Kinoempfehlungen für Berlin: Menschen in Landschaften
Eine Retrospektive würdigt die Zusammenarbeit von Thomas Plenert und Volker Koepp. Das Filmmuseum Potsdam zeigt die Stummfilmkomödie „Jüdisches Glück“.
I m Sommer vergangenen Jahres verstarb mit Thomas Plenert einer der bedeutendsten deutschen Kameramänner im Alter von 72 Jahren. Er hatte seine Karriere in den 1970er Jahren bei der DEFA begonnen, machte sich schnell einen Namen vor allem im Dokumentarfilm und arbeitete damals viel mit dem Regisseur Jürgen Böttcher zusammen.
Eine besondere berufliche Beziehung entwickelte Plenert seit Ende der 80er-Jahre auch zu Volker Koepp, in dessen Filmen es neben den dort porträtierten Menschen ja auch um die Landschaften geht, in denen sie aufgewachsen und verwurzelt sind. Immer wieder haben Koepp und Plenert dabei die Landstriche zwischen der Elbe und dem ehemaligen Ostpreußen bereist.
Vor ihrer Kamera erzählen Menschen verschiedener Nationalitäten und Kulturen aus ihrem Leben, durch ihre Erinnerungen, Gegenwartsbeschreibungen und Zukunftshoffnungen wird dabei Geschichte lebendig.
In einem Interview, das ich 2014 mit Volker Koepp führte, sagte der Regisseur zur Zusammenarbeit mit Plenert: „Er hat seine Auffassung von Landschaftsfotografie dazu gebracht. Ich gucke nicht bei jeder Einstellung selbst durch die Kamera, da verlasse ich mich ganz auf ihn. Voraussetzung ist natürlich, dass es ihn interessiert, was ich vor habe. Er liest auch diese ganzen historischen Sachen, der liest glaube ich drei Bücher am Tag.“
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Im Babylon Mitte gibt es – bei freiem Eintritt – bis zum 20.März eine Retrospektive mit Plenert-Arbeiten zu sehen. Dazu gehört auch „Berlin – Stettin“ (2010), in dem Koepp und Plenert die Biografie des 1944 in Stettin geborenen und in Berlin-Karlshorst aufgewachsen Regisseurs zum Anlass nehmen, einerseits auf das eigene Werk zurückzublicken und andererseits – noch wichtiger – zu schauen, was sich in der Region über die Jahre verändert hat (9.3., 15.15 Uhr, Babylon Mitte).
Absurder Humor, liebenswerte Figuren und perfekte Plastilin-Stop-Motion-Animation sind Markenzeichen des britischen Aardman-Studios, die auch in dessen erstem abendfüllenden Knetanimationsfilm zum Tragen kommen: In „Chicken Run“ (2000) parodieren die Regisseure Peter Lord und Nick Park Kriegsgefangenenlager-Filme im Stil von „The Great Escape“ und erzählen von einer scharf bewachten Hühnerfarm, auf der Henne Ginger und ihren Leidensgefährtinnen ein vorhersehbares Schicksal droht (die Hühnerpasteten-Maschine ist schon gekauft), wenn ihnen nicht bald die Flucht gelingt.
Dafür muss nun der Hahn Rocky sorgen, der dem kopflosen Hühnerhaufen das Fliegen beibringen soll. Das alles ist überaus amüsant, und das Schöne an der Stop-Motion-Knetanimation ist ja auch, dass man den dahinterstehenden handwerklichen Prozess stets erkennen kann. Bis Ende des Monats zeigt das Zeughauskino insgesamt sechs Arbeiten des Aardman-Studios, darunter auch Filme mit ihren bekanntesten Figuren Wallace & Gromit und Shaun das Schaf (10.3., 15.30 Uhr, Zeughauskino).
Im Jahr 1925 entstand in der Sowjetunion der Stummfilm „Jüdisches Glück“ von Alexei Granowski, einem russisch-jüdischen Regisseur, der damals auch das Staatlich Jüdische Theater GOSET in Moskau leitete. Mit Mitgliedern des Ensembles drehte Granowski die Komödie um die Wirrungen einer arrangierten Heirat an Schauplätzen rund um Odessa in der Ukraine. Das Filmmuseum Potsdam zeigt den Film mit Live-Musik von Günter A. Buchwald und Helmut Eisel; eine Einführung hält die Autorin Brigitte von Kann (9.3., 19 Uhr, Filmmuseum Potsdam).
Und am 10. März ist Oscar-Nacht, mal sehen, welcher Eklat uns dort in diesem Jahr erwartet. Wer sich mehr für die nominierten Kurzfilme interessiert, kann sich selbige in der kommenden Woche im Lichtblick-Kino zu Gemüte führen: Zusammengestellt sind die 12 Filme in zwei Programmen, sortiert nach Animation und Live-Action – u.a. mit einem neuen Film von Wes Anderson (Live-Action, 9.3., 21 Uhr, 11.3., 21.30 Uhr, 13.3., 18 Uhr, Animation, 9.3., 16.15 Uhr, 11.3., 20 Uhr, 12.3., 18 Uhr, Lichtblick-Kino).
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