Kleine Chronologie der größten Demos: Gemeinsam stark gegen rechts
Die „Wir sind die Brandmauer“-Kundgebung am Samstag in Berlin war eine der größten Demonstrationen, die Deutschland je gesehen hat. Eine Übersicht.
*****
Gegen Rechtsextremismus und Rassismus
8. November 1992: Etwa 350.000 Menschen protestieren in Berlin unter dem Motto „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ gegen Ausländerhass und Fremdenfeindlichkeit.
9. November 1992: Unter dem Motto „Arsch huh, Zäng ussenander“ versammeln sich rund 100.000 Menschen auf dem Chlodwigplatz in Köln. Sie folgen damit einem Aufruf Kölner Künstlerinnen und Künstler, gegen Rassismus und Neonazis zu demonstrieren.
6. Dezember 1992: 400.000 Menschen nehmen in München an der ersten Lichterketten-Demonstration gegen Fremdenhass, Rechtsradikalismus und Antisemitismus teil.
9. November 2000: Mehr als 200.000 Menschen demonstrieren in Berlin „für Menschlichkeit und Toleranz“.
13. Oktober 2018: Zwischen 200.000 und 250.000 Menschen gehen in Berlin unter dem Motto „#unteilbar – solidarität statt ausgrenzung“ für eine offene und freie Gesellschaft auf die Straße.
19. Januar 2024: Unter dem unter dem Motto „Hamburg steht auf – Gemeinsam gegen Rechtsextremismus und neonazistische Netzwerke“ demonstrieren nach Berechnungen der Hamburger Innenbehörde rund 180.000 Menschen in der Hansestadt. Wegen des Massenandrangs muss die Demo auf Anraten der Polizei aus Sicherheitsgründen vorzeitig beendet worden.
21. Januar 2024: Unter dem Motto „Demokratie verteidigen: Zusammen gegen Rechts“ demonstrieren in Berlin nach Angaben der Organisatoren 350.000 Menschen, die Polizei spricht von 100.000. In München nehmen nach Veranstalterschätzung 250.000, laut Polizei 100.000 Menschen. Die Demo unter dem Motto „Gemeinsam gegen rechts“ muss wegen Sicherheitsbedenken abgebrochen werden.
19. – 21. Januar 2024: Nach Angaben des Bündnisses „Zusammen gegen rechts“ demonstrieren an diesem Wochenende in mehr als 80 Städten insgesamt mehr als 1,5 Millionen Menschen.
27. Januar 2024: Düsseldorf erlebt die größte Demonstration in der Geschichte der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt: Unter dem Motto „Gegen die AfD! Wir schweigen nicht. Wir schauen nicht weg. WIR HANDELN!“ demonstrieren sowohl nach Veranstalter- als auch nach Polizeiangaben 100.000 Menschen.
28. Januar 2024: Unter dem Motto „Für Vielfalt und unsere Demokratie – Hamburg steht zusammen gegen die AfD“ demonstrieren in der Hansestadt erneut laut Veranstalterangaben 100.000 Menschen, die Polizei zählt diesmal 60.000 Demonstrant:innen.
26. – 28. Januar 2024: Nach Angaben des Bündnisses „Zusammen gegen rechts“ demonstrieren an diesem Wochenende in mehr als 320 Städten insgesamt mehr als 820.000 Menschen.
3. Februar 2024: Unter dem Motto „Wir sind die Brandmauer“ demonstrieren nach Veranstalterangaben rund 300.000 Menschen vor dem Reichstag in Berlin. Die Polizei spricht von mehr als 150.000 Demonstrantinnen und Demonstranten.
*****
Friedensbewegung
17. April 1958: In Hamburg protestieren etwa 150.000 Menschen gegen den „Atomtod“. Auch in Bremen, Dortmund, Essen, Kiel, Mannheim und München finden größere Demonstrationen statt.
12. – 15. April 1968: In zahlreichen deutschen Städten gehen insgesamt rund 300.000 Menschen auf die Straße. Das ist der Höhepunkt der 1960 aus Großbritannien in die Bundesrepublik exportierten Ostermarschbewegung. Ein Comeback erleben die Ostermärsche zwischen 1981 und 1984, als erneut Hunderttausende ihnen teilnehmen.
10. Oktober 1981: Unter dem Motto „Gegen die atomare Bedrohung gemeinsam vorgehen! Für Abrüstung und Entspannung in Europa!“ demonstrieren etwa 300.000 Menschen im Bonner Hofgarten gegen den NATO-Doppelbeschluss.
10. Juni 1982: Anlässlich eines Staatsbesuches des US-Präsidenten Ronald Reagan demonstrieren bis zu 400.000 Menschen auf den Bonner Rheinwiesen.
22. Oktober 1983: Erneut gegen den NATO-Doppelbeschluss und wieder im Bonner Hofgarten – und drumherum – demonstrieren bis zu 500.000 Menschen. In Hamburg sind es zeitgleich 400.000. An einer Menschenkette von Stuttgart bis Neu-Ulm beteiligen sich je nach Schätzung zwischen 200.000 und 400.000.
11. Oktober 1986: Unter dem Motto „Frieden braucht Bewegung“ protestieren mehr als 180.000 Menschen vor dem US-Stützpunkt Hasselbach im Hunsrück gegen die Stationierung von Mittelstreckenwaffen in Deutschland.
26. Januar 1991: In Bonn demonstrieren 200.000 Menschen gegen den ersten Irakkrieg.
15. Februar 2003: Berlin erlebt die bislang größte Friedenskundgebung in der bundesdeutschen Geschichte. Diesmal spricht selbst die Polizei von 500.000 Teilnehmer:innen, die gegen den bevorstehenden zweiten Irakkrieg protestieren. Die Veranstalter gehen von einer noch höheren Zahl aus.
27. Februar 2022: Nach Veranstalterangaben demonstrieren auf der Straße des 17. Juni in Berlin 500.000 Menschen gegen den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine. Die Polizei spricht von mindestens 100.000 Teilnehmer:innen.
28. Februar 2022: Statt dem traditionellen Rosenmontagszug, demonstrieren in Köln 250.000 Menschen, teils kostümiert, gegen den russischen Überfall auf die Ukraine.
*****
Ökologiebewegung
28. Februar 1981: In der schleswig-holsteinischen Wilstermarsch protestieren bis zu 100.000 Menschen gegen den Bau des AKW Brokdorf.
24. April 2010: An einer Menschenkette zwischen den AKWs Brunsbüttel, Brokdorf und Krümmel beteiligen sich rund 120.000 Atomkraftgegner:innen.
26. März 2011: Nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima demonstrieren in Berlin 120.000 Menschen für den Atomausstieg, 50.000 sind es in Hamburg, in Köln und München jeweils 40.000.
20. September 2019: Laut Fridays for Future nehmen in Deutschland etwa 1,4 Millionen Menschen in 575 Orten und Städten am „Global Climate Strike“ teil. Die meisten Demonstran:innen gehen in Berlin auf die Straße. Die Veranstalter kommen auf rund 270.000, die Polizei zählt knapp 100.000. In Hamburg sollen es mindestens 100.000 sein.
24. September 2021: Zwei Tage vor der Bundestagswahl mobilisiert Fridays for Future nach eigenen Angaben deutschlandweit mehr als 620.000 Menschen für mehr Klimaschutz. Alleine in Berlin sollen es 100.000 sein. Die Polizei zählt 50.000.
*****
Arbeit & Soziales
28. Oktober 1993: Aufgerufen von der IG Bau-Steine-Erden, fordern 120.000 Bauleute in Bonn: „Hände weg vom Schlechtwettergeld!“
15. Juni 1996: Etwa 350.000 Menschen folgen dem Aufruf des DGB und seiner Einzelgewerkschaften und demonstrieren im Bonner Hofgarten gegen Sozialabbau.
14. Februar 1997: Für den Erhalt der Arbeitsplätze im Steinkohlebergbau reihen sich 220.000 Menschen im Ruhrgebiet in ein 93,1 Kilometer langes „Band der Solidarität“ ein, das von Neukirchen-Vluyn bis Lünen reicht.
3. November 2003: Etwa 100.000 Unzufriedene protestieren in Berlin gegen die Agenda 2010.
3. April 2004: Diesmal bringt der Unmut gegen die Agenda 2010 knapp 250.000 Menschen in Berlin auf die Straße. In Stuttgart sind es 140.000, in Köln zwischen 100.000 und 120.000.
10. Oktober 2015: Gegen die Freihandelsabkommen TTIP und CETA demonstrieren in Berlin nach Veranstalterangaben 250.000 Menschen, die Polizei will 150.000 gezählt haben.
*****
Grund- und Freiheitsrechte
11. Mai 1968: Mit einem „Sternmarsch auf Bonn“ protestieren Zehntausende gegen die Notstandsgesetze. Die Veranstalter sprechen von 70.000 Menschen, die Polizei von 20.000.
16. Oktober – 20. November 1989: Woche für Woche beteiligen sich mehr DDR-Bürger:innen an den Montagsdemonstrationen in Leipzig, schließlich sind es mehr als 320.000.
4. November 1989: Zwischen 500.000 und einer Million Menschen – die Zählungen weichen bis heute stark voneinander ab – demonstrieren auf dem Berliner Alexanderplatz für Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Es ist die erste offiziell genehmigte Demonstration in der DDR, die nicht vom Machtapparat ausgerichtet wird.
22. Oktober 2022: Nach dem Tod der 22 Jahre alten Mahsa Amini demonstrieren zwischen 80.000 und 100.000 Menschen in Berlin gegen das iranische Mullah-Regime.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ende des Assad-Regimes in Syrien
Syrien ist frei
„Kanzlerkandidatin“ der AfD
Propagandashow für Weidel
Argentinien ein Jahr unter Javier Milei
Arm sein im Anarcho-Kapitalismus
Journalist über Kriegsgefangenschaft
„Gewalt habe ich falsch verstanden“
Kürzungen im Kulturetat von Berlin
Gehen Kassiererinnen in die Oper?
FDP und D-Day
Staatstragende Partei, die von Kettensägenmassakern träumt