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Kein Schulbesuch für HeimkinderRiskante Exklusion der Schwächsten

Kaija Kutter
Kommentar von Kaija Kutter

Schleswig-Holstein muss endlich die Schulpflicht für Heimkinder ins Gesetz schreiben. Statt sich vertrösten zu lassen, sollten Grüne darauf bestehen.

Ankunft im Klassenzimmer – manche Heimkinder müssen lange darauf warten Foto: Frank Hammerschmidt/dpa

D ie Grünen versprachen mal wieder mehr, als sie einlösen. Beim Thema Schulpflicht für Heimkinder aus anderen Ländern, bleibt es bei dem umstrittenen „Erlass-Weg“, den CDU-Ministerin Karin Prien schon vor fünf Jahren einschlug. Für diese Kinder gibt es keine Schulpflicht per Gesetz. Sie „können“ in die Schule, wenn nicht „erzieherische Gründe“ dagegen sprechen. Dann heißt es: Erst mal ab in die Heimschule. Und das offenbar für ziemlich lange Zeit.

Die Grünen können ihre Versprechen wieder einmal nicht einhalten

Sicher gibt es gute Modelle für heiminternen Unterricht, etwa für Kinder, die an Schul­phobie leiden und partout nicht in die Schule wollen. Aber die Qualität und die Dauer solcher Maßnahmen muss staatlich beäugt werden. Und dafür wäre eine Schulpflicht – wie die Grünen sie eigentlich wollten – nur hilfreich.

Der Weg, den Schleswig-Holstein geht, ist riskant. Es gilt als „Heimkinder-Importland“ mit einer Häufung von kleinen Heimen in wenigen Kreisen. In solchen Heimen kann es auch zu unguten Situationen kommen – so wie es Familien belastet, wenn Eltern und Kinder rund um die Uhr nur aufeinander hocken. Haben die Kinder die Schule als zweiten Anlaufpunkt und dort Leh­rkräfte und andere Kinder als Ansprechpartner, schützt es sie auch.

Wenn es in einigen Regionen „räumliche Konzentrationen“ von Heimen gibt, weshalb Bildungsministerin Karin Prien im Bildungsausschuss „doch sehr schwierige Situationen“ kommen sah, dann müssen die Schulen dort eben auch mit Ressourcen für Inklusion ausgestattet werden. Es darf keine Exklusion für Kinder von außerhalb geben.

Das Land hat keinen Überblick

Dass es die leider gibt, dafür sprechen die wenigen Daten, die der „Regierungsbericht“ von 2021 hergab. Diese Kinder sind seltener in der Schule und werden häufiger heimintern beschult – wofür praktischerweise die Heimat-Jugendämter der Kinder zahlen. Doch der Bericht zeigt auch: Das Land hat gar keinen Überblick über den Lernort aller Heimkinder.

Karin Prien war, bevor sie Ministerin wurde, in Hamburg nicht als Verfechterin der Inklusion bekannt. Zu den Herausforderungen einer schwarz-grünen Regierung gehört die Bildungs- und Sozialpolitik. Und hier hakt es offenbar. Die Zeit, die die Ministerinnen erbaten, um zu sehen, ob ihr Erlass wirkt und es auch ohne Gesetz geht, läuft im Grunde schon seit 2017, als dieser erstmals in die Welt kam. Wie sozial eine Regierung ist, entscheidet sich daran, wie sie mit den Schwächsten umgeht. Und um genau die geht es hier.

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Kaija Kutter
Redakteurin taz-Hamburg
Jahrgang 1964, seit 1992 Redakteurin der taz am Standort Hamburg für Bildung und Soziales. Schwerpunkte Schulpolitik, Jugendhilfe, Familienpolitik und Alltagsthemen.