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Klima-Sondervermögen in BerlinTrübe Aussichten

Rainer Rutz
Kommentar von Rainer Rutz

Berlin scheitert mit Plan von einem Klima-Sondervermögen. Der Fetisch Schuldenbremse verträgt sich nicht mit der Milliardenaufgabe Klimaschutz.

Klimaschutz kostet Geld. Auch in Berlin Foto: Christoph Soeder/picture alliance/dpa

M ach mit, mach’s nach, mach’s ähnlich schlecht: Nachdem das Bundesver­fas­sungs­gericht Ende 2023 ein Klima-Sondervermögen des Bundes kassiert hat, kann nun auch Berlin seinen geplanten Schattenhaushalt für den Klimaschutz in die Tonne treten. Nicht mit der Schuldenbremse vereinbar und daher nicht zu realisieren: Zu diesem Schluss kommt ein jetzt veröffentlichtes Rechtsgutachten, das die Berliner Landesregierung nach dem Urteil aus Karlsruhe selbst in Auftrag gegeben hat.

Dabei wollte der CDU/SPD-Senat doch bloß groß denken und zugleich ein guter Klimapionier sein. Zusätzlich zu den bereits vorhandenen über 60 Milliarden Euro Landesschulden sollten im Zuge des Klima-Vermögens neue Kredite in Höhe von bis zu 10 Milliarden Euro aufgenommen werden.

Naturgemäß folgte dann zwar auch die Berliner Koalition der bewährten Regel: Wo viel Geld, da viele eigenartige Begehrlichkeiten. So pochte das SPD-geführte Innenressort auf die Sanierung der seit Jahren vor sich hin gammelnden Polizeiwachen. Der CDU-Fraktionschef wiederum meinte, den Ber­li­ne­r:in­nen den Bau einer schmerzlich vermissten Magnetschwebebahn spendieren zu müssen, irgendwo in der Stadt, Sinn und Zweck unwichtig, weil: Hauptstadt und Großdenken.

Jenseits der Schwebebahn gab es sicherlich aber auch viele andere Ideen, die tatsächlich etwas mit Klimaschutz zu tun hatten. Allein, die entsprechende Liste mit konkret geplanten Maßnahmen ist bis zuletzt unter Verschluss geblieben. Warum auch immer. Hat sich nun sowieso erst mal erledigt.

Keine Überraschung

Zugegeben, dass das Berliner Sondervermögen nicht in Einklang mit der Schuldenbremse zu bringen ist, kommt nicht überraschend. Der Landesrechnungshof hatte mehr als einmal darauf hingewiesen, sowohl vor als auch nach dem Urteil aus Karlsruhe. Aber die Quälgeister suchen ja immer ein splissiges Haar in der Haushaltssuppe. Und so haben CDU und SPD dann auch optimistisch den ersten Schritt vor dem zweiten gemacht und im Dezember den regulären Doppelhaushalt 2024/2025 verabschiedet.

Gelder für die Schrottimmobilien der Polizei sucht man hier vergeblich. Dafür, hieß es, komme doch das Sondervermögen. Das nun nicht kommt. Großer Aufschrei der Gewerkschaft der Polizei, die deshalb für die Wachen – was sonst? – gleich ein eigenes Sondervermögen fordert. Es ist nicht der einzige wilde Vorstoß, wie Berlin doch noch an seine Milliarden kommen könnte. Der CDU-Finanzsenator mahnt zur Ruhe. Im Grunde hat aber auch er keinen Plan B in der Schublade.

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Keine Ahnung, kein Geld: Der gescheiterte Verschuldungswille des Senats mag andernorts als Ausweis hauptstädtischen Dilettantismus wahrgenommen werden. Das ist er vermutlich auch. Aber nicht nur. Denn das Problem betrifft alle Bundesländer wie auch den Bund selbst und es hat einen Namen: Schuldenbremse. Die vom Bundesverfassungsgericht unterstrichenen Prinzipien, wonach – kurz gefasst – Kredite für Investitionen im ausgeschriebenen Haushaltsjahr abgerechnet werden müssen, machen Nebenhaushalte für Beschleunigungsmaßnahmen auf dem Weg zur Klimaneutralität praktisch unmöglich. Das sind Dauerherausforderungen, die nicht in einem Haushaltsjahr zu stemmen sind.

So bitter das Scheitern des Berliner Sondervermögens für alle ist, die sich in der Stadt für Klimaschutz einsetzen, es unterstreicht gleichwohl eines: Die aus dem Fetisch der schwarzen Null resultierende Schuldenbremse muss im besten Fall abgeschafft, mindestens aber für die Milliardenaufgabe Klimaschutz gelockert werden. Ansonsten kann sich nicht nur Berlin seine Klimaziele gleich in die Vitrine stellen.

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Rainer Rutz
Ressortleiter taz berlin
Seit August 2023 Ressortleiter taz berlin, Schwerpunkt: Landespolitik
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4 Kommentare

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  • Der russische Krieg verursacht CO2-Emissionen vergleichbar mit denen von Belgien.



    Maximale Unterstützung der Ukraine würde diesen Wahnsinn früher beenden und überdies Menschenleben erhalten.

  • "Der Fetisch Schuldenbremse"



    Hätte Berlin mal vor 20 Jahren angefangen ihre Ausgaben besser in Zaum zu halten, es wäre genug da. Aber nein, es musste ein Stadtschloss her, ein dritter Flughafen, ein vergoldeter Bahnhof,..



    Jetzt ist die pro Kopf Verschuldung so hoch wie in Detroit, wo es seit langem nur noch abwärts geht.



    Und die einzige Antwort sollen jetzt noch mehr Schulden sein?



    Wäre mir alles egal, müsste man diese Politik nicht auch noch als Geberland mitbezahlen.

  • Geld kann nun mal am einfachsten die Kräfte einer Gesellschaft bündeln, um Aufgaben anzugehen. Wenn große Aufgaben anstehen, sollte das Geld einfach beschafft werden - man kann es ja drucken, das kostet nicht viel. Klima ist die größte Menschheitsaufgabe überhaupt, also scheint alles ziemlich klar. Nur müssen die Menschen mitspielen. Klima ist ja nur dann die größte Menschheitsaufgabe, wenn es nicht gerade durch dringende Themen unterbrochen wird: Finanzkrise, Europakrise, Migrationskrise, Coronakrise, Ukrainekrise, Gazakrise usw - also in etwa jedes Jahr, spätestens alle zwei Jahre.

    Drucken wir Sondervermögen für alle wichtigen, etwa jährlich auftretenden Jahrhundertkrisen enden wir wie alle Gesellschaften, die nicht gezögert haben soviel Geld, wie es eben braucht, in die wichtigen Dinge zu stecken: in der wirtschaftlichen Impotenz, die gar nichts mehr hinbekommt, weil sich das Geld in das Gegenteil verkehrt hat. Solange es funktioniert, glauben die Leute dran und es bündelt Kräfte, bestenfalls in eine gewünschte Richtung. Hat man es übertrieben, glaubt keiner mehr dran und man bündelt keine Kräfte mehr, in gar keine Richtung.

    Ich glaube, das beste ist es, die Menschen politisch zu überzeugen, dass Klimaschutz wichtiger ist als Polizeiwachen und was auch immer - wenn man das geschafft hat, hat es auch Hand und Fuß. Das, was man auf diesem Wege nicht für den Klimaschutz schafft, wird kein Hand und Fuß haben und vielleicht sind andere Themen ja auch wichtig.

    • @Markus Michaelis:

      Das ist eine sehr gute Zusammenfassung. Danke dafür. Doch sie hat einen Haken: wer soll das machen? CDSUAFDP ganz sicher nicht, die polemisieren lieber. Die SPD bleibt gewohnt zögerlich. Nur die Grünen könnten - wenn sie A... in der Hose hätten.