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Klima- und MietenbewegungWärmewende von links

Bislang bedeuten energetische Sanierungen vor allem Mieterhöhungen. Die Vermieter sollen zahlen, fordert die Initiative „Soziale Wärmewende Jetzt“.

Klinkenputzen fürs Klima und gegen das Kapital: Ak­ti­vis­t:in­nen bei Haustürgesprächen in Kreuzberg Foto: Lisa Westhäußer

Berlin taz | Das Treppenhaus eines 60er-Jahre-Mietblocks in Kreuzberg: Pro Stockwerk reihen sich vier schmucklose grüne Türen eng nebeneinander. Marina, Aktivistin bei Deutsche Wohnen & Co enteignen, wirft einen letzten konzentrierten Blick auf ihr Smartphone mit dem Gesprächsleitfaden. Gleich wird sie mit ihrem Mitstreiter Ulrich an der ersten Haustür klingeln. Fremde Menschen anzusprechen, koste sie viel Überwindung, erzählt Marina. Doch an diesem Samstag will sie mit Mie­te­r*in­nen über Klimaschutz sprechen.

Marina und Ulrich beteiligen sich an einer Aktion von „Soziale Wärmewende Jetzt“. Das neue Bündnis aus Aktiven der Klima- und Mietenbewegung kämpft für sozial gerechte energetische Sanierungen und fossilfreies Heizen. Bisher können Ver­mie­te­r*in­nen die Kosten für energetische Sanierungen dauerhaft auf die Miete umlegen. Unabhängig davon, wie tiefgehend und ökologisch sinnvoll die Maßnahmen sind. In der Folge steigt die Miete nach einer energetischen Sanierung oft an.

Soziale Wärmewende Jetzt fordert die Abschaffung dieser Regelung, der Modernisierungsumlage. Die Vermieter sollen gesetzlich verpflichtet werden zu sanieren. Wenn sie die notwendigen Mittel dafür nicht haben, sollen die Sanierungen durch öffentliche Gelder gefördert werden.

In einem ersten Schritt will die Initiative verschiedene Botschaften für bezahlbares und klimagerechtes Wohnen mithilfe eines digitalen Fragebogens testen. Dafür arbeiten sich Martina und Ulrich Tür für Tür durch das fünfstöckige Haus. Schon bei der dritten Wohnung haben sie Erfolg. Ein junger Mann öffnet. Ulrich stellt sich vor. Der Mann tritt ungeduldig von einem Bein auf das andere.

Mieten- und Klimabewegung Hand in Hand

Ulrich ist Rentner und seit ein paar Monaten bei der Letzten Generation aktiv. Irgendwo festkleben wolle er sich aber nicht, sondern die Menschen „abholen“. Zu den Aktionen, die Soziale Wärmewende Jetzt organisiert, kommen vor allem Klima-Aktive, beobachtet Leonie Hanewinkel. Sie koordiniert die Ortsgruppen der Initiative in einer Handvoll Städte wie Berlin, Leipzig und Ulm.

Die Ak­ti­vis­t*in­nen wollen das Thema Wärmewende von links besetzen. Und Klimaschutz wieder populärer machen, indem sie bei der sozialen Frage ansetzen. Menschen mit wenig Geld leben am häufigsten in unsanierten Gebäuden und geben überproportional viel ihres Einkommens fürs Heizen aus. Das haben verschiedene Studien gezeigt.

Allerdings kommen energetische Sanierungen in Deutschland kaum voran. Der Gebäudesektor macht rund 30 Prozent aller Treibhausgas­emissionen in Deutschland aus, doch die Sanierungsquote stagniert bei unter einem Prozent. Die Klimaziele in dem Sektor werden regelmäßig verfehlt.

Diesen Themenkomplex versuchen Marina und Ulrich auch dem jungen Mann an der Kreuzberger Haustür näherzubringen. Sein Deutsch ist nicht so gut, Marina übersetzt die Botschaften auf Englisch. „Heizen muss bezahlbar“ bleiben. Nicken. „Für alle, egal wie lange wir schon hier wohnen.“ Das Nicken wird kräftiger.

Vermieter sollen zahlen

Die Vermieter zahlen lassen – das kommt auch an der nächsten Haustür gut an. Der Mieterin sind die Forderungen aber noch zu unkonkret. Leonie Hanewinkel von Soziale Wärmewende Jetzt erklärt, dass die Initiative zuerst die Ortsgruppen aufbauen und die Haustürgespräche auswerten will. Danach werde man die nächsten Schritte planen. Etwa eine Petition oder einen Wahlprogrammcheck zur Bundestagswahl.

Verschiedene Forschungsinstitute haben im Auftrag von Umweltschutzverbänden in den letzten Jahren konkrete Reformvorschläge zur Modernisierungsumlage vorgelegt. So empfiehlt das Heidelberger ifeu-Institut, die Kosten für energetische Sanierungen zwischen Mieter*innen, öffentlicher Hand und Ver­mie­te­r*in­nen aufzuteilen. Ver­mie­te­r*in­nen sollen durch die Förderprogramme einen Anreiz bekommen, umgehend zu sanieren.

Die politische Resonanz auf die Forderungen nach einer Reform oder Abschaffung der Modernisierungsumlage sind bisher eher gering. Die Ampelkoalition hat die Regelung nicht angetastet. Leonie Hanewinkel will nicht kleinreden, dass die Zeiten herausfordernd seien. Doch die Gespräche hätten sie bisher positiv überrascht: „Tatsächlich sind die Menschen viel offener für Klimathemen, als wir dachten. Wenn man die soziale Frage mit thematisiert, finden das viele wichtig.“

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2 Kommentare

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  • Ich lese:



    "Bisher können Ver­mie­te­r*in­nen die Kosten für energetische Sanierungen dauerhaft auf die Miete umlegen. Unabhängig davon, wie tiefgehend und ökologisch sinnvoll die Maßnahmen sind. "

    Also landläufig wird man als Klimawandelleugner oder gar schlimmeres bezeichnet, wenn man kundtut, dass man glaube, dass nicht jede energetische Sanierung sinnvoll sei...

    Und nun das, von einer Bürgerinitiative, die für die Wärmewende ist, aber auf Kosten anderer.

    Ich denke lustiger wird es heute nicht mehr.

  • Im Endeffekt muss sich das Angebot für den Anbieter rechnen, sonst wird er es nicht mehr anbieten (können). Ob da nun der Staat mitfinanziert, oder die Mieter das in irgendeiner Form übernehmen, dürfte dem normalen Vermieter ziemlich egal sein. Es muss sich halt für ihn nur (mindestens perspektivisch) rechnen lassen.