piwik no script img

Klage gegen Cannabis-VerbotGegen die Moral per Gesetz

Das Verbot von Cannabis ist ein massiver Verstoß gegen die Grundrechte, argumentiert ein Berliner Anwalt. Vor Gericht will er die Legalisierung erstreiten.

Gefährlicher als Tabak und Alkohol? Die Kläger sagen: „nein“ Foto: dpa

Berlin taz | „Nur in autoritären Regimen werden bestimmte Moralvorstellungen durch staatliche Repression durchgesetzt“, heißt es in der Klageschrift, die das Cannabis-Verbot in Deutschland kippen will. Ab Mittwoch wird eine entsprechende Klage des pensionierten Rechtsanwaltes Thomas Herzog gegen die Bundesregierung vor dem Berliner Verwaltungsgericht verhandelt. Das Ziel: Cannabis soll aus dem Betäubungsmittelgesetz gestrichen werden.

Herzog gibt Rechtsberatung im Berlin Hanf-Museum und würde gern ein Cannabis-Fachgeschäft eröffnen. Zusammen mit seinem Anwalt Volker Gerloff argumentiert er, das Verbot verstoße mehrfach gegen grundgesetzlich garantierte Rechte: gegen die freie Persönlichkeitsentfaltung, aufgrund drohender Gefängnisstrafen gegen das Recht auf Freiheit und wegen des Verkaufsverbots gegen jenes auf freie Berufsausübung.

Ebenso sehen die Kläger den Gleichbehandlungsgrundsatz außer Acht gelassen. Sie wollen anhand von wissenschaftlichen Studien das Gericht dazu bringen, anzuerkennen, dass Cannabis nicht gefährlicher ist als Alkohol oder Nikotin.

„Das geltende Gesetz verletzt die Grundrechte massiv“, so Gerloff gegenüber der taz. Da dies per Verordnung zu beheben sei, habe die Bundesregierung keinen Gestaltungsspielraum, Cannabis weiterhin zu illegalisieren. Ob das Gericht da mitgeht, ist ungewiss. Es hat die Klage seit 2015 liegen gelassen und stets auf andere, wichtigere Verfahren verwiesen. Am Mittwoch wird es zunächst die Zulässigkeit der Klage verhandeln und, wenn dies, wie Gerloff erwartet, positiv beschieden ist, klären, ob und wie in die Beweisaufnahme eingestiegen wird.

1994 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das Cannabis-Verbot verfassungskonform sei. Es trug der Regierung aber auf, wissenschaftliche Ergebnisse zur Gefährlichkeit der Substanz weiter zu beobachten. Dies sei, so die Ansicht der Kläger, aber nur unzureichend geschehen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Genau genommen müssen alle Drogen legalisiert werden ! Aus den genannten Gründen! Wer anderer Meinung ist, sollte sich den Artikel 2 GG nochmal durchlesen! Wer gegen eine Legalisierung ist muß in letzter Konsequenz diesen Artikel aus dem GG streichen...

  • Ich glaube nicht, dass sich die Alkoholindustrie allzu große Sorgen machen müsste, wenn Gras legalisiert wird. Die Konsumentenzahl wird langfristig kaum ansteigen und das Saufen lassen viele Kiffer auch jetzt schon nicht sein.

    • @Motzkopf:

      "Ich glaube nicht, dass sich die Alkoholindustrie allzu große Sorgen machen müsste, wenn Gras legalisiert wird." (Motzkopf)



      So ist es! Im Gegenteil, dies wäre dann für Großbrauereien ein willkommenes neues Marktsegment auf das sie sich sehr schnell stürzen würden. Schließlich hat man mit dem verdealen von legalen Drogen nicht nur jahrhundertelanges Know-How, sondern eben auch die nötigen Vertriebsstrukturen die ziemlich schnell dem neuen Stoff anpaßbar wären.

  • Zwischen den Zeilen gelesen geht es den Klägern vor allem um ihr vemeintliches Recht, es anderen Branchen gleichtun zu dürfen, die durch Herstellung und Verkauf überwiegend schädlicher Substanzen ihr Geld machen.

    Die zu stellende Frage muß deshalb lauten, ob es ein Grundrecht darauf geben darf, Schäden zu vermehren, um damit Kasse zu machen.

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @wxyz:

      ...seltsam, sind die Menschen in den USA irgendwie 'anders'?



      Wieso darf ich dort, z.B. in Kalifornien, Marihuana anbauen, kaufen und konsumieren?



      Und, sollte es nicht jedem Individuum, auch hier in Deutschland, selbst überlassen bleiben, ob es "schädliche Substanzen" zu sich nehmen will, oder nicht?



      Leben wir wirklich schon wieder in einem Land, mit einem "autoritären" Regime?

    • @wxyz:

      @WXYZ wer Cannabis heutzutage immer noch für schädlich hält hat sich nicht ausreichend informiert.



      warum sollte eine Medizinische Pflanze schaden ? Macht sie eine Unterschied zwischen Patient und Freizeitkonsument ?



      Sind Pahrma Produkte unschädlich, wird damit nicht auch viel Geld gemacht ? und und und..



      Ihr Argument bzw. Ihre Herangehensweise ist mir zu kurz gedacht.



      Argument der Prohibitionsbefürworter ist "Cannabis ist verboten weil es schädlich ist" richtig ist aber, "Probleme mit Cannabis entstehen WEIL es verboten ist" Schwarzmarkt, und die damit einhergehende Kriminalität, Stigmatisierung und Kriminalisierung von Konsumenten, Zwangstherapien die oft unnötig sind, kein Jugendschutz etc.

    • @wxyz:

      Echt, dass liest du da heraus? Ich lese heraus, dass der Staat nicht willkürlich und ohne wissenschaftliche Evidenz Substanzen als schädlich markieren und den Umgang damit kriminalisieren darf, vor allem nicht, wenn er das bei wesentlich schädlicheren Substanzen nicht tut.

      • @Max Mutzke:

        Ich sehe da am ehesten noch die Tatsache, dass es hier um die finanziellen Interessen zwei der größten Industriend der Welt geht: Legalisierte man Cannabis, würde der Handel mit Zigaretten und Alkohol wahrscheinlich regelrecht einbrechen - und deshalb muss es halt verboten bleiben. Das ist und war schon immer der einzige Grund für ein Cannabis-Verbot.