piwik no script img

Kein Kauf von FluggerätenRegierung schießt Drohnen ab

Eine Zulassung für den regulären Flugbetrieb scheint wenig aussichtsreich. Deswegen steigt Deutschland aus dem Projekt der Auklärungsdrohne Euro Hawk wieder aus.

Eine Drohne vom Typ Euro Hawk bei der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) 2012. Bild: dpa

BERLIN afp | Deutschland steigt aus dem millionenschweren Projekt der Aufklärungsdrohne Euro Hawk aus. „Wir ziehen die Reißleine“, hieß es am Dienstag aus der Leitungsebene des Bundesverteidigungsministeriums in Berlin. Die Bundeswehr sollte ursprünglichen Planungen zufolge vier eigene unbemannte Drohnen des Typs kaufen.

Hintergrund der nun getroffenen Entscheidung ist, dass die Bundeswehr keine Aussichten sieht, mit vertretbarem Aufwand eine Zulassung für den regulären Flugbetrieb der Drohne in Deutschland zu bekommen. Das Ministerium will den Verteidigungsausschuss des Bundestages am Mittwoch über den Ausstiegsbeschluss informieren. „Besser ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“, hieß es dazu aus Ministeriumskreisen.

Bislang wurden demnach rund 562 Millionen Euro in das Projekt investiert. 508 Millionen Euro davon flossen in die Beschaffung eines Demonstrations-Fluggeräts des US-Herstellers Northrop Grumman und die zugehörige Aufklärungstechnik des europäischen EADS-Konzern. 54 Millionen Euro wurden für Industrieleistungen wie zum Beispiel Flugtests gezahlt.

Für die Stornierung der geplanten Beschaffung von vier voll ausgerüsteten Drohnen fallen dagegen den Angaben zufolge keine Kosten an, da diese vertraglich vom erfolgreichen Verlauf der Erprobung des unbemannten Fluggeräts abhängig gemacht worden sei. Dazu zähle auch die Zulassung für Flüge im deutschen und europäischen Luftraum.

Diese ist deswegen problematisch, weil der US-Hersteller sicherheitsrelevante Konstruktionspläne der Drohne nicht zur Verfügung stellt. Zudem fehlt nach einen Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom Dienstag ein vorgeschriebenes Gerät zum automatischen Ausweichen bei Kollisionsgefahr.

Zwar wäre es laut Verteidigungsministerium grundsätzlich wahrscheinlich möglich, die Drohne so umzubauen und nachzurüsten, dass sie zulassungstauglich wäre. Dies würde demnach aber etwa 600 Millionen Euro zusätzlich kosten, was bei einem Stückpreis von rund 500 Millionen Euro nicht sinnvoll sei. „Wir haben keine Hoffnung, dass wir das Aufklärungsflugzeug zu einem geregelten Flugbetrieb in Deutschland bekommen können“, hieß es daher.

„Gut investiert“

Erfolgreich verliefen dagegen laut Ministerium die Tests der Aufklärungselektronik. Diese solle daher voraussichtlich trotzdem beschafft werden, um sie in Verbindung mit anderen Geräten einzusetzen. Dies könnten vorerst bemannte Flugzeuge sein.

„Es gibt verschiedene Optionen“, hieß es. Das für die Sensoren bereits ausgegebene Geld sei insofern „gut investiert“. Unklar ist, was der Fehlschlag für weitere Drohnen-Pläne der Bundeswehr bedeutet, da die gleichen Zulassungsprobleme auch bei der Beschaffung zum Beispiel von US-Kampfdrohnen auftreten dürften.

Der Bundestag hatte nach Angaben des SPD-Verteidigungsexperten Rainer Arnold Staatssekretär Stéphane Beemelmans aufgefordert, dem Verteidigungsausschuss über den Stand des Projekts und dabei aufgetretene Probleme zu berichten. Dem kam das Ministerium nun mit dem Ausstiegsbeschluss zuvor.

Arnold sagte der FAZ, die SPD habe dem Ministerium vorab Fragen übermittelt, die aber nicht zufriedenstellend beantwortet worden seien. Dabei ging es darum, warum das Vorhaben nicht schon früher gestoppt wurde, obwohl Zulassungsprobleme und weitere Schwierigkeiten lange bekannt waren.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

6 Kommentare

 / 
  • E
    Einspruch

    Korrektur zu meinem Kommentar v. 15. Mai 2013:

     

    "Kinkel war dagegen wirklich harmlos und kein verbissener Militärstratege."

     

    Ich meinte nicht Klaus Kinkel.

    Ich meinte Volker R ü h e als Bundesverteidigungsminister von 1992 bis 1998, der nach meiner Beobachtung .....

     

     

     

    Nach der vollendeten Machtübernahme von Helmut Kohl ab 1983 habe ich mir als durchschnittliche Bürgerin erlaubt, spöttisch an a l l e Bundesverteidigungsminister bis eben einschließlich Volker Rühe zu schreiben und anzuregen, sie mögen doch, bitteschön, mal selber zu den Bundeswehrsoldaten in die brisanten, heißen Kriegseinsatzgebiete reisen und mal selber wie die Bundeswehrsoldaten das Risiko eingehen, als "Zinksarg" nach Hause zurückzukehren!

  • AJ
    Andreas J

    Super, Drohnen sind scheiße. Aber 500 millionen € in den Wind geschossen.

  • G
    gerd.

    Da scheitert die Revolution einmal wieder am Rasenbetretenverbot. Irgendwie aber auch sympathisch.

  • E
    Einspruch

    Dem fragwürdigen Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière, vormals fragwürdiger Bundesinnenminister, ist in keinster Weise zu glauben und zu vertrauen, sondern in höchstem Maße zu mißtrauen!!! - Kinkel war dagegen wirklich harmlos und kein verbissener Militärstratege.

     

    Militärs, zu denen ohne Zweifel dieser euphorische Minister gehört, werden niemals auf eine neu entwickelte und schon lange erprobte Waffen- und Kriegstechnologie verzichten. Militärs und Militärstrategen sind so. Das gehört zu ihrer Ausbildung mit praktizierter Erfahrung. Dieser Minister ist ein Militärstratege! Ohne Wenn und Aber!

     

    Er hat viele Träume und zahlreiche Wünsche: die Verzahnung von Innenpolitik und Verteidigungspolitik.

     

    Siehe Interview mit ihm im "Spiegel" vom 20. Dezember 2011! Bitte auch zwischen den Zeilen lesen.

     

     

    Nichts mit angeblichem Ausstieg. Das ist eine Mär und gezielte Irreführung des Parlaments, aller gesellschaftskritischen Abgeordneten und der Öffentlichkeit. Die vielseitigen "Dinger" werden einfach umdeklariert und getarnt, erfüllen klammheimlich den gewünschten Zweck, kommen dennoch zum Einsatz sowohl innenpolitisch als auch verteidigungspolitisch sowie NATO-politisch.

    Siehe relativ noch harmlos anmutende Beispiele bzw. "Erprobungen" bei Castor-Transporten, Demonstrationen, Arbeitskämpfen etc. etc. etc.

  • A
    Arne

    Ist das ein Zeichen dafür, dass ein Kauf von US-Kampfdrohnen wahrscheinlicher wird?

  • R
    reblek

    "Deswegen steigt Deutschland aus dem Projekt der Auklärungsdrohne Euro Hawk wieder aus." - Au, eine Klärungsdrohne!