„Klimacheck“ in Deutschland: Irgendwie gut fürs Klima
Wie in Österreich will auch die Ampelkoalition in Berlin einen „Klimacheck“ für neue Gesetze einführen. Details sind aber noch unklar.
Der Passus im Koalitionsvertrag findet sich im Abschnitt zur Weiterentwicklung des „Klimaschutzgesetzes“ (KSG), das nach dem Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts Ende April noch einmal verschärft wurde. Die Ampelkoalition will das Gesetz per „Klimaschutz-Sofortprogramm mit allen nötigen Gesetzen, Verordnungen und Maßnahmen“ weiterentwickeln. Noch ist nämlich viel zu tun, um die ehrgeizigen Ziele des KSG (minus 65 Prozent Treibhausgase bis 2030) und der Koalitionsvereinbarungen (80 Prozent Anteil Ökostrom am Gesamtverbrauch bis 2030) zu erreichen.
Klimaschutz soll „zu einer Querschnittsaufgabe werden, indem das jeweils federführende Ressort seine Gesetzentwürfe auf ihre Klimawirkung und die Vereinbarkeit mit den nationalen Klimaschutzzielen hin prüft und mit einer entsprechenden Begründung versieht (Klimacheck).“ Erstens geht es also nur um neue Gesetze. Bestehende Regeln wie der Bundesverkehrswegeplan, Betriebsgenehmigungen für Kraftwerke oder die Erlaubnis für die umstrittene Gaspipeline Nord Stream 2 sind nicht betroffen.
Zweitens ist nur von „Gesetzentwürfen“ die Rede – Verordnungen oder einzelne Projekte wie Straßenbauten sind wohl nicht gemeint. Außerdem wird die Ressortzuständigkeit gewahrt: Jedes Ministerium prüft seine Gesetze selbstständig darauf, ob sie mit den nationalen Klimazielen „zu vereinbaren“ sind.
Kein Vetorecht für das Klimaministerium
Was es damit nicht gibt, ist ein Vetorecht für das grün geführte Wirtschafts- und Klimaministerium bei Projekten anderer Ressorts. Etwas ähnliches hatten die Grünen im Wahlkampf ins Spiel gebracht. Der jetzt vereinbarte „Klimacheck“ läuft also darauf hinaus, dass alle Ministerien nach bisher unklaren Maßstäben ihre eigenen Gesetze zusätzlich darauf abklopfen, ob sie mit den Vorgaben des KSG kollidieren.
Unklar bleibt, was in einem solchen Fall passiert. Zudem ist nicht sicher, ob die Ministerien einheitliche Maßstäbe bei ihren Prüfungen anlegen müssen. Und was passiert, wenn ein Ministerium sein Gesetz als vertretbar mit dem KSG bezeichnet, aber andere Häuser das anders sehen? Wer ist der Schiedsrichter?
Alle diese Fragen müssten erst noch als Verwaltungsvorschriften entwickelt werden, heißt es aus der Ampelkoalition. Oder eben beim ersten Konfliktfall.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Keine Konsequenzen für Rechtsbruch
Vor dem Gesetz sind Vermieter gleicher
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen