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Kinderarmut in BerlinUnd warum tut keiner was?

Jedes fünfte Kind in Berlin ist laut einem Bericht des Senats armutsgefährdet. Auch weil es nicht gelingt, Bildung und soziale Herkunft zu entkoppeln.

Viel zu viele Kinder in Berlin sind arm Foto: dpa

Berlin taz | Kinder sind in Berlin überdurchschnittlich häufig von Armut betroffen, und Bildung ist der Schlüssel zu sozialem Aufstieg. So steht es, grob zusammengefasst, im Armutsbericht der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, der am Dienstag veröffentlicht wurde. Demnach ist jedes fünfte Kind in Berlin armutsgefährdet. Ist der Bildungsabschluss später niedrig, erhöht sich die Armutsrisikoquote auf beinahe 30 Prozent – und steigt damit auf das Doppelte des Berliner Durchschnittswerts.

Die Zahlen sind nicht schön, neu sind sie indes nicht: Seit Jahren pendeln die Armutsrisikoquoten um diese Werte. Und seit Jahren weiß man: Bildung ist der Schlüsselmoment. Ein guter Schulabschluss entscheidet maßgeblich darüber, ob jemand später beim Jobcenter in der Schlange steht oder Einkäufe und Miete von einer Erwerbsarbeit allein bestreiten kann. „Nur über qualifizierte Schul- und Ausbildungsabschlüsse“, konstatiert der Bericht, „lässt sich ein Leben in Armut weitgehend vermeiden, und dies über alle Phasen des Erwachsenenlebens.“

Im Klartext: Es ist in Berlin also noch immer nicht gelungen, soziale Herkunft und Bildung voneinander zu entkoppeln. Aber warum ist das so, oder besser: Warum bleibt das so, allen Bemühungen und Programmen, die es schon gibt, zum Trotz?

Schaut man sich also mal einen Bereich im „Handlungsfeld 1 (Bildung für alle jungen Menschen)“ des Senats genauer an: die Kita. In Neukölln liegt die Betreuungsquote bei 57 Prozent, im bürgerlich geprägten Pankow gehen dagegen mehr als 80 Prozent der Kinder in eine Kita. Gleichzeitig sagt der aktuelle Einschulungsbericht der Gesundheitsverwaltung: schon zwei Kitajahre sind entscheidend, um etwa Sprachdefizite auszugleichen. In Neukölln haben laut Einschulungsbericht 43 Prozent der Kinder Sprachdefizite, berlinweit der höchste Wert. Gleichzeitig, das konstatiert auch der Bericht, ist „die Beherrschung der deutschen Sprache“ Grundlage, damit es später in der Schule rund läuft.

Wer durchfällt, muss in die Kita

Armut in Berlin

Laut der Senats-„Strategie zur Bekämpfung von Kinderarmut und Verbesserung gesellschaftlicher Teilhabechancen in Berlin“ sind 20 % der BerlinerInnen von Armut bedroht (Stand: 2014), haben also weniger als 60 % des durchschnittlichen bundesdeutschen Einkommens. Diese „Armutsrisikogrenze“ liegt für einen Einpersonenhaushalt deutschlandweit bei 917 Euro, in Berlin bei 841 Euro. 2007 lagen noch 17,5 % der BerlinerInnen darunter, Höhepunkt war 2013 mit 21,4 %. Damit ist Berlin – mit Bremen – ärmstes Bundesland.

Die Personengruppen mit dem höchsten Armutsrisiko sind: Kinder und Jugendliche (18 %), Alleinlebende (19,1 %), Alleinerziehende (21,4 %), Familien mit drei und mehr Kindern (25,4 %), MigrantInnen (25,9 %) und Erwerbslose (47,1 %).(sum)

Natürlich weiß die Politik das und steuert dagegen. Da gibt es zum Beispiel den verpflichtenden Sprachtest für alle Vierjährigen, die keine Kita besuchen. Wer durchfällt, muss in die Kita – oder kann ein Bußgeld aufgebrummt bekommen. Eine Grünen-Anfrage hatte Ende 2015 allerdings ergeben: die Anmeldequoten dieser Kinder in den Kitas hat sich nicht erhöht.

Dennoch hält der Bericht an diesem Instrument fest – gleichzeitig sucht man darüber hinausgehende Ideen vergeblich in dem Papier. Nicht überraschend, findet die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Regina Kittler: „Dieser sogenannte Armutsbericht des Senats bietet null konkrete Handlungsempfehlungen – das mag eine Art Monitoring der letzten Legislaturperiode sein, aber Handlungsstrategien vermag ich da nicht zu erkennen.“

Ähnlich sieht das auch Igor Wolansky von der Fachgruppe Kinderarmut und Familie der Landesarmutskonferenz. Der gute Wille sei ja erkennbar – „aber es fehlen verbindliche Ziele und wie sie konkret umgesetzt werden können“. Eine konkrete Maßnahme, findet Linken-Abgeordnete Kittler, wäre es zum Beispiel, die Bedarfsprüfung für einen Kitaplatz abzuschaffen. Derzeit gilt: Gehen die Eltern nicht arbeiten, müssen sie beim Jugendamt einen extra Antrag stellen, um das Amt von der Notwendigkeit einer Kita-Betreuung zu überzeugen. Viele Eltern scheuen diesen bürokratischen Aufwand. Gleichzeitig ist für diese Kinder, mit Blick auf den Zusammenhang von Bildung und Armut, die Kita besonders wichtig.

Probleme analysiert, Probleme noch lange nicht gelöst, könnte man also mit Blick auf den Senatsbericht sagen. Immerhin: Man hat nun noch mal einen ganz guten Überblick bekommen, welche politischen Instrumente zur Bekämpfung der Kinderarmut Berlin bisher kennt. Der Bericht, so viel Neuig­keitswert gibt es dann doch, möchte diese Maßnahmen gern in einem Netzwerk bündeln. Klingt vage. Ob es konkret hilft, wird sich zeigen.

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54 Kommentare

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  • Die Reichen machen die Gesetze für die Armen. Denn das Geld holt man sich von den Armen, nie von den Reichen. Wer Arm ist, ist arm dran und bleibt arm.

    Armes Deutschland.

  • Weil es tatsächlich der Mehrheit am A... vorbei geht. Sonst hätte die regierende Politik keinen Bestand mehr!

  • Und warum tut keiner was?

     

    von denen geht eh keiner wählen, somit politisch irrelavant...

  • Tja, vielleicht liegt es auch daran:

     

    Eine Bundesregierung kann eine gute Bildungspolitik initiieren oder statt dessen die „Bildungsrepublik Deutschland“ ausrufen. Exakt das Zweite hat die Kanzlerin vor acht Jahren getan. Offensichtlich kam und kommt es auch bei diesem Thema nur darauf an, dass der jeweils verkündete Weg möglichst imposant aussieht. Der kärgliche Rest der Veranstaltung wird durch regelmäßiges Zeigen der Raute versteckt.

  • 7G
    73176 (Profil gelöscht)

    Wie hoch ist eigtl. die Kinderarmutsrate in (eurem verhassten) Bayern ...? Evtl. kann man von diesen Bayern doch was lernen... ???

    • @73176 (Profil gelöscht):

      ... 'eurem verhassten Bayern' ? Wie meinen Sie das ?

    • 6G
      628 (Profil gelöscht)
      @73176 (Profil gelöscht):

      Sach bloß. die Kinderarmut in einem Flächenland ist niedriger als in einer Großstadt?

      • 7G
        73176 (Profil gelöscht)
        @628 (Profil gelöscht):

        So offensichtlich scheint mir Ihre Aussage nicht zu sein. Meinen Sie, dass die Löhne auf dem Land höher sind, als in der Stadt? (Bitte berücksichtigen Sie, dass lediglich das Einkommen und nicht das Verhältnis von Einkommen zu Preisen als Maßstab für Kinderarmut erhält).

  • KlassensprecherInnen, AStA-VertreterInnen, BetriebsrätInnen, Ehrenamtliche aller Bereiche erhalten in der Regel keine finanzielle Honorierung. Sie gehen dieser Aufgabe nach, weil sie ein Interesse daran haben, weil sie es für notwendig halten, weil sie es sich zutrauen, weil andere es ihnen zutrauen und weil sie es sich leisten können, also die Zeit zur Verfügung haben.

    Was veranlasst Sie also zu glauben, dass die Arbeit in der Politik oder andere verantwortungsvollen Posten plötzlich nicht mehr besetzt werden könnten, wenn es für alle Tätigkeiten den gleichen Lohn geben würde?

    Ich denke doch eher, dass die gesamte politische Landschaft dann grundlegend aufgeräumt wäre und endlich der Platz für Neue(s) da wäre.

     

    Die Betreuung von und Beschäftigung mit Kindern oder Pflegebedürftigen müsste allerdings auch für Angehörige als Arbeitszeit gewertet werden.

  • Und warum tut keiner was? Weil es nicht seine Kinder sind. Und hat jener welche, ist er froh, dass diese nicht davon betroffen sind. Hände in den Schoß und "Is halt so" geht so einfach.

  • Die Probleme, die zu Kinderarmut führen, sind seit sehr, sehr langer Zeit bekannt. Aber es gibt heute - 27 Jahre nach dem Ende der vermeintlichen "Systemkonkurrenz" - für die Kapitalisten und ihr Machtinstrument ("Staat") nicht den mindesten Anlaß, daran etwas zu ändern. Das ist in ihren Augen rausgeschmissenes Steuergeld, das lieber in "Projekte" fließen sollte, die direkt oder indirekt den Reichen ("herrschende Klasse") zugute kommen. Laßt alle Hoffnung fahren - falls ihr von denen ("Kapitalisten") euch irgendwas erhofft. Deren fundamentale Ungerechtigkeiten sind systemisch bedingt.

  • Woran wird diese Kinderarmut eigentlich festgemacht? Dass die Eltern, welche für sich und ihre Kinder Harz IV beziehen, das Geld versaufen/verrauchen? Oder weil viele kein Bock haben zu malochen?

    • @Nicky Arnstein:

      Anscheinend ist dieser Kommentar doch ernst gemeint.

       

      Wo haben Sie das Klischeebild von Hartz-IV-Eltern denn her?

    • @Nicky Arnstein:

      Warum so eingleisig ? Wie Kinderarmut verhindern, wenn die Alten, würden sie denn gebraucht, einen Niedriglohnjob bekämen, der nicht viel oder gar nicht aus H4 führt und diese Armut weiterhin bestünde, trotz Verzicht auf alle Laster ?

    • 1G
      10236 (Profil gelöscht)
      @Nicky Arnstein:

      Armut(sgefährdet)

       

      Also egal was die Eltern mit dem Geld auch nicht tun würden - mit Hartz IV ist man immer arm.

      Sagen wir mal 2 + 2 (6,11) = nach der Miete (vor dem Strom) ca. 1280 Euro. Kann man sagen was man will - in diesem Land ist man damit arm. Dass viele weniger verdienen? Ich weiß. Das ist ein Argument (Lohnabstandsgebot) für niedrige HartzIV-Beträge, an denen sich dann wiederum die unteren Löhne orientieren. Und nochmals von vorne - Lohnabstandsgebot...

      • @10236 (Profil gelöscht):

        Da lese ich doch tatsächlich in einer anderen Zeitung wieder einmal den immer wieder gern genommenen Satz, dass Sozialhilfe nicht atrraktiver sein soll als Erwerbsarbeit.

         

        Der liest sich dann so: "In Deutschland gibt es ein gesetzlich geregeltes Lohnabstandsgebot. Dieses soll verhindern, dass das Beziehen von Sozialhilfe für die Bürger attraktiver ist als einer Erwerbsarbeit nachzugehen."

         

        Wäre es nicht schön, wenn solche Journalisten sich vielleicht einmal mit dem Problem der Automatisierung beschäftigen würden, die dafür verantwortlich ist, dass es keine Jobs mehr für die Bürger - egal in welchem Land - gibt?

  • taz: "Und seit Jahren weiß man: Bildung ist der Schlüsselmoment. Ein guter Schulabschluss entscheidet maßgeblich darüber, ob jemand später beim Jobcenter in der Schlange steht oder Einkäufe und Miete von einer Erwerbsarbeit allein bestreiten kann."

     

    Das Märchen, dass Bildung das A und O ist um Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, scheint jetzt auch schon in der taz angekommen zu sein. Schade eigentlich, denn von einer Zeitung wie der taz hätte ich mir etwas mehr journalistische Feinarbeit gewünscht; also das Hinterfragen, ob das auch wirklich so ist?

     

    Dass Deutschland immer mehr Akademiker, auch aus dem MINT-Bereich, in der Arbeitslosigkeit stecken hat und das Arbeitslosigkeit nicht nur ein Problem der Ungebildeten ist, scheinen viele Leute in Deutschland immer noch nicht kapiert zu haben. In einer Welt voller Maschinen, Automaten, regelungstechnisch gesteuerte Fabrikstraßen, computergesteuerte Lager, GPS gesteuerte Landmaschinen, u.s.w., ist der Mensch als Arbeitskraft überflüssig geworden, egal ob nun Hilfsschüler oder Akademiker. Politiker wollen das aber nicht ansprechen, denn dann müssten sie endlich einmal eine andere Politik betreiben.

     

    "Die Zeiten der Vollbeschäftigung sind endgültig vorbei. Vollbeschäftigung ist ein Mythos. Eine Lüge."

    (Götz Werner - Milliardär und Gründer eines Drogerie Konzern - Interview im Stern am 14.05.2006)

    • 3G
      33523 (Profil gelöscht)
      @Ricky-13:

      Es ist richtig das es keine "Vollbeschäftigung" mehr geben wird. Allerdings kann ich mich auch nicht daran erinnern das es die jemals gab. Einige Prozent der Bevölkerung waren zu jeder Zeit arbeitslos und Vollbeschäftigung war schon immer noch ein politisches Schlagwort.

       

      Und klar es gibt auch arbeitslose Akademiker. Der Anteil liegt aber deutlich unter der Arbeitslosenquote. Manch einer ist schlicht aufgrund seines Charakters und seiner sozialen Defizite nicht für den Arbeitsmarkt geeignet. Ich kenne genau einen Menschen mit Master in Informatik der arbeitslos ist und der ist es aus oben genannten Gründen. Seine mittelmäßigen Fähigkeiten sind nicht das Problem, sondern seine überdrehten Ansprüche.

       

      Das Bildung das A und O ist halte ich für völlig richtig. Oftmals wird das aber völlig missverstanden was Bildung bedeutet. Viele verstehen darunter nur ihre verbrieften Bescheinigungen aber nach fünf Jahren Arbeitserfahrung kräht kein Hahn mehr nach der Master-Note oder den Prozentpunkten aus der Abschlussprüfung. Wichtig ist was man wirklich kann. Da versagen viele, grade ältere, Arbeitnehmer grandios. Zu tief sitzen angestaubte Erwartungshaltung wie "Ich habe doch einen Berufsabschluss! Das muss ja wohl reichen!" und zu viele realisieren nicht das es ihren Job in 10 Jahren nicht mehr geben wird.

       

      Wer wegen eines alten Vertrages bei Mercedes und Co. am Band hervorragend verdient kommt vielleicht noch davon. Aber in absehbarer Zeit lassen sich diese Jobs durch Roboter ersetzen die einmalig so viel Kosten verursachen wie ein solcher Mitarbeiter in einem Jahr.

    • @Ricky-13:

      Sie haben die Logikrichtung der Aussage nicht verstanden und verwandeln ihr Missverständnis dann noch in eine 100% Aussage, kein Wunder das sie danach verwundert sind, dass etwas welches sie nicht verstanden haben zum Absolut erhoben keinen Sinn macht.

       

      Es geht darum, dass mit einem guten Bildungsabschluss danach alles garantiert ist (dieses Versprechen macht nur der Kommunismus nicht der Kapitalismus, und beide Erfüllen es nicht), sondern darum, dass jemand mit einem schlechten Hauptschulabschluss oder keinem Schulabschluss deutlich größere Probleme damit hat einen (einträglichen) Job zu finden. Das belegen Statistiken, das ist (Kapitalismus)-logisch und das gebietet eig. auch der gesunde Menschverstand (je weniger ich kann, desto weniger Chancen habe ich wo zu arbeiten).

       

      Dass es generell einen sinkenden Arbeiterbedarf gibt und eine Maschinensteuer irgendwann sehr viel Sinn macht (mehr zu mindest als das Lieblingskind Vermögenssteuer) ändert nichts daran, dass gutqualifiziert immer einen Vorteil hat.

       

      Die große Lüge liegt eher daran zu suggieren, dass es in unserem Wirtschaftssystem Aufstieg für alle gibt, denn damit mehr arme Kinder aufsteigen können, müssten mehr reiche Kinder absteigen.

  • "Wie hat das eigentlich diese bettelarme DDR seinerzeit gemacht? Eine doch recht umfassende Chancengleichheit für alle Kinder zu schaffen? Dort war Aufstieg, zumindest bis in bestimmte Ebenen, für jeden möglich."

    In der DDR war eine niedrige Arbeitslosenquote aus Propagandagründen Staatsziel. Dafür gab es ja auch staatseigene Betriebe, wo die Leute eingestellt wurden, egal ob es Arbeit gab oder nicht. Wieviel sie dann konnten, war da dann auch nicht mehr so wichtig.

     

    Der Artikel nennt ja auch das Problem der mangelnden Sprachkenntnisse. Gab es in der DDR zwar auch, aber da haben halt alle gleich falsch gesprochen.

     

    Und die "bettelarme DDR" hat es auch nicht wirklich geschafft, sie musste dann ja auch von FJS gerettet werden.

    • @sart:

      FJS hat die DDR nicht "gerettet". Ganz einfach, wie immer bei Finanzen-Geschäfte: jeder sah darin einen finanziellen Vorteil.

       

      Um eine Ware im Westen kaufen zu können, war die DDR gezwungen, ein adäquates Tauschmittel dafür zu haben. Dies war die DDR-Mark nicht, denn in ihr steckte nicht der Gebrauchswert, den die kapitalistische Welt am Geld so schätzt und der in nichts anderem besteht als in ihrem Tauschwert, den eine erfolgreiche Verwertung von Arbeitskraft erbracht und — welch Zauber! — sogar vermehrt hat.

       

      Nein, die DDR war nicht pleite, es war der Umtauschkurs, es war die politisch gewollte Regelung "Rückgabe vor Entschädigung" und viele andere - rein ideologisch grundierten Entscheidungen, die für die Bürger in Ost und West bis heute gravierende Folgen haben.

       

      Im übringen, nun zum Thema: die DDR organisierte in den 50er Feiernlager für arme BRD Kinder . Was passierte? Die BRD Helfer dieser Aktion wurde ins BRD Knast gesteckt.

      https://www.jungewelt.de/2016/08-17/069.php

  • 3G
    34420 (Profil gelöscht)

    Wie hat das eigentlich diese bettelarme DDR seinerzeit gemacht? Eine doch recht umfassende Chancengleichheit für alle Kinder zu schaffen? Dort war Aufstieg, zumindest bis in bestimmte Ebenen, für jeden möglich.

     

    Wenn Berlin eines Tages durchgentrifiziert sein wird, wird das mit der Armut auch anders sein. Prenzlauer Berg ist doch bestimmt schon ein hübsches Beispiel. Friedrichshain und Neukölln läuft die Vertreibung auf Hochtouren.

    • 8G
      86548 (Profil gelöscht)
      @34420 (Profil gelöscht):

      Die DDR hat es ja nicht geschafft. All die sozialen Wohltaten liefen auf Pump. 1989 war die DDR pleite und 1990 war Schluss.

      • 3G
        34420 (Profil gelöscht)
        @86548 (Profil gelöscht):

        So ist das mit dem verstehenden Lesen von kurzen Texten.

        Hier ging es um die Chancengleichheit von reicheren und ärmeren Kindern in der DDR. Und NICHT um die Wirtschaftskraft eines Systems. Ist doch nicht so schwer zu verstehen.

         

        Sie werden, falls Sie mal rumfragen, mühelos hunderttausende ehemalige DDR-Bürger, die aus einfachsen Verhältnissen kommend, solide Karrieren gemacht haben. Und das waren, weiß Gott, nicht immer die Parteikarrieren. Man muss halt nur mal die vorgegebenen und indoktrinierten "Denk"muster verlassen. Ist schwer, ich weiß.

        • 8G
          86548 (Profil gelöscht)
          @34420 (Profil gelöscht):

          Ich habe tatsächlich immer Schwierigkeiten kurze Texte zu verstehen. Sie sprechen von Chancengleichheit in der DDR. Da muss ich laut lachen. Wir in dem System nicht mitspielte, hatte keine Chancen, dürfte z.B. nicht studieren.

        • @34420 (Profil gelöscht):

          Das lag daran, das sowohl die Schule, als auch der Ausbildungsplatz, als auch der Arbeitsplatz von Anfang an eingeplant war (daher hatte mein Onkel auch für einen Job an dem er maximal 1 brauchte, ganze 5 Sekräterinnen , die Leute brauchten ja "nen Job") ,daher die Karriere auch für jedermann (es gab halt einfach kaum jemand der "nicht Karriere" gemacht hat). Das System zusammen, weil es irgendwann nicht mehr finanzierbar war (bzw. von Anfang an).

           

          Dazu kamen dann natürlich deutlich höhere Ansprüche an Disziplin und Strafen, die glaube ich heute niemand gutheißen wollen würde.

          • 3G
            34420 (Profil gelöscht)
            @Krähenauge:

            Seit 25 Jahren ist durch mich und andere interessierte Ossis zu beobachten, dass die Disziplinierung von Menschen per Arbeitsplatz, Geld und sonstiger Indoktrination, wie so manch anderes auch, im Westen erheblich "besser" funktioniert, als die in der DDR. Dies dann noch erfolgreich als Freiheit zu verkaufen ist zweifellos eine enorme Leistung des Systems und seiner Opfer.

             

            Das Allermerkwürdigste aber ist, dass die, die kaum bis gar nicht von den Verhältnissen profitieren, untereinander so ausdauernd in Kämpfe verstrickt sind, anstatt solidarisch lebend und denkend, sich um die eigentlichen Missstände und ihrer Organisatoren und Profiteure zu kümmern.

             

            Übrigens, krähenauge, man sollte eventuell, wenn man selbst kein gesichertes Wissen von anderen Verhältnissen hat, vielleicht doch nicht einfach irgendwas Angelesenes nachplappern. Selbst einfache Arbeiter hatten in der DDR eine Macht, von der westliche Gewerkschafter nicht mal träumen konnten.

            • @34420 (Profil gelöscht):

              Und was für eine Art von "Macht" soll das gewesen sein? Können Sie das uns unwissende bitte näher erläutern.

               

              Mir ist noch niemand begegnet, der von einer "Arbeitermacht" in der DDR etwas vorgeschwärmt hat. Und ich lebe hier, wo die Leute gerne in solchen Erinnerungen schwelgen. Aber ich lerne gerne dazu.

  • "Auch weil es nicht gelingt, Bildung und soziale Herkunft zu entkoppeln."

     

    Wie auch, nachdem Finanzsenator Thilo "schuld ist der Südländer" Sarrazin das ganze System nachhaltig zertrümmert hat?

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    "„Nur über qualifizierte Schul- und Ausbildungsabschlüsse“, konstatiert der Bericht, „lässt sich ein Leben in Armut weitgehend vermeiden, und dies über alle Phasen des Erwachsenenlebens.“"

     

    Bildung ist eine Karotte, die einem Individuum den sozioökonomischen Aufstieg ermöglich, in der Gesamtheit jedoch von dem Arbeitsmarkt absorbiert werden muss.

     

    Plump gesagt: sollen wir jetzt alle Ingenieure, Lehrer, BTAs, Mechatroniker und qualifizierte Maurergesellen werden? Es geht darum, dass auch die "unteren" Schichten der Gesellschaft ein anständiges Leben führen können.

    • 3G
      33523 (Profil gelöscht)
      @10236 (Profil gelöscht):

      Nun das ist die Idealvorstellung.

       

      Das Problem ist das kein Mensch mit halbwegs intaktem Gerechtigkeitsgefühl es akzeptieren kann das man mit stupiden Tätigkeiten genau so viel verdient wie jemand dessen Fähigkeiten über Jahre hinweg erworben werden müssen.

      • @33523 (Profil gelöscht):

        Aber wie kommen denn nur all die Arbeitnehmer damit klar, deren monatliches Einkommen dem halben oder auch ganzen Jahresgehalt eines Arbeitnehmers mit Mindestlohn entspricht?

        Denken sie alle, das haben sie verdient?

        Oder mangelt es an der Stelle dann doch an dem " intaktem Gerechtigkeitsgefühl??

         

        Solange die Chance auf einen guten Bildungsabschluß erheblich von der Herkunft abhängig ist, ist meines Erachtens das Erwerben von Fähigkeiten schon allein als Privileg zu werten.

        • 3G
          33523 (Profil gelöscht)
          @Clara 0815:

          Die Hälfte wären ~8160€ Netto. Zu den obersten 10% gehört man als Single bereits mit gut 3000€ Netto. Das heißt das vielleicht 2,5-5% der Bevölkerung so viel verdienen, wenn überhaupt.

          Die meisten dieser Menschen werden Angestellte in Führungspositionen sein. Das heißt im Konzern oftmals auch mit Doktor. Wenn man für im Durchschnitt 20-40 Angestellte die Verantwortung hat dann ist es durchaus angemessen deutlich mehr als diese zu verdienen.

          Der Rest wird sich wohl hauptsächlich aus Unternehmern und Freiberuflern zusammensetzen. Diese tragen ein imenses Risiko, profitieren aber auch direkt vom Erfolg, dass ist der Reiz daran. Das moralisch zu bewerten halte ich für unzulässig, da die Einnahmen unmittelbar mit der Qualität der Idee und Umsetzung zusammenhängen und zumindest das Unternehmertum jedem offen steht.

    • 3G
      34420 (Profil gelöscht)
      @10236 (Profil gelöscht):

      Ob Bildung wohl sehr viel mehr ist, als nur ein einträglicher Berufsabschluss? Ist doch eigentlich banal.

    • 3G
      33641 (Profil gelöscht)
      @10236 (Profil gelöscht):

      Das würde ich auch so sehen.

    • @10236 (Profil gelöscht):

      Zumal eine Gesellschaft ohne Müllmänner genau so wenig funktioniert wie eine ohne Rechtsanwälte (wobei ich meine, dass letztere noch eher verzichtbar wären). Sei´s drum: Die Lösung heißt Einheitslohn - ja, auch für Abgeordnete, Kanzler und Präsidenten. Nur er wird der gesellschaftlichen Realität gerecht.

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        Dieses Müllmanner, Krankenschwestern, Altepflegerinnin,... Beispiel hinkt so sehr da wird selbst Captain Ahab neidisch.

        Es geht doch nicht darum wie relevant ein Job für den unmittelbaren Fortbestand der Gesellschaft ist sondern darum wie schwer es ist die Ausübung zu erlernen und in Konsequenz dessen auch wie viel Geld sich damit verdienen lässt. Ich halte auch nicht viel von Anwälten aber es ist definitiv einfacher die Tätigkeit eines Müllmannes zu erlernen als die eines Anwalts.

        • @33523 (Profil gelöscht):

          Es ist aber wesentlich schwerer, die Tätigkeit eines Müllmannes auszuüben als die eines Anwalts oder anderer akademischer Berufe.







          Davon abgesehen: Auch zum Müllmann braucht es grundlegende Fähigkeiten, über die nicht jeder verfügt. Man muß Schmutz und Gestank ertragen können, man muß körperlich fit und robust sein, man darf nicht faul sein und nicht anspruchsvoll. [...]







          Ihr Ansatz ist nicht durchdacht.

           

          Kommentar gekürzt. Bitte vermeiden sie Verallgemeinerungen und Unterstellungen.

          • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

            An diesen Voraussetzungen scheitern Viele.

        • @33523 (Profil gelöscht):

          Achso, und wenn der Job noch so sinnlos, zerstörerisch, sozial zersetzend ist, auf die Ausbildung sollte es ankommen.

          Gesellschaftlich- konstruktive Relevanz- Scheis.egal. Sehr modern, Herr Janus !

          • @lions:

            Wunderbare reductio ad absurdum; es gibt ein paar Arschlöcher von Anwälten, ergo sind die Tätigkeiten aller Anwälte sinnlos, zerstörerisch und sotial zersetzend, ergo scheißt unser System, in dem Anwälten (nachgewiesenermaßen ausnahmslos der moralische Bodensatz der Gesellschaft) mehr bezahlt werden als Kassierern, ganz generell auf gesellschaftlich-konstruktive Relevanz.

            • @Bjar:

              Hat es einen Grund, dass Sie dabei die Anwälte herausgreifen ? Reduktion per eigener Projektion.

              • @lions:

                leider in die völlig falsche Richtung küchenpsychiologisiert: ich habe mit Anwälten nicht das Geringste zu tun..

                Die Verknüpfung von Anwalt zu sinnlos-zerstörerisch-sozialzersetzend kam von dir, wenn du dich erinnern magst.

                 

                Und um beim Thema zu bleiben: die Verbindung hast du hergestellt, um das Argument von Janus zu diskreditieren, dass die unterschiedliche Bezahlung von verschieden komplizierten bzw verantwortungsvollen Berufen (um mal ein anderes Beispiel zu nennen: Neurochirug und Kassierer) auch seine Berechtigung haben könnte.

          • 3G
            33523 (Profil gelöscht)
            @lions:

            Ich kann das aus moralischer Sicht durchaus nachvollziehen aber es gibt schlicht keinen Zusammenhang zwischen der moralischen Beurteilung eines Jobs und dem wirtschaftlichem Erfolg der daraus resultiert.

            Ich weise nur darauf hin das es unzulässig ist diesen herzustellen, da das mit der Realität nicht in Einklang zu bringen ist.

             

            Abgesehen davon sind diverse populistische Forderungen in diese Richtung einfach unrealistisch. Die Kosten fürs Krankenhausaufenthalte zahlen größtenteils die gesetzlichen Krankenkassen. Wenn wir jeder der ~1.000.000 Krankenschwestern 500€ (=+200€ -250€ netto) mehr im Monat zahlen wollen muss das letztlich von den Krankenkassen getragen werden, also von allen die Sozialversicherungsbeiträge zahlen. Zu den 500€ rechnen wir nochmal 30% Arbeitgeberanteil, sind wir bei 650€ zusätzlichen kosten pro Monat, pro Person. Das sind pro Jahr 7,8 Milliarden die zusätzlich zu den Krankenkassen fließen müssten. Das wären im Jahr gut 180€ die jeder Arbeitnehmer zusätzlich zahlen muss und das ist nur eine der Gruppen bei denen ständig Gehaltserhöhungen gefordert werden. Wenn man das für zwei, drei weitere Berufsgruppen macht ist man schnell bei 600€ im Jahr. Und dann erklären Sie dem durchschnittlichen Steuerzahler mal warum er jeden Monat 50€ weniger haben soll ohne irgendwas dafür zu bekommen. Viel Spaß,...

            • @33523 (Profil gelöscht):

              Man kann es nicht rational differenzieren, wenn der Ausgangsbeitrag von @Chef wohl von moralischer Absicht war. Irgendwas haben Sie da vergessen. Die Relativierung ?

              Das Filetieren von einzelnen Berufsgruppen, wie oben genannte, ist in sofern untauglich, dass eine Umverteilung der Einkommenssumme die Defizite evtl. wettmacht. Der Versuch wird ja erst gar nicht unternommen. Steuerpolitik könnt es richten, aber wenn Krankenhäuser gewinnbringend arbeiten müssen, sieht es nicht danach aus. Aber das zu erkennen, dazu muss man erst mal den moralischen Paradigmenwechsel hinkriegen

      • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

        ich wette, du wärst beim Einheitslohn der erste, der aufspringt und freiwillig die verantwortungsvollsten und schwierigsten Arbeiten übernimmt, für die man sich erstmal ein paar jahre qualifizieren muss, stimmts?

        • @Bjar:

          Welche Arbeit ist "schwieriger"?

          Die des Ingenieurs oder die des Dachdeckers? Die des Intendanten oder die des Altenpflegers?

          • @DR. ALFRED SCHWEINSTEIN:

            es wurde neben schwierig (ich muss wohl präzisieren, dass in diesem Fall "komplex" im Sinne von "erfordert eine längerfristige Ausbildung" gemeint ist) auch "verantwortungsvoll" genannt.

            ein paar weitere Beispiele:

            die des Architekten oder die des Maurers?

            die der Kardiologin oder die des Krankenpflegers?

            die de Pflegedienstleiters oder die des Reinmachpersonals?

            Die des Richters oder die des Protokollführers bei Gericht?

             

            klar, allesamt gleichwertig in Komplexizität und Verantwortung!

  • 8G
    86548 (Profil gelöscht)

    Warum sollte jemand was tun? Kinder sind keine Wähler und es gibt immer weniger.

    • @86548 (Profil gelöscht):

      Ja, es ist überfällig, das Familienwahlrecht. Parteien streiten ausschließlich um die Wählergunst, nicht für eine gesicherte Zukunft.

    • @86548 (Profil gelöscht):

      Kinder werden heute hauptsächlich als Konsumenten und zukünftige Rentenbeitragszahler gesehen. Daher "brauchen" sie perspektivisch ein gutes Einkommen.

      • 3G
        33523 (Profil gelöscht)
        @Hanne:

        Mannomann so viel fehlgeleitete Retro-Romantik ist kaum zu ertragen!

        Kinder und Menschen im Allgemeinen werden heutzutage "Menschlicher" behandelt als zu jeder anderen Zeit. Früher wurden Menschen als Kanonenfutter, willenlose Untertanen, Altersvorsorge und insgesamt als Nachrangig angesehen. Teilweise aus praktischen Gründen, teilweise aus wirren Ideologien und Unwissenheit heraus. Das Weltbild der Vergangenheit das sie postulieren hat es so nie gegeben.

      • @Hanne:

        Soviel Weitsicht ist vor allem der Politik längst verloren gegangen.