lenkungswirkung erreicht werde. „Man darf aber den sozialen Ausgleich nicht vergessen“, betont er. Die Forderungen von Diess hält er für glaubwürdig. VW setze auf E-Autos, dafür müssten die Rahmenbedingungen geschaffen werden. Es habe Gewicht, wenn der Chef eines der größten Autokonzerne der Welt solche Forderungen erhebe, ist Müller-Görnert überzeugt. „Das kann auch die FDP nicht ignorieren“, sagt er.

Michael Remy, Referent für Energie und Klima beim Naturschutzverband BUND Bayern, findet ebenfalls, dass Diess richtig liegt. „Daran sieht man, dass die Ideen der Klimaschützerinnen und Klimaschützer und der Industrie sich nicht entgegenstehen“, sagt er.

Imagepflege nach Dieselbetrug

Abwehrend reagiert der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). „Für die deutsche Industrie zählt beim CO2-Preis die langfristige Planbarkeit“, sagt Carsten Rolle, Abteilungsleiter Klima- und Energiepolitik. Der Verband warnt davor, dass Unternehmen aus dem energieintensiven Mittelstand abwandern. „Unternehmen ächzen schon heute unter stark gestiegenen Gas- und Strompreisen.“

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) bleibt zurückhaltend. „Der Preis ist Ergebnis des Marktes“, sagt ein Sprecher. „Ein höherer Preis ist sinnvoll, aber staatliche Detailfestlegungen sind nicht marktwirtschaftlich und führen auch nicht zu mehr Klimaschutz.“

Mit dem Vorstoß verbessert der VW-Chef auch das Image des Konzerns, das durch den Dieselbetrugsskandals stark gelitten hat. In Deutschland hat VW im Zuge einer Musterfeststellungsklage fast einer Viertelmillion Kun­d:in­nen Schadenersatz gezahlt. In vielen europäischen Ländern warten Kun­d:in­nen noch auf eine Entschädigung. EU-Justizkommissar Didier Reynders forderte VW am Dienstag auf, nicht länger auf Zeit zu spielen. Der Konzern müsse „außerhalb von Deutschland genauso entschlossen handeln wie in Deutschland“.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

12 Kommentare

 / 
  • Kann es sein, dass VW ein in D ein Absatzproblem mit E-Autos hat?

  • Herr Diess hat nur Angst, dass seine Strategie, voll auf E-X zu setzen, nicht aufgeht. Wäre er ernsthaft an der Umwelt interessiert, würde er kleinere Autos bauen, die Lärmemission seiner Autos reduzieren, und sich vor allem nicht im gleichen Atemzug gegen ein Tempolimit aussprechen. Dann bräuchte ja niemand mehr die überdimensionierte Leistung seiner (E-)Autos.



    Weiss eigentlich jemand, warum Diess die Österreichische Staatsbürgerschaft hat, wenn er dort nie länger gewohnt hat?



    Ach ja, Klimabedenken hat her DIess ja nur in Deutschland und Europa, in anderen Regionen der Welt baut er ja weiter vorrangig Verbrenner.

    Toll diese global denkenden Manager, die mental in der Lage sind, Klimabedenken abhängig von staatlichen Subventionen direkt an den Ländergrenzen abzulegen.

  • 8G
    83985 (Profil gelöscht)

    Wenn im Gegenzug das Recht auf 100% Homeoffice kommt, kann Sprit gerne doppelt so teuer werden. Dann verkaufe ich mein Auto. Aber ich kauf dann halt auch kein elektrisches, so wie Herr Diess sich das vorstellt.

  • Herr Diess schlägt vermeintlich zwei Fliegen mit einer Klappe: Das Klientel, das sich die teuren E-Autos leisten kann, muss man beim Benzinpreis nicht schonen. Gleichzeitig räumt er die Straßen leer von diejenigen, die sich das dann nicht mehr leisten können.

  • Noch mal Hermann Knoflacher:

    www.deutschlandfun...:article_id=400367

    "Deutschlandfunk Kultur: [ ... ] Ich habe jetzt gerade gelesen, in München zum Beispiel steht jeder Autofahrer 49 Stunden pro Jahr im Stau, also über eine gesamte Arbeitswoche.

    Hermann Knoflacher: Nicht nur, dass er im Stau steht, sondern die Menschen in Deutschland, wie anderswo, arbeiten pro Jahr ungefähr sechs bis sieben Wochen, um sich den Autoverkehr leisten zu können. "

    "Deutschlandfunk Kultur: Offenbar sitzt da auch der SUV. Das ist eine Meldung, die mich verblüfft hat, die auch relativ jungen Datums ist, dass nämlich der Marktanteil dieser SUVs, dieser großen schweren Stadtgeländewagen, der liegt mittlerweile bei über einem Fünftel

    Hermann Knoflacher: Da haben Sie vollkommen Recht. Das hat natürlich schon bestimmte Gründe. Das heißt, die traditionellen Straßenprojektanten, die man als Planer auch bezeichnet, haben viel zu breite Fahrbahnen gebaut. Also wachsen die Autos langsam in diese Größe hinein. Das ist auch im Güterverkehr der Fall. Das heißt, die Überdimensionierung im Straßenverkehr führt dazu, dass die Autoindustrie nachrüstet. Und die Menschen fühlen sich natürlich in einem SUV gegenüber den anderen niedrigeren Fahrzeugen in einer günstigeren Position – bis alle anderen auch wieder in einem SUV sitzen. "

    "Das heißt, die Autoindustrie will ja keine Verkehrsprobleme lösen, sondern die Autoindustrie will Autos verkaufen. Also greift sie erfolgreich auf unsere alten sozusagen Defizite der evolutionären Ausstattung zurück. Die sind, was das Auto betrifft, wesentlich mächtiger als jede Art von Vernunft."

  • "Volkswagen stellt seine Produktion in Europa zwar konsequent auf Elektroantrieb um, in anderen Teilen der Welt will der Konzern aber weiter Verbrennermotoren produzieren."

    Anderswo ist die Welt noch in Ordnung. Der Klimawandel betrifft nur die Eifel.

    "Hierzulande wünscht sich der Manager eine konsequente Elektrifizierung und einen massiven Ausbau der Ladeinfrastruktur für Pkw und Lkw."

    Und wer bezahlt das? Ich hoffe doch, einzig und allein die Autofahrer/innen!

    "Dienstwagen sollen nur noch gefördert werden, wenn sie einen E-Antrieb haben."

    Warum nicht die Dienstwagenförderung ganz abschaffen? Wäre doch viel konsequenter!

  • Das hat absolut nichts mit Umweltschutzdenken zu tun, sondern es ist reinste Lobbyarbeit.

    VW wird E-Autos verkaufen, und das natürlich mit größtmöglichem Umsatz und auch zu Preisen, die der Markt gerade noch zuläßt.

    Da ist es dann schon wichtig, dass über alle nur denkbaren Umwege das Fahren von Benzinern wirtschaftlich möglichst unrentabel wird.

  • "VW will Autofahren teurer machen": das glaube ich kaum. Wie in dem Artikel deutlich wird will VW nur ideale Bedingungen für seine geplane E-Mobil-Strategie schaffen. Das er natürlich nicht an guten Bedingungen für alternative Technologien interessiert ist, ist nicht wirklich überraschend.

    Nichts anderes also als Unternehmenspoloitik, zugeschnitten auf die Bedürfnisse von VW.

  • > Der Manager fordert die Anhebung des CO2-Preises auf 65 Euro pro Tonne im Jahr 2024 und das Ende der Subventionen für fossile Kraftstoffe.

    Das ist noch längst nicht der Preis der wirklichen Kosten für die Umwelt.

    Allein über den Preis wird sich das sowieso nicht regeln lassen. Zu groß ist die Schere zwischen arm und reich, vor allem beim verfügbaren Einkommen.

    Was wir vor allem machen müssen, ist das Auto fahren ein wenig unbequemer und langsamer zu machen. Ich habe den Verdacht, dass wenn jede innerstädtische Autofahrt, die ja überwiegend nicht länger als 5 Kilometer ist, mit einem zehnminütigen Gang zum Parkplatz verbunden wäre, würde sich das Verkehrsaufkommen in den Städten schlagartig halbieren. Genau solche Konzepte wurden in Wien z.B. umgesetzt.

    Den Verkehr zu verlangsamen ist wichtig, um anderen Verkehrsteilnehmern mehr Sicherheit zu drücken, aber auch um die Entfernungen bzw. Fahrleistungen zu drücken. Täglich weite Strecken mit motorisierten privaten Fahrzeugen zurückzulegen ist nichts Gutes. Es fördert nur den Niedergang lokaler Angebote, von der Kneipe über den Gemüseladen bis zum Paketshop. Und genau diese brauchen wir für die Decarbonisierung.

    • @jox:

      Klar, eigentlich eine gute Idee. Nur fährt mich dann der Bus auch dahin, wo ich zu Fuß nicht hinkomme? Als Sportschütze sind zudem die Öffentlichen leider für mich Tabu.

      • @Pilatus333:

        Dann müssten Sie z.B. zum Trainieren 10 Minuten Fußweg zum Parkplatz vor dem Quartier in Kauf nehmen. Das wird sicher nicht jeder Weg sein, der so eine exotische Anforderung hat.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    "Und der 'Strom kommt [ab sofort] aus der Steckdose."