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Katastrophenhilfe im BürgerkriegslandSeltene Erfolge der Retter in Myanmar

Das schwere Erdbeben forderte viele Opfer unter Muslimen, als ihre Moscheen beim Freitagsgebet einstürzten. Deren Renovierung war seit Jahren untersagt.

Bergungsarbeiten in der Millionenstadt Mandalay in Myanmar am 31. März Foto: Athit Perawongmetha/reuters

BERLIN taz | Im am Freitag schwer von einem Erdbeben getroffenen Myanmar sind die Opferzahlen inzwischen erwartungsgemäß weiter angestiegen und dürften noch weiter steigen. Am Montag sprach die Militärjunta von 2.056 Toten, 3.900 Verletzten worden und noch über 270 Vermissten. Es wurde eine einwöchige Staatstrauer angeordnet.

Immer deutlicher wird das Ausmaß der Katastrophe im Zentrum des südostasiatischen Landes um die Millionenstadt Mandalay. Zugleich sinken die Chancen, dort noch Überlebende zu finden. Am Montag konnten in der Stadt aber noch vier Personen, darunter ein fünfjähriges Kind und eine Schwangere, von chinesischen Rettungsteams lebend aus Trümmern geborgen werden. Hingegen ist eine andere Schwangere, der zu ihrer Rettung am Vortag das eingeklemmte Bein amputiert werden musste, inzwischen an zu hohem Blutverlust gestorben.

Da sich das Erdbeben der Stärke 7,7 während des Freitagsgebets in der Endphase des Ramadan ereignete, zählen viele Muslime zu den Opfern, die gerade in den dann einstürzenden Moscheen gebetet hatten. Die Zahl der getöteten Muslime wird auf 700 geschätzt, berichtete das Exilmedium Irrawaddy am Montag. Ob sie in den offiziellen Opferzahlen enthalten sind, ist unklar.

Muslime werden im mehrheitlich buddhistischen Myanmar oft diskriminiert. Insgesamt seien 60 Moscheen eingestürzt, sagte Kyw Win von der Menschenrechtsorganisation Burma Human Rights Newtork der dpa. Seit Jahren sei es nicht erlaubt gewesen, baufällige Moscheen zu renovieren. Entsprechende Anträge seien von den Behörden immer wieder abgelehnt worden.

Einseitige Schadensbilanz der Junta

Nach Angaben der Junta seien 1.591 Häuser, 670 Klöster, 60 Schulen, drei Brücken und mindestens 290 Pagoden beschädigt worden, berichtete Irrwaddy. Angaben zu Moscheen und Kirchen machte die Militärregierung demnach nicht.

Juntachef Min Aung Hlaing hatte kurz nach dem Beben das Ausland zu schneller Hilfe aufgefordert, ein für das Militärregime sehr ungewöhnlicher Schritt. Doch inzwischen wurde deutlich, dass nicht alle Hilfe willkommen ist. So sei das Hilfsangebot der Feuerwehr Taiwans abgelehnt worden, berichtete die Taipei Times, weil es angeblich bereits genügend Hilfsangebote gäbe. In Taiwan wird jedoch vermutet, dass dies aus Rücksicht auf China geschah. Myanmars Junta ist auf diplomatische Rückendeckung Pekings wie auf enge Wirtschaftsbeziehungen zur Volksrepublik angewiesen, die Taiwan als ihr Territorium beansprucht.

Der Sprecher der Junta, General Zaw Min Htun, erklärte Sonntagabend, ausländischen Journalisten sei der Zugang zum Katastrophengebiet untersagt. Der Grund seien Versorgungsproblemen. Seit dem Militärputsch am 1. Februar 2021 bekommen ausländische Korrespondenten für Myanmar ohnehin kaum noch Visa. Die Junta fürchtet eine unabhängige Berichterstattung.

Derweil bombardiert und beschießt das Militärregime mutmaßliche Hochburgen des Widerstands weiter. Die Gegenregierung im Untergrund (NUG) hatte hingegen ab Sonntag einen zweiwöchigen Waffenstillstand für die Truppen unter ihrer Kontrolle verkündet, sofern diese nicht angegriffen würden.

Laut einer Übersicht des Exilmediums Democratic Voice of Burma (DVB) starben bei bisher 20 Angriffen des Militärs seit dem Erdbeben mit Flugzeugen, Drohnen, Gleitfliegern und Artillerie zwölf Personen. Das Militär ging auf Forderungen nach einer Feuerpause bisher nicht ein. Viele fürchten auch, dass die Junta mit ausländischer Hilfe ihre Position stärken will und keine Hilfe zu den Rebellenhochburgen durchlassen wird.

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