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Keine Feuerpause im NahostkonfliktEine Geisel als Faustpfand

Palästinenser greifen israelische Soldaten an und entführen einen von ihnen. Für Israels Armee wiederholt sich ein Trauma. Die Hoffnung auf Waffenruhe ist dahin.

Israel beschoss am Freitag Ziele im Gaza-Streifen, 50 Palästinenser sollen getötet worden sein. Bild: reuters

JERUSALEM taz | Drei Tage sollten die Waffen schweigen. Doch die von Israel und der Hamas vereinbarte Pause hielt gerade mal zwei Stunden. Gegen 9 Uhr am Freitagmorgen schlich sich eine Gruppe militanter Palästinenser durch einen geheimen Tunnel im südlichen Gazastreifen nach Israel und überraschte dort eine Gruppe von Soldaten. Einer der Angreifer soll sich selbst in die Luft gesprengt haben, bevor es dem Kommando gelang, den 23-jährigen israelischen Soldaten Hadar Goldin in den Gazastreifen zu verschleppen. Mehrere Soldaten sollen bei dem Überfall zu Tode gekommen sein. Bei anschließenden Gefechten in Rafah an der Grenze zu Ägypten starben mindestens 50 Palästinenser im Artilleriebeschuss.

Erst in der Nacht zu Freitag hatten Israel und die Hamas auf Druck des Weißen Hauses und der Vereinten Nationen einem humanitären Waffenstillstand zugestimmt. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas verglich die Lage im Gazastreifen zuvor mit einer „humanitären Katastrophe“. Die UN sagte dringende Hilfsmittel für die Menschen zu.

Für das schnelle Ende der Feuerpause machten sich Israel und Hamas gegenseitig verantwortlich. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu erklärte in einem Telefonat mit US-Außenminister John Kerry, dass „Israel alles Notwendige gegen die unternehmen wird, die zu seiner Zerstörung aufrufen und Terrorakte gegen seine Bürger verüben“.

Die Entführung eines Soldaten ist das „Worst-Case-Scenario“ für die israelische Armee. Genau wie vor acht Jahren, als der Soldat Gilad Schalit von Hamas-Aktivisten gefangen genommen wurde, kamen die Angreifer durch einen Tunnel, töteten mehrere Soldaten und entführten einen. Schalit kam erst 2011 nach fünfjähriger Geiselhaft auf freien Fuß – im Gegenzug für die Amnestie von über eintausend palästinensischen Häftlingen.

Für Israels Sicherheitsapparat bedeutet die Entführung zudem eine peinliche Schlappe. Seit knapp vier Wochen versuchen Zigtausende Soldaten, die geheimen Tunnel zwischen dem Gazastreifen und Israel ausfindig zu machen und zu zerstören. Die Armee wusste von Plänen der Hamas, Soldaten in ihre Gewalt zu bekommen. Die Truppen waren zu besonderer Aufmerksamkeit angehalten.

Hamas stärkt Verhandlungsposition

Mussa Abu Marsuk, die Nummer zwei im Politbüro der Hamas, bestätigte am Mittag, dass die Bewegung einen israelischen Offizier in ihrer Gewalt habe, stritt jedoch ab, die zuvor vereinbarte Waffenruhe gebrochen zu haben. Die Operation habe „noch vor Beginn der Waffenruhe“ stattgefunden. Die Hamas sei unverändert bereit zu einer Feuerpause und Verhandlungen über eine längerfristige Waffenstillstandsregelung. Über die Bedingungen eines eventuellen Gefangenenaustauschs müsse indes separat verhandelt werden.

Die ägyptische Regierung hatte Israel sowie Delegationen der Hamas und der Fatah schon nach Kairo geladen, allerdings hatten palästinensische Vertreter um eine Vertagung gebeten. Die Hamas stärkt mit ihrem israelischen Gefangenen und dem überraschenden militärischen Erfolg ihre Ausgangsposition für Verhandlungen. Bei bisherigen Vermittlungsversuchen seitens der Ägypter und auch durch US-Außenminister John Kerry war die Hamas zum Nebenspieler degradiert worden. Ägypten hielt es anfangs noch nicht einmal für nötig, die Hamas über einen ersten Waffenstillstandsentwurf zu informieren.

Der frühere israelische nationale Sicherheitsberater Giora Eiland hält es für ausgeschlossen, dass sich Israel zu Waffenstillstandsverhandlungen bereit erklären wird, solange Goldin als Geisel gehalten wird. Mit sporadischem Raketenbeschuss während der Feuerpause hätte sich Israel arrangieren können, nicht aber „mit der Entführung eines Soldaten“, meinte Eiland gestern im israelischen Hörfunk.

Im Westjordanland demonstrierten am Freitag Tausende Palästinenser in mehreren Städten gegen die israelische Besatzung. Am Kalandia-Übergang zwischen Ramallah und Jerusalem kam es zu Steinwürfen und Tränengas. Hamas-Sprecher Fausi Barhoum hatte am Vorabend die Palästinenser im Westjordanland zum bewaffneten Kampf aufgerufen. „Jeder, der ein Messer hat“, solle die Soldaten angreifen, „jeder, der ein Auto hat, einen Zionisten überfahren“.

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25 Kommentare

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  • Suuuper auf den Punkt gebracht!

  • seit der ersten intifada gibt es bei den militärs beider seiten eine inoffizielle rechnung: die militanten israels sehen eine "quote" von 1 : 30 als erfolg an, die hamas & co. versucht, diese quote zu unterschreiten.

     

    zur erläuterung: 1 toter israeli soll mindestens 30 tote palästinenser "kosten". verletzte/ verwundete zählen weniger, hier dürfte die "quote" bei eher 1 : 100 liegen.

    soviel zur "militärischen" kalkulation.

  • »[...] den 23-jährigen israelischen Soldaten Hadar Goldin [...] -> rauscht es nicht nur in der TAZ, sondern im kompletten dt. Blätterwald.

     

    Psychologisch ganz schön manipulativ, dieses gebetsmühlenartige Wiederholen von Name und Alter denn:

     

    Ein Toter ist eine Katastrophe.

    Tausend Tote Statistik.

    1500 tote Zivilisten in Gaza dann wohl nur noch eine Unschärfe.

  • 2G
    2422 (Profil gelöscht)

    Warum steht hier als Thema SOLDATENMORD? Soll der Leser vielleicht daran erinnert werden, wie edel, tapfer und mutig die IDF in diesem Konflikt handelt? Oder wie schlecht die Bedingungen für Korrespondenten in der aufgeheizten Stimmung in Israel sind, noch einigermassen objektiv zu berichten.

  • Ja sowas?

    Da werden also Soldaten gefangen genommen?

    Es werden also Gefangene gemacht! Die Israelis machen sich diese Mühe garnicht. Da wird gleich umgebracht und dann noch Zivilisten, Frauen, Kinder!

    • @Frank Passau:

      So ein braver Soldat - erinnert verdammt an die 3 verschwundenen Siedlerjungen, deren Fall man der Hamas in die Schuhe schob -

      und b e v o r das aufgeklärt war, war Israel im Krieg "gegen die Hamas"!

      Nun haben sie schon wieder einen

      triftigen "Grund", ihr Militär sprechen zu lassen, und sie werden sicherlich noch VIELE Gründe finden, keinen Stein auf dem anderen zu lassen in Gaza, bis den Gazabewohnern dort die Existenz völlig unmöglich geworden sein wird.

      Unsäglich viele Menschen haben schon ihr Leben verloren. Aber Israel kennt kein Erbarmen und bombt alles, was Infrastruktur ist, nieder, um sein Ziel - diesmal - zu erreichen.

    • @Frank Passau:

      Bei wem wären Sie lieber Kriegsgefangener? Bei den Hamas oder den Israelis?

      • @ben sobel:

        und Sie, von wem wären Sie lieber tot?

        • @christine rölke-sommer:

          Klasse Antwort!

  • Palästinenser im Gaza Kamikaze-Kurs

     

    Ich glaube, dass Palästinenser jetzt entweder oder Kurs sind. Sie werden für ihre Freiheit und Würde ausgelöscht. Sie sterben, weil das Leben, das die Weltgemeinschaft ihnen bietet, einer Konzentrationslager ähnelt.

    • @feuerbohne:

      Berichten mit mir befreundeter Palästinenser (keine Radikal-Islamisten oder Terroristen sondern ehemalige Studienkollegen, kluge Menschen!) zu Folge stimmt das mit dem Konzentrationslagervergleich halbwegs. Etwas treffender wäre vielleicht der Begriff Ghetto.

    • @feuerbohne:

      Sie haben sich der Ideologie der Hamas/Moslembrüderschaft ausgeliefert. Freiheit und Würde haben sie damit an den Haken gehängt, obwohl das gerade die Begriffe waren, mit denen sie geködert wurden. Kismet.

  • Selbstverständlich ist das ein Krieg! Allerdings fällt er nicht unter das Kriegsrecht. Hier kämpft eine reguläre Armee gegen eine Terrorbande die Keine Uniformen trägt, aus dem Hinterhalt agiert und die eigene Bevölkerung gefährdet.

     

    Allerdings ist auch eine reguläre Armee zu Kriegsverbrechen fähig. Die israelische Armee führt das gerade vor, wenn sie UNO Schutzzonen mit Panzerkanonen beschießt und mit Schiffskanonen spielende Kinder absichtlich ermordet.

     

    Die Motive der Palästinenser unterscheiden sich bei den Entführungen auch von den Motiven für eine Gefangennahme in einem Krieg, der unter das Kriegsrecht fällt. Mit der Gefangennahme möglichst vieler gegnerischer Soldaten soll die Kampfkraft des Gegners geschwächt werden. Die Palästinenser entführen israelische Soldaten, um einen Gefangenenaustausch erpressen zu können.

     

    Ich habe ich gewundert wie effektiv das sein kann. Für einen Soldaten der der IDF wurden über 1000 Palästinenser freigelassen, von denen allerdings später wieder ein großer Teil eingesammelt und wieder in's Gefängnis gesteckt wurde.

     

    Ich frage mich ob das Verhältnis 1: 1000 nicht ein stummes Eingeständnis des Rassismus der israelischen Führung ist

    • @Holzschnitt:

      Die Hamas hat doch keine reguläre Armee und die Terrorbande, welche die eigene Bevölkerung gefährdet, trägt doch israelische Uniformen. Ist Ihnen das entgangen?

    • @Holzschnitt:

      Zu Ihrer "Frage" "stummes Eingeständnis des Rassismus":

      Selbstverständlich würde die israelische Führung lieber im Verhältnis 1:1 tauschen. Das sagt einem doch schon der gesunde Menschenverstand. Aber glauben Sie im Ernst de palästinensische Seite wäre bereit 1 gefangenen israelischen Soldat gegen "nur" 1 Palästinenser auszutauschen?

  • Taz ist eine Möchtegern Linke Seite. Ziemlich runtergekommen was man hier so liest. Ich frag mich was aus dieser halb garen, nicht links nicht Mitte nicht rechts Zeitung geschehen soll.

    Entweder fährt man eine klare Schiene oder man schreibt gar nichts, sowas wie hier ist wirklich schwach.

    • @Dante alighieri:

      Ich will Ihnen jetzt nicht vollumfänglich zustimmen, aber die TAZ war früher wirklich um Längen besser als sie es heute ist.

    • @Dante alighieri:

      typisch deutsches Schubladendenken

  • Dies ist ein Krieg. Da sagt man nicht "entführt", sondern "gefangen genommen". Israels gute Soldaten nehmen stets gefangen oder verhaften und die bösen Palestinenser entführen Menschen, was kriminell klingen soll.

     

    Im übrigen schließe ich mich Markus Müller an.

  • Der israelische Soldat wurde gegen 6:00 Ortszeit entführt. D.H 2 Stunden vor der Feuerpause. Bitte Frau Knaul übernehmen Sie die israelische Propaganda nicht 1:1.

    Ausserdem sind die 50 Palästinenser, die heute durch Panzergranaten umgekommen sind, keine Militante sondern Zivilisten.

    bbc.com oder www.aljazeera.com kann ich den Lesern empfehlen.

    • @Markus Müller:

      Und wieso übernehmen Sie die Hamas-Propaganda 1:1 ??

       

      Wissen Sie mehr als Obama und die UNO?

      • @Mal Mel:

        Man kann von der BBC halten was man möchte, aber dass sie ein Hamas-Propaganda-Sprachrohr ist, das darf wohl in das Reich der Träume verwiesen werden.