Kiffen in den Niederlanden: Gechillte Diskussion
Im niederländischen Breda steht des Kiffers Gründerzeit an: Wenn das Gras im Coffeeshop nicht mehr vom Schwarzmarkt kommt.
Am 1. Januar 2019 könnte es in Breda eine Premiere geben: Wenn es nach Paul Depla geht, dem Bürgermeister, werden die acht Coffeeshops der Stadt in der Provinz Nord-Brabant an diesem Tag das erste legal produzierte Gras der Niederlande verkaufen. Dieses Ziel formulierte Depla, ein Sozialdemokrat, neulich im Lokal- Fernsehen. Vorangehen soll dem historischen Schritt ein Pilot- Projekt: ein Experiment mit staatlich reguliertem Marihuana- Anbau. Und auch dieser soll, unter anderem, in Breda stattfinden.
Anders als im Ausland vielfach gedacht, sind THC-haltige Rauchwaren in den Niederlanden nicht legal, sondern nur geduldet. Und auch das betrifft nur den Konsum und Verkauf in einem Coffeeshop, nicht aber den Anbau – jenseits geringen Eigenbedarfs – und Ankauf durch die Coffeeshops. Ein bemerkenswerter Konstruktionsfehler der 1976 eingeführten “Duldungspolitik“, der seit Jahren als „illegale Hintertür der Coffeeshops“ für Kritik sorgt.
Im Oktober beschloss die neue Regierung in Den Haag, in sechs bis zehn Kommunen fortan Experimente mit reguliertem Anbau durchzuführen. Im Frühjahr soll der gesetzliche Rahmen dafür stehen. Den ganzen Herbst über bringen sich die Kommunen in Stellung: rund 30 sind es schon, die sich als Versuchs- Standort bewerben wollen.Metropolen wie Amsterdam und Rotterdam, aber auch grenznahe Städte, die viel Erfahrung mit internationaler THC- Kundschaft haben, wie Arnheim, Heerlen oder eben Breda.
Letztere hat 900 Jahre Geschichte, gut 180.000 Einwohner und liegt nur wenig mehr als zehn Kilometer von Belgien entfernt. Wie in anderen grenznahen Städten, braucht man zum Besuch der Coffeeshops seit ein paar Jahren einen sogenannten wiet- pas, den nur bekommt, wer im Land gemeldet ist. Damit hat man Zugang zum marktüblichen Sortiment von Haschisch und Marihuana- Sorten. Stärke, Stimmungslage, Effekt und Preis sind die gängigen Auswahlkriterien.
Genau hieran entzündet sich nun die Diskussion in Breda. Denn: sollte man zu den auserwählten Standorten gehören, was wird dann genau angepflanzt in jenem Experiment, das die Regierung „uniform“ nennt? Bürgermeister Depla hat so seine Zweifel an diesem Vorhaben: gerade keine uniformen Versuche wolle man, sondern verschiedene, betonte er vor Kurzem. Womit ihm die Zustimmung von ABC sicher ist, einer lokalen Branchen-Innung namens Actieve Bredase Coffieshops, die seit fast 20 Jahren ihre Stimme hören lassen, wenn es um die lokale Cannabis-Politik geht.
Für mehr Konkurrenz
Rick Brand, Betreiber des Coffeeshops De Baron im Zentrum, ist einer der Sprecher. Als im Oktober die Regierungspläne bekannt wurden, löste das gemischte Gefühle bei ihm aus. Gut: ein Schritt in Richtung Legalisierung. „Kriminalität verhindern und die öffentliche Gesundheit schützen mit besseren Produkten“, sagte er dem Regionalblatt BN De Stem. Gefährlich: ein standardisiertes Staats-Gras. Das kann sich Brand höchstens in einer anfänglichen „Experimenierphase“ vorstellen. „Danach müssen wir schnell zu mehr Produkten übergehen, für mehr Konkurrenz.“
Margriet van der Wal, eine der Sprecherinnen, ist eine der Routiniers der Szene. In den 1980er Jahren begann sie als Studentin in einem Coffeeshop zu arbeiten. Später war sie lange in leitender Funktion bei Het Paradijs. Einheitsware aus einer einzigen Standardquelle, findet sie, spielt gerade dem Schwarzmarkt in die Hände, den man doch eigentlich bekämpfen will: „Wir müssen uns auf die heutige Auswahl richten, die Konsumenten haben, sonst funktioniert es nicht. Darum brauchen wir mehrere verschiedene Experimente.“
In den übrigen Kommunen sieht man das genauso. Entsprechend variiert sind die Modelle, die man dort anstrebt. In Rotterdam und Amsterdam werden „Cannabis Social Clubs“ geplant, die für ihre Mitglieder züchten wollen. In Arnheim setzt man unter dem Namen „Cannabis Valley“ auf Innovation und Forschung. In der Provinz Limburg wird darüber nachgedacht, dass ein einziger Betrieb sämtliche Coffeeshops beliefert. Auch Bürgermeister Depla kann sich mit diesem Modell anfreunden. „Er darf nur Coffeeshops beliefern, und sie dürfen nur dort einkaufen. So wissen die Konsumenten genau, was sie bekommen.“
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