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Klimabilanz im VergleichIst Golf eher groß- oder kleinbürgerlicher Öko-Mist?

Wo der grüne Sport wider seine Verächter tatsächlich grün ist: Schließlich ist Golf naturgemäß naturverbunden.

Alles so schön grün hier: Findet auch Sepp Straka, Golfer Foto: Adam Hagy/USA TODAY Sports/reuters

G olferinnen und Golfer stehen unter dem Tatverdacht von Naturzerstörung, Ökofrevel und anderer Verbrechen an der Mitwelt. Auch in dieser Zeitung. So schrieb Jan Feddersen in einer launigen Lobpreisung des Minigolfs über dessen großen Bruder: „Golf – das war und ist viel zu großer Raubbau an Naturflächen, die die großbürgerlichen Kreise betreiben, was den höheren kleinbürgerlichen Milieus gefällt.“

Mit erster Ahnung, was mit den verschiedenen Größen an Kreisen und Milieus gemeint sein könnte, muss festgehalten sein: Auch das unschuldige Minigolf leistet durchaus Raubbau. Für die Bahnen werden ein paar hundert Quadratmeter Beton in die vormals wassergebundene Landschaft gegossen, Asphalt für Parkplätze dazu. Beim richtigen Golf wird auf natürlichem Terrain gespielt: Wiesen, Weiden, in Parklandschaften.

Klar, die Versiegelung durch Parkflächen für das Lagern von Blechdosen an Golfplätzen gehört in die Sündenbilanz. Klar, die Anfahrt ist öko-bäh, wie allerdings auch die Fahrt mit dem Auto zum Joggen in den Stadtpark oder zum Minigolfplatz. Man sagt dazu Freizeit fatal.

Seit den 90er Jahren sind in Deutschland viele neue Golfplätze entstanden, meist auf landwirtschaftlichen Flächen, statt Maisfeldern oder Kuhwiesen also. Üppige Mengen an Chemiecocktails lassen den Mais sprießen, auf dass er in der Biogasanlage zu Sprit wird, der dann verbrannt wird. Emsig furzende Rindviecher reichern die Erde mit Methangas an und füllen sie mit Güllemassen. Kommt ein Golfplatz, sind sie weg.

Verordnung

Denn Golfs Ökobilanz ist vielfach besser. Emsig gedüngt wird höchstens auf den Grüns, die aber machen weniger als ein Prozent eines Platzes aus. Zudem ist viel weniger erlaubt an Giftspritzen als noch vor 20 Jahren.

Eine weiterreichende Pestizidverordnung der EU ist vor einem Jahr leider gescheitert, nach den rabiaten Bauernprotesten. Und zugegeben, man weiß nicht, ob sich alle Greenkeeper an Naturschutzgesetze halten. In Belgien zum Beispiel sind die Richtlinien noch strenger als bei uns; gleichzeitig gilt das Land als Hort des Laissez-faire, wo strenges Befolgen von Vorschriften als kulturfremd gilt.

Auf vielen Golfplätzen gibt es, anders als auf Kuhwiesen, gespendete Patenbäume. Ein mi­kroskopischer Klimaschutzbeitrag, immerhin, aber sportlich, manchmal mit konterkarierender Wirkung: „Ich hab den Ball schon wieder gegen den blöden Baum vom Willi gehauen.“ Besonders naturliebende Golfer haben schon vorgeschlagen, Öko-Strafschläge ins Regelwerk aufzunehmen für abbrechende Äste oder Laubrasuren nach Balltreffern. Bislang ohne Erfolg.

Wohl aber sind auf vielen Golfplätzen Biotopbereiche eingerichtet, die nicht betreten werden dürfen. Man frage mal bei Lurch und Lerche, bei hundertelei Wildkräutern, seltenen Spinnen und Brutvögeln, wie es ihnen in den geschützten Reservaten geht. Sie werden begeistert Bericht erstatten.

Der DGV hat derweil das Projekt GolfBiodivers erweitert, gefördert vom Bundesamt für Naturschutz. Vier Hochschulen von TU München bis Uni Münster wollen Golfanlagen landschaftsökologisch analysieren, wie man am besten „Flächen für ökologische Aufwertungsmaßnahmen bereitstellen“ könne: Biotope etwa und Blühwiesen. Fast hundert Klubs beteiligen sich. In Niedersachsen ist der Nabu (Naturschutzbund Deutschland) Partner beim Projekt „Lebensraum Golfplatz – Wir fördern Artenvielfalt“, Ziel: die „naturnahe und umweltbewusste Ausübung des Golfsports“. Der Nabu erfreut: „Früher Konfrontation, jetzt Kooperation.“ Aber klar, es geht auch ums grüne Image.

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Bernd Müllender
Sohn des Ruhrgebiets, Jahrgang 1956, erfolgreich abgebrochenes VWL- und Publizistikstudium, schreibe seit 1984 für die taz – über Fußball, Golf, Hambacher Wald, Verkehrspolitik, mein heimliches Lieblingsland Belgien und andere wichtige Dinge. Lebe und arbeite als leidenschaftlich autoloser Radfahrer in Aachen. Seit 2021 organisiere und begleite ich taz-LeserInnenreisen hierher in die Euregio Maas/Rhein, in die Nordeifel und nach Belgien inkl. Brüssel. Bücher zuletzt: "Die Zahl 38.185" - Ein Fahrradroman zur Verkehrswende (2021). "Ach, Aachen!" - Textsammlung aus einer manchmal seltsamen Stadt (2022).
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6 Kommentare

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  • In meinem, von Agrarwüsten geprägten Bundesland (M-V) sind Golfplätze in der Tat grüne Oasen.

    Aber natürlich wären Naturschutzgebiete (ohne menschliche Besucher!) am ökologischsten. Nur stehen die meist nicht zur Auswahl.

  • Die Analyse ist nicht vollständig:



    - Vorher war am Platz im besten Fall Wald - Dieser ist jetzt weg. Die Biodiversität nimmt ab.



    - War dort vorher Wüste - ist die Bilanz extrem schlecht.



    - Vorher wurde die Fläche nicht bewässert. - Jetzt schon, da auf der ungeschützten kurzgemähten Fläche viel Wasser verdunstet.



    - Vorher konnten alle Tiere sich dort frei bewegen - Jetzt können die meisten nicht mehr auf den Platz.



    - Vorher konnten sich hunderte Menschen auf der Fläche bewegen und sich erholen - Jetzt sind es noch dutzende, die es sich leisten können.



    - Auch neben dem Grün wird gemäht, gedüngt und Unkraut vernichtet - Aus ökologischer Sicht eine tote Fläche. Auf einer Blumenwiese kann man nicht golfen.



    - Maulwürfe, Wühlmäuse, Rehe – alles wird ferngehalten.

    Zusammenfassung:



    Ein elitärer Sport der extreme Flächen verbraucht. Muss man sich leisten können: Als Mensch und als Menschheit…

  • Golfplätze haben also eine bessere Ökobilanz als Maisfelder und Rinder. Aha. Dabei sollte man aber eines nicht vergessen, ich zitiere jetzt mal unseren fast Ex Wirtschaftsminister in einer anderen Sache: "die sind nicht weg, die sind nur woanders".



    Die Menschen die die Erzeugnisse der Felder/Rinder verbrauchen, leben ja schließlich noch und verbrauchen weiter...

    Meine Persönliche Meinung: Golf ist gelebte Langeweile und mMn eine eher schlechte Nutzung unserer Begrenzten Landflächen.

  • Was ist mit den Golfplätzen in den Ländern wie Spanien, Portugal etc, Wo es eigentlich kaum Wasser gibt? Und das die nur mit Wideraufbereiteten Wasser ihre Grünflächen giesen ist eine Mär. In Ländern wo dann ein paar Städte weiter die Menschen nur über kurze Zeit fliessend Wasser bekommen. Ist ein Golfplatz sicher ökologisch nicht sinnvoll.

    • Bernd Müllender , Autor des Artikels,
      @argeddon:

      Soweit richtig und massiv kritisierenswert. Aber es ging hier nur um unsere Breiten.



      Andererseits gibt es auch Plätze wie im extrem trockenen Süden von La Gomera, die vorbildlich eine Meerwasser-Entsalzungsanlage haben, das hochpumpen und damit wässern.

      • @Bernd Müllender:

        Hmm also ich bin mir sicher das sie Entsalzungsanlagen auch ihre Probleme machen, für die Natur. Und für mich ist die Überschrift allgemein gehalten für Golf. Aber Betreffs Natur haben wir sicherlich grössere Probleme als Deutsche Golfplätze.