Kinder fragen, die taz antwortet: Kann Glas durch Stimme zerbrechen?
Wir wollen von Kindern wissen, welche Fragen sie beschäftigen. Jede Woche beantworten wir eine. Diese Frage kommt von Silas, 11 Jahre alt.
Wenn man so singen könnte, dass Glas zerbricht, wäre das sicher sehr beeindruckend. Und es kommt noch besser: Unter bestimmten Voraussetzungen ist es möglich!
Wir haben Markus Drescher gefragt, wie es funktioniert. Er ist Professor an der Universität Hamburg und kennt sich mit Tönen gut aus. Er sagt, ein Glas kann zerspringen, weil es eine Frequenz hat. Eine Frequenz kennen wir als Tonhöhe. Jeder Gegenstand besitzt so eine Tonhöhe, die man einfach herausfinden kann, indem man mit dem Finger dagegen schnipst.
Beim Ton abgeben schwingt das Glas. Das sieht man nicht so gut, aber bei einer Gitarre kann man die Schwingung beobachten: Zupft man die Saite, sieht man, wie sie sich bewegt.
Der Trick beim Glas geht so: Man muss mit seiner Stimme genau den Ton treffen, den das Glas macht, wenn man es anschnipst. Dann wird das Glas in starke Schwingungen versetzt. Die Stimme schubst dabei sozusagen das Glas an.
Im richtigen Moment den Schubs geben
Es funktioniert wie beim Schaukeln, erklärt Markus Drescher. Ist dir schon mal aufgefallen, dass man jemanden, der auf einer Schaukel sitzt, im richtigen Moment anschubsen muss? Wenn man im falschen Moment schubst, funktioniert das Schaukeln nicht richtig. Hast du aber den Rhythmus beim Anschubsen gefunden, dann kann die Person gut schaukeln, aber irgendwann geht es nicht weiter, weil sie sonst einen Überschlag machen würde.
Wenn man in der richtigen Tonhöhe singt, dann schubst man damit das Glas an und es schwingt immer stärker – bis es nicht mehr stärker geht und zerbricht. Leider muss man nicht nur den richtigen Ton treffen, sondern auch laut genug singen.
Da hilft wieder der Schaukelvergleich: Schubst man jemanden nur mit seiner Fingerspitze an, bringt das nicht so viel. Um ein Glas zum Zerspringen zu bringen, muss man etwa so laut singen wie ein startender Düsenjet, sagt Markus Drescher. Ausgebildete Opernsängerinnen können das schaffen, für alle anderen wird es schwierig. Drescher hält Videos, in denen Menschen es schaffen, für eine Fälschung und vermutet, dass sie Gläser nehmen, die schon Kratzer haben und leichter kaputtgehen.
Ob man den Ton trifft, kann man übrigens überprüfen, indem man einen Strohhalm oder einen Bleistift ins Glas stellt. Bewegt sich der Gegenstand beim Singen, erreicht man die richtige Tonhöhe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen