Kaum Auflagen für Nazi-Demo: Rechtsrock in Friedrichshain
Bei der Neonazi-Demo am Samstag wird der Sänger von „Kategorie C“ auftreten. Die Polizei rechnet nicht mit Problemen.
Ursprünglich wollten die Neonazis, die sich am Ostkreuz sammeln wollen, die komplette Rigaer Straße entlanglaufen. Nun müssen sie sich aber auf den westlichen Teil der Straße beschränken und dürfen nicht die ehemals besetzten Häuser passieren. Bei der ersten Auflage der Demo, die durch eine Blockade gestoppt wurde, hatte die Polizei eine Route durch die Rigaer Straße noch gänzlich untersagt.
Kein Problem hat die Polizei mit einem geplanten Rechtsrockkonzert am Startpunkt der Demo. Sentürk hat einen Auftritt von „Kategorie C“ angekündigt. Die Bremer Band um ihren Sänger Hannes Ostdorf gilt als eine der bekanntesten Gruppen des gewaltaffinen, rechtsextremen Spektrums. Auch Ostendorf selbst hat den Auftritt beworben.„Kategorie C“ ist für seine Songs mit Fußball- und Gewaltbezug bekannt, veröffentlichte zuletzt aber Alben mit Liedern, die ihren Ursprung in völkisch-nationalistischen Kreisen haben.
Noch expliziter ist Ostendorf mit seiner zweiten Band „Nahkampf“ unterwegs, die dem verbotenen Neonazi-Netzwerk Blood & Honour nahesteht. Zudem tritt er solo als Liedermacher „Hannes“ auf, bewirbt dies aber ebenfalls unter dem Label „Kategorie C“, um eine höhere Werbewirkung zu erzielen: Ganz im Sinne von Demo-Anmelder Sentürk.
Polizei sieht kooperative Neonazis
Die Polizei bestätigte auf Anfrage der taz, dass das Konzert stattfinden werde – ohne beschränkende Auflagen. Solche seien an „sehr hohe versammlungsrechtliche Bedingungen geknüpft“. Demnach soll es „zwei Musikbeiträge“ des Sängers geben. Als Bestandteil einer Versammlung seien diese „nicht genehmigungspflichtig“. Beschränkungen, also ein Verbot, seien „erst bei Vorliegen von unmittelbaren Gefahren für die öffentliche Sicherheit“ möglich.
Mit „strafrechtlich relevanten Äußerungen oder Handlungen“ rechnet die Versammlungsbehörde nicht. Sentürk habe sich in den Kooperationsgesprächen „kooperativ“ gezeigt und angegeben, „an einem friedlichen und geordneten Verlauf seiner Versammlung interessiert zu sein“.
Andere Behörden haben da so ihre Zweifel. So stuft der Bremer Verfassungsschutz die Band seit 2010 als „gewaltbereite Rechtsextremisten“ ein, bezeichnet sie als „Bindeglied der Hooligan- und der rechtsextremistischen Szene“. Die Berliner Polizei hat diese Einschätzung übernommen – ohne Konsequenzen zu ziehen.
Verbote sind üblich
Konzerte der Band werden immer wieder verboten, zuletzt am vergangenen Wochenende in Sachsen-Anhalt, als die Polizei 140 angereiste Rechtsextreme wieder nach Hause schickte. Verbote stützen sich dabei zumeist auf eine Entscheidung des Bremer Oberverwaltungsgerichts von 2011, wie Lukas Theune, Geschäftsführer des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins, der taz sagte. Das Gericht hatte argumentiert, dass mit Straftaten von Konzertbesucher:innen gerechnet werden müsse, etwa Hitler-Grüßen oder NS-Verharmlosung. Ein Verbot diene der „Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit“.
Auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg stützte sich 2013 auf dieses Urteil, als es ein Konzertverbot in Frankfurt bestätigte. Theune sagt: „Dem Rechtsradikalen Sentürk und der Band ‚Kategorie C‘ den roten Teppich auszurollen, müsste nicht sein.“
Beschränkungen von Demos sind in Berlin durch Paragraf 14 des Versammlungsfreiheitsgesetzes geregelt. Sie können bei der Gefahr erlassen werden, dass der öffentliche Frieden gestört wird, etwa durch rassistische Zuschreibungen, Aufstachelung zum Hass oder wenn die Menschenwürde angegriffen wird.
Nun wird es erneut die Zivilgesellschaft sein, die sich dem Spuk entgegenstellen wird. Acht Gegenveranstaltungen sind angemeldet; auch Blockaden sind geplant. Zudem gibt es den Aufruf, aus den Fenstern entlang der Route bunte Tücher zu hängen, damit die Nazis nicht die Bilder kreieren können, die sie gerne hätten, wie es heißt.
Inzwischen wurde ein weiterer rechter Aufzug für den Samstag angekündigt. In sozialen Medien zirkulieren bunte, wenig professionelle Sharepics, die zu einem „Protestmarsch“ aufrufen. Mobilisiert wird etwa durch den rechten Coroona-Verschwörer Michael Bründel, bekannt auch als „Captain Future“. Gefordert werden „flächendeckende Grenzkontrollen“ und „Wahrung der Meinungsfreiheit“. Die Demonstration soll vom Neptunbrunnen bis zum Potsdamer Platz und wieder zurück führen. Die Omas gegen Rechts haben ab dem Nachmittag am Holocaust-Mahnmal eine Gegen-Kundgebung angemeldet.
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