Klagen gegen Flüchtlingsheime: Angst und Vorurteil in Köpenick
Anwohner klagen gegen zwei geplante Flüchtlingsheime. Das Verwaltungsgericht hält das für unzulässig.
Berlin muss so viele Flüchtlinge unterbringen wie seit 15 Jahren nicht mehr. Doch wo dürfen neue Unterkünfte errichtet werden? Mit dieser Frage beschäftigte sich am gestrigen Donnerstag das Berliner Verwaltungsgericht und beraumte in Köpenick zwei Ortstermine an.
Zunächst begab sich die Kammer nach Rahnsdorf. Am Waldrand stehen dort drei miteinander verbundene DDR-Plattenbauten. Das linke Gebäude ist ein Seniorenwohnhaus mit 36 preisgünstigen Wohnungen, im rechten Gebäude bietet der „Kiezclub“ einen Treffpunkt an. Das mittlere Gebäude ist bereits eingerüstet, ein Antrag auf Genehmigung einer Unterkunft für 146 Flüchtlinge gestellt. Dagegen richtet sich der Unmut etlicher Anwohner. Die meisten von ihnen besitzen Nachbargrundstücke, nur ein Mieter aus dem Seniorenwohnhaus schließt sich öffentlich deren Meinung an. „Es geht um Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung“, meint der Rentner, der wie alle, die sich zu diesem Thema äußern, seinen Namen nicht sagen will.
Doch Mieter, das lernte man bei diesem Ortstermin, können die Nutzung eines Bodens nicht monieren, das können nur Grundstückseigentümer. Man lernte weiterhin, dass ein Asylbewerberheim eine „atypische soziale Einrichtung“ und nur dann unzulässig ist, wenn sie die Nachbarn stört, etwa durch lauten Krach. Dafür gebe es hier keinen Anhaltspunkt, erklärte der Vorsitzende Richter Matthias Schubert. Dennoch hörte er sich geduldig die Betroffenen an, die sich vor steigender Kriminalität und sinkenden Immobilienpreisen fürchten.
Zweieinhalb Stunden später versammeln sich die Richter in der Alfred-Ranft-Straße. Vor der Baustelleneinfahrt stehen Polizisten, auf einem Schild ist zu lesen: „Hier entsteht eine Unterkunft für Flüchtlinge“. Darunter sieht man eine Zeichnung, die dreistöckiges Arrangement aus Containern zeigt. Soeben schweben die letzten Container per Kran an ihren Platz, einen Tag vor Weihnachten sollen die ersten von insgesamt 440 Bewohnern einziehen.
Doch ein Eigentümer einer Wohnung im Salvador-Allende-Viertel klagt dagegen. Seiner Meinung nach ist die Infrastruktur überhaupt nicht für den Zuzug so vieler Menschen ausgelegt. Schulen, Krankenhäuser und Busse würden überfüllt sein. Das sei kein Argument, befand der Vorsitzende, denn wenn anstelle des Flüchtlingsheims ein Haus errichtet würde, müsse das Land ebenfalls für mehr Schulen und Krankenhäuser sorgen. Auch die Berliner Verkehrsbetriebe hätten ein Interesse, ihre Fahrgäste nicht zu verärgern. Gegebenenfalls würden sie mit größeren Bussen fahren. Im Übrigen könne auch ein einzelner Wohnungseigentümer die Nutzung des Nachbarbodens nicht monieren, da müsse dann schon die gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft klagen.
Am Nachmittag wiesen die Richter des Verwaltungsgerichts dann alle gegen die Unterkünfte gerichteten Anträge zurück. Die Flüchtlinge können kommen.
UTA EISENHARDT
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