Klima-Vierjahresprognose der UN: Erderwärmung entfernt sich weiter vom Pariser Ziel
Das 1,5-Grad-Ziel wird auch für die nahe Zukunft immer unrealistischer. Aktuelle Erhebungen sprechen eher für fortlaufende Rekordtemperaturen.

„Wir haben gerade schon die zehn wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen erlebt“, so Ko Barrett, Vize-Generalsekretärin der WMO. Der neue Bericht lasse keinen Hinweis auf eine Entspannung erkennen. Die Folgen für Wirtschaft, Alltag, Ökosysteme und den Planeten werden laut WMO zunehmen.
Deutliche Temperaturüberschreitungen erwartet
Laut WMO-Bericht wird die globale Oberflächentemperatur zwischen 2025 und 2029 im Schnitt 1,2 bis 1,9 Grad über dem Niveau von 1850 bis 1900 liegen. In einem der kommenden fünf Jahre könnte der Wert mit 86-prozentiger Wahrscheinlichkeit über 1,5 Grad liegen. Über den gesamten Zeitraum hinweg liegt die Wahrscheinlichkeit dafür bei 70 Prozent.
Die Prognose wurde von der britischen Wetterbehörde MetOffice für die WMO erstellt. Sie stützt sich auf Daten mehrerer Forschungseinrichtungen. Der Bericht zeigt erneut, wie schwierig es ist, das Pariser Abkommen einzuhalten – vor allem wegen der anhaltenden Nutzung fossiler Brennstoffe.
Was das Pariser Abkommen verlangt
Das 2015 verabschiedete Pariser Klimaabkommen verpflichtet fast alle Staaten der Welt, die Erderwärmung bis Ende des Jahrhunderts deutlich unter 2 Grad zu halten – idealerweise bei 1,5 Grad. 2024 lag die globale Durchschnittstemperatur erstmals in einem Kalenderjahr mit 1,55 Grad über dem vorindustriellen Niveau.
Auch wenn 2024 die 1,5-Grad-Marke überschritt, gilt das nicht als Bruch des Paris-Abkommens. Entscheidend ist der Durchschnitt über rund 20 Jahre. Dennoch zeigt der Trend, dass die globale Entwicklung nicht mit den Klimazielen vereinbar ist.
Der MetOffice-Experte Adam Scaife bezeichnete die neuen Prognosen als „schockierend“. Jeder zusätzliche Bruchteil eines Grads führe zu schlimmeren Hitzewellen, extremeren Regenfällen und intensiveren Dürren, warnte die WMO.
Druck auf die nächste Klimakonferenz wächst
Der Bericht erhöht den Druck auf die UN-Klimakonferenz COP30 im brasilianischen Belém. Dort sollen im November neue nationale Klimapläne vorgelegt werden – sie gelten als entscheidend für die Umsetzung des Pariser Abkommens.
Die deutsche Klimaforscherin Friederike Otto kritisierte die fortgesetzte Abhängigkeit von fossilen Energien: „Im Jahr 2025 weiterhin auf Öl, Gas und Kohle zu setzen, ist absoluter Wahnsinn.“ Stattdessen sollten Staaten in erneuerbare Energien investieren, um Kosten zu senken und die Luftqualität zu verbessern.
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