Klausur des Grünen-Vorstands: Mit Mindestlohn gegen Gegenwind
Mit der Forderung nach höheren Löhnen und besserer Arbeit startet die Partei ins neue Jahr. Ganz frei von Widersprüchen bleibt sie dabei aber nicht.

„Es gib den Anspruch von den Menschen, die unseren Wohlstand erarbeiten, dass es gerechter zugeht und sie von ihrer Arbeit leben können“, sagte Parteichefin Ricarda Lang am Rande der Klausur am Dienstag. Konkret nannte sie für 2025 zwei Ziele: den Mindestlohn auf rund 14 Euro anzuheben und im Bundestag ein Tarifpaket zu verabschieden. Dabei geht es zum einen darum, wie im Koalitionsvertrag vereinbart Tarifflucht zu erschweren – und zum anderen darum, staatliche Aufträge an die Zahlung von Tariflöhnen zu binden.
Die Arbeitsmarktpolitik war zuvor schon Thema einer Gesprächsrunde mit der IG-Metall-Vorsitzenden Christiane Benner und Arbeitsagentur-Chefin Andrea Nahles. Ein weiterer Schwerpunkt dabei: Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel. Nahles betonte vor allem das Potenzial, das durch Jugendliche ohne Schulabschluss und Ausbildung verloren gehe. „Aus unserer Sicht lohnt sich jeder Euro in Qualifizierung von Menschen, die arbeitslos sind“, sagte sie – und erhielt dafür zustimmendes Kopfnicken der Grünen-Vorstände.
Theorie und Praxis der Ampel gehen an dieser Stelle jedoch auseinander: Erst am Montag machte das Bundeskabinett den Weg frei für die Streichung des Bürgergeldbonus – einer Zusatzzahlung für Bürgergeld-Empfänger*innen, die sich weiterbilden. Direkt wollte sich Parteichefin Lang auf Nachfrage nicht gegen die Entscheidung stellen: Die Grünen stünden zum Kompromiss bei den Haushaltskürzungen, sagte sie. Man werde aber schauen, „wo wir besser werden können in dem Bereich“. Als weiteren externen Gast hatte der Grünen-Vorstand Jörg-Andreas Krüger geladen, den Präsidenten des Naturschutzbunds Deutschland.
Naturschutz und Kampfflugzeuge
Auch dieser Schwerpunkt war bewusst gesetzt: Seit ihrem Regierungseintritt haben die Grünen unter Umweltschützer*innen viel Vertrauen verloren. Der Nabu sprach in einer Zwischenbilanz zur Halbzeit der Ampelregierung im Herbst 2023 von einer „weitestgehenden Leerstelle“ bei Natur- und Artenschutz.
Viel freundlicher äußerte sich Krüger nun im direkten Gespräch. Er freue sich, dass das Thema auf der Klausur „so hoch gehängt“ werde. Ausdrücklich lobte er Haushaltsmittel, die die Regierung für den Naturschutz zur Verfügung stellt – auch wenn ihm bei der Finanzierung die langfristige Perspektive fehle.
Möglichst wenig Raum räumte der Grünen-Vorstand dagegen einem anderen Thema ein: dem aktuellen Konflikt um Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien. Außenministerin Annalena-Baerbock hatte am Sonntag angekündigt, dem Verkauf von Kampfjets an die Diktatur zuzustimmen. Von Grünen-Abgeordneten gab es dagegen am Montag deutlichen Widerspruch, auch Parteichefin Lang äußerte sich zunächst kritisch.
Am Dienstag bemühten sich nun sowohl sie als auch ihr Co-Vorsitzender Omid Nouripour, den Konflikt herunterzukochen: Am Rande der Klausur sagten beide fast wortgleich, dass die Situation im Nahen Osten volatil und die Entscheidung nicht einfach sei – ein Beschluss über die Ausfuhr im Moment aber gar nicht anstünde.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Streit um tote Geiseln in Israel
Alle haben versagt
Nach Taten in München und Aschaffenburg
Sicherheit, aber menschlich
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Comeback der Linkspartei
„Bist du Jan van Aken?“
Nach Absage für Albanese
Die Falsche im Visier
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen