Katholiken uneinig: Bischöfe kritisieren TTIP-Gegner
Die Bischofskonferenz hält das Freihandelsabkommen unter bestimmten Bedingungen für positiv. Im Gegensatz zu anderen katholischen Organisationen.
BERLIN taz | Die katholische Deutsche Bischofskonferenz steht dem umstrittenen Freihandelsabkommen TTIP zwischen der EU und den USA grundsätzlich positiv gegenüber, formuliert dafür aber konkrete Bedingungen. „Gut konzipiert könnte TTIP Bestandteil einer Global Governance werden“, sagte Bischof Franz-Josef Oberbeck als Vorsitzender der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Bischofskonferenz am Mittwoch in Berlin. „Es geht nicht um ein einfaches Ja oder Nein, sondern darum, wie es gestaltet sein muss.“
Um eine Haltung zu TTIP zu finden, hatte die Bischofskonferenz einen Expertenkreis eingesetzt; mitgearbeitet haben unter anderem der Mainzer Sozialethiker Gerhard Kruip und der Ökonom Gabriel Felbermayr vom Münchener ifo Institut; dieser gilt als klarer Befürworter des Freihandelsabkommens und hatte die deutsche Debatte darüber in der Vergangenheit als „hysterisch“ bezeichnet.
Dieses Gremium legte nun ein Positionspapier vor (hier als pdf). Es fordert, bei den Verhandlungen „größtmögliche Transparenz“ zu gewährleisten, Schutzstandards zu erhalten sowie etwa Wohlfahrtspflege und Bildung aus TTIP auszunehmen. Zudem müsse das Abkommen für Drittländer geöffnet, Verlierer der Marktöffnung entschädigt und Schiedsgerichte für Investoren nur mit einer Revisionsinstanz zugelassen werden. Der Vertrag sei regelmäßig zu reformieren. Sofern diese Bedingungen eingehalten würden, sei TTIP „zu begrüßen“.
Damit stellen sich die Bischöfe gegen katholische Organisationen wie Pax Christi oder die Katholische Arbeitnehmerbewegung (KAB). Diese haben mit aufgerufen zur großen Stop-TTIP-Demonstration am 10. Oktober, an der sich rund 200.000 Menschen beteiligten. KAB-Präses Johannes Stein hatte dort in einer Rede noch erklärt, die geplanten Freihandelsabkommen führten zur „Zementierung der Macht der Wirtschaftsbosse“ und zum Ausschluss der Völker des Südens. Seine Schlussfolgerung war klar: „TTIP muss gestoppt werden.“
„Weder Dämonisierung noch naiver Optimismus werden der Sache gerecht“
Zu so eindeutiger Kritik gehen die Bischöfe auf Distanz. Der Verhandlungsprozess zum Freihandelsabkommen werde von einer „zuweilen sehr aufgeregten Debatte“ begleitet, schreiben Overbeck und der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, im Vorwort zur TTIP-Stellungnahme. Der Protestbewegung halten sie entgegen, dass die „Verhandlungen noch keineswegs abgeschlossen“ seien; darum solle man „vorsichtig mit abschließenden Urteilen sein“. Auch der Sozialethiker Kruip erklärte: „Weder Dämonisierung noch naiver Optimismus werden der Sache gerecht.“
Leser*innenkommentare
arnsloth
Das war zu erwarten. Die Vermögensverwalter der Kirche werden keine Gutachter beauftragen, die langfristig das Geschäft schädigen. Man will schließlich für langfristige Hilfe auch Geld haben. So die verlogende Logik.
Georg Schmidt
sonst keine anderen Sorgen http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-11/missbrauch-kirche-papst-opfer/seite-2
Karl Kraus
Gabriel Felbermayr vom Münchener ifo Institut gilt als klarer Befürworter des Freihandelsabkommens und hatte die deutsche Debatte darüber in der Vergangenheit als „hysterisch“ bezeichnet. Gutt. Jetzt frag ich mich, in welche Dokumente er reinschauen durfte, die das als unbedenklich erweisen, was bisher kritisiert wird.
Sehr lustig: Die Bischofskonferenz schlägt da etwas vor, das erstens nicht TTIP ist und zweitens so gewiss niemals auch nur ansatzweise verhandelt werden würde. Das ist, als hätte man nichts gegen Rechtsextremismus, solange er vernünftig, inklusiv, menschenfreundlich und weltoffen ist.
Achso: Zu "Iiiiiiiiiifooooooooo" muss man ja wohl nichts mehr sagen.
Gabriel Renoir
Bei TTIP geht es um Standards und damit um die entwickelte Welt gegen China. Wie da die Standards aussehen sieht man an der Luft über den Großstädten.
Lowandorder
En passant -
Auch schön - Sie Sie Ihrs mal wieder so
Ritter du Sport - quadratisch-praktisch
Knackig - öh entwickeln.
AltNazi Silberlocke Kiesinger -
"Ich sage nur - Kina Kina Kina!" ->
Noch was knapper.
Gabriel Renoir
A rose is a rose is a rose
und bei TTip geht's um Standards,
um Standards, um Standards
hüstel, jetzt hab ich wieder diesen Smog aus Peking in der Lunge
Lowandorder
Schön - wenn jetzt auch die
Amtlichen Katolen über Angelegenheiten tiefsinnig
Sprechen&Meinen -
Die sie bekanntlich gar nicht kennen.
Aber gemach -
Darin haben die
Vertreter auf Erden der
Alleinseeligmachenden ja glatt
Jahrtausendlange Erfahrung - &
Siggi Plopp wird natürlich
Auch sie gemeint - ja gar -
Umschloßen haben.
kurz - "Seelig sind die -
Die da geistig arm sind -
Denn das Himmelreich ist ihrer." - &
"Jan Hinnerk waant jümmers op de LammerLammerstraat -
Hei kenn maaken wat hei wull."
Eben.
Age Krüger
"..sowie etwa Wohlfahrtspflege und Bildung aus TTIP auszunehmen."
Egoistischer geht es ja wohl nicht. In den beiden Punkten macht die kath.Kirche ihre Gewinne und setzt ihre Macht hemmungslos gegenüber Mitarbeitern ein. Gerade da fehlt massig Konkurenz.
Naja, da könnte wohl jeder sagen:"Macht mal TTIP, solange alle Bereiche, die mich betreffen, ausgeklammert werden."
Urmel
Wie wäre dieses Urteil wohl ausgefallen, wenn durch TTIP die Existenz der Kirchensteuer in Frage gestellt worden wäre?
Ulrich Frank
@Urmel Oder die gewaltigen Vermögen der katholischen Kirche in Frage oder aufs Spielfeld gestellt worden wären? Oder absolute Transparenz für kirchliche Transaktionen gefordet worden wäre? Mit steuerfinanzierten 10.000 EUR-Monatsgehältern läßt es sich gut schwadronieren!
Lilly Maier
Der „Chef“ der ganzen Truppe, Jorge Bergoglio, sagte erst vor Kurzem: „Wenn die Politik wirklich den Menschen dienen soll, darf sie nicht Sklave der Wirtschaft und Finanzwelt sein.“ (24.9.2015 in seiner Rede vor dem US-Kongress). Da haben die Herren der DBK wohl nicht so genau zugehört. Und lesen können sie evtl. auch nicht so gut: „Das Wirtschaftssystem dieser Welt ist nicht gut. Der Mensch muss im Zentrum des wirtschaftlichen Systems stehen. […] Wir haben aber das Geld, den Gott Geld, ins Zentrum gerückt. Wir sind der Sünde der Abgötterei verfallen.“ (Franziskus gegenüber der spanischen Zeitung „La Vanguardia“ 15.6.2014) Sagen wir mal so: An der gemeinsamen Kommunikation kann man noch arbeiten…
lions
Im gesamten dritten Absatz des Artikels haben Hochwürden klar gemacht, dass TTIP in der Absicht hinfällig ist. Insbesondere:
"Zudem müsse das Abkommen für Drittländer geöffnet, Verlierer der Marktöffnung entschädigt... "
Die Freihandelszone ist in ihrem Charakter immer Benachteiligung anderer Märkte. Wollte man deren Schaden ausgleichen, ist ein Freihandelsabkommen absurd. Wie naiv !
Georg Lydda
Vielleicht ist das „Ja-Aber“ das Entscheidende.
Als Katholiken haben diese Bischöfe zudem die Möglichkeit, in der Beichte und im Gebet Fehler einzuräumen, so etwa mit den Worten: „Herr vergib mir, aber ich habe nicht genügend nachgedacht.“
Es mag aber sein, dass sie den (christdemokratischen) TTIP-Befürwortern eine Brücke bauen wollten, die so Bereitschaft zu grundlegenden Verbesserungen finden können sollen.
Transparenz kann man dabei von den Bischöfen jedoch nicht fordern, denn auch hier gilt das Beichtgeheimnis, falls sich zuvor ihre Schäfchen, die mittlerweile unter Gewissensbissen leiden, bei ihnen anvertraut und ihrerseits um Vergebung gebeten hatten.
lions
@Georg Lydda Da die Bischöfe damit alle Pralinen aus der TIPP- Schachtel nehmen würden, schwant mir, die trauten sich nicht Nein zu sagen, und haben´s halt so gemacht. Das wäre allerdings clever.
Georg Lydda
@lions Nun, dies nennt man Seelsorge.
LastHope
Schade, dass man nicht mehrmals aus der Kirche austreten kann. Das wäre so ein Moment.
willie
Die Kirche hat sich schon immer an das angepasst was Geld bring.
Zitat aus der Bibel:" Liebe zum Geld führt zum übel".Es ist immer wieder erheiternd wie die Kirche sie daraus redet .