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Karriere von FrauenWer aufsteigen will, sollte aussteigen

Eine Soziologin rät Frauen, die auf der Karriereleiter nicht vorankommen, zur Kündigung. So könnten sie Frust verhindern.

Junge Frauen sollten ihre Karriere genau planen und forcieren, rät Soziologin Christiane Funken. Bild: dpa

BERLIN taz | Christiane Funken sagt es geradeheraus: „Wer nicht weiterkommt, muss das Unternehmen wechseln.“ Diese Aufforderung richtet die Soziologin direkt an Frauen, die an die viel beschworene gläserne Decke stoßen, also trotz beachtlicher Karriere nicht in die oberste Führungsebene aufsteigen.

Die Geschlechterforscherin an der Technischen Universität Berlin sieht sich zwar nicht in der Rolle einer Ratgeberin. Aber aus ihren Untersuchungen weiß sie, dass Frauen mit Ausweichmanövern mitunter jenem Frust entkommen können, den die Wissenschaftlerin bei vielen Topmanagerinnen ausgemacht hat.

Meist sind die Frauen zwischen 40 und 50, wenn sie auf der Karriereleiter stecken bleiben – trotz bester Qualifikation, Motivation und Können. Viele von ihnen geraten dann in eine „krisenhafte Reflexionsphase“, wie Christiane Funken es ausdrückt. Ihnen drängt sich der Eindruck auf, dass sich der Einsatz nicht mehr auszahle.

Frauen gehen mit dieser Aufstiegskrise ganz unterschiedlich um. Christiane Funken hat in einer Untersuchung für das Frauenministerium drei Typen ausgemacht: die Kämpferin, die Resigniererin und die Aussteigerin.

Die Kämpferinnen, deren Anteil bei etwa 40 Prozent liegt, fühlen sich gleichermaßen gekränkt und herausgefordert, wenn sie an die gläserne Decke stoßen – und sagen im Unternehmen laut und häufig, dass sie ihre Position gerne ändern würden. Davon sind wiederum KollegInnen und ChefInnen genervt.

Ähnlich ergeht es den Resigniererinnen. Sie machen rund 30 Prozent aus und leben mit dem Widerspruch, dass viel von ihnen verlangt wird, sie aber dennoch nur in der zweiten Liga spielen dürfen. Privat haben sie häufig einen Rollentausch vorgenommen, das heißt, sie sind die Familienernährerinnen. Daher sehen sie sich gezwungen, im Unternehmen zu bleiben. Kommen sie dort nicht weiter, gehen Frauen diesen Typus in die innere Emigration.

Anders hingegen verhalten sich die Aussteigerinnen. Sie betreiben aktiv ihr Ausscheiden aus dem Unternehmen und setzen als Selbstständige das durch, was ihnen als Festangestellte nicht gelungen ist. Manche von ihnen gehen in die Politik.

Funken rät daher: Junge Frauen sollten sich von vornherein genau anschauen, ob das Unternehmen, in dem sie arbeiten wollen, auf Gleichstellung setzt. Darüber hinaus kämen sie nicht umhin, ihre Karriere genau zu planen und zu forcieren.

Ebenso sollten sie ihre „Visibility“, ihre Sichtbarkeit, herausstellen. „Frauen müssen ihre Leistungen besser und gezielter verkaufen“, rät Funken. Viele Frauen glaubten nämlich noch immer, dass der Chef schon bemerken werde, wie großartig sie seien. „Und das ist ein Irrtum.“

Soziologin Funken macht sich und ihren Geschlechtsgenossinnen keine Illusionen: „Nach oben strebende Frauen sollten wissen, dass der Weg dorthin kein Kuschelkurs ist.“ 50-Stunden-Wochen, lange Sitzungen, Konkurrenzkämpfe – daran ändert sich nichts. Zumindest nicht, solange Männer mit einem Verständnis von übermäßiger Präsenz und Verfügbarkeit die Unternehmenskultur bestimmen.

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11 Kommentare

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  • FS
    Franz Schandl

    Persönlichkeitsstörungen sind, so sagt der Psychologe Reinhard Haller, „vorzügliche Charaktereigenschaften zum Karrieremachen“. Was er nicht sagt, ist, dass Karriere gerade deswegen eine schwere Störung ist. Ja sogar noch mehr: Nicht nur die Persönlichkeitsstörung ist eine Störung, sondern ebenso die Persönlichkeit selbst. Dem ist so. Diese Aussagen sind übrigens Dekrete, sie lassen keinen Widerspruch zu. Wer dagegen ist, hat sich sowieso für die freiwillige Einlieferung ins Arbeitslager entschieden.

     

    Je gestörter jemand ist, desto größer also die Chancen, desto besser wird er oder zunehmend auch sie die Karriereleiter raufklettern. Wenn man schon sonst nichts hat vom Leben, zu einer Karriere wird’s doch noch reichen. Es ist da ein ständiges Defizit, das uns antreiben soll, man ist sich etwas schuldig. Und den anderen noch mehr. Das Ich ist sich nicht genug, es hat sich als Rolle zu etablieren. Ziele werden gesteckt und Aufgaben gestellt. Fehlt nur noch die Kompetenzbasis und das Netzwerk. Nicht zu sich kommen sollen die Leute, sondern etwas werden, eine Laufbahn einschlagen. Dafür burnen sie – in and out! Die Gewordenen und die Ungewordenen treffen sich im Bekenntnis dieses Werdens. Aber ich red mir’s da leicht, denn aus mir ist ja auch akkurat nichts geworden. Mit 50+ ist es sowieso schon zu spät.

     

    Karriere macht krank, weil sie krank ist. Die scheitern, scheitern und die nicht scheitern, scheitern auch. Wer da gescheiterter dran ist, ist oft schwer zu sagen. Tatsächlich muss nur etwas werden, wer nichts ist. Nichtig das Subjekt, das solche Bestimmungen nötig hat. Wer meint, ein Karriereprofil haben zu müssen, ist entweder ein gefährlicher Irrer oder eine bedrängte Kreatur. Beide Typen tun nicht gut, weder sich noch anderen. Die Alternative, ob jemand ein scharfer Hund ist oder ein armer Hund, ist keine. Kein Hund zu sein, das wäre eine.

  • BP
    Bonjour paresse

    Es gibt andere als die beschriebene Wege.

    "So demütigen Sie Ihren Arbeitgeber"

    "Wer sagt denn, dass ausgerechnet das Büro der Ort sein muss, an dem wir uns, wie es immer heißt: verwirklichen?"

    http://www.sueddeutsche.de/kultur/provokation-aus-frankreich-so-demuetigen-sie-ihren-arbeitgeber-1.420747-5

     

    Siehe Corinne Maier, Die Entdeckung der Faulheit, ähnlich wie die seitliche Arabeske im Peter Prinzip über Hierarchien beschrieben wurde.

    Stellt sich die generelle Frage ob der Drang zur Selbstverwirklichung einzig dem Geld unterstellt ist.

    Nieten in Nadelstreifen zeigt die andere Seite.

  • H
    Horsti

    Männer bestimmen die Unternehmenskultur? Nun, daran könnten Frauen ja was ändern indem sie selbst Unternehmen gründen.

    Oder sind in Wirklichkeit gar nicht die doofen Männer schuld, sondern die Marktzwänge, die genau diese doofe Unternehmenskultur fordern?

  • S
    Sara

    Schon irgendwie komisch, dass es immer nur die Gleichstellungsprobleme von Karrierefrauen sind, die in der taz thematisiert werden. Ich kann über derlei Luxusprobleme nur schmunzeln.

  • W
    willibald

    Zitat: "„Nach oben strebende Frauen sollten wissen, dass der Weg dorthin kein Kuschelkurs ist.“ 50-Stunden-Wochen, lange Sitzungen, Konkurrenzkämpfe – daran ändert sich nichts"

     

    Das ist ja in der Tat mal eine weltbewegende Feststellung.

    Wer allerdings ernsthaft der Meinung ist, dass allen Männern diese Zeitvergeudung Spaß bereitet, sollte sich bei Gelegenheit mal mit Jemandem unterhalten, der _nicht_ zur Gattung der Workaholics gehört ...

    Aber Geld benötigen wir schliesslich Alle. Gelegentlich.

    :-)

  • M
    Marco

    Den Ratschlag kann ich nur unterstützen. Allerdings gilt er völlig Geschlechtsunspezifisch. Wer bei seinem Arbeitgeber nicht entsprechend seinen Fähigkeiten! und Wünschen weiter kommt, der muss sich eben umorientieren. Zuerst einmal ist man eben sich selbst und seinen Liebsten verpflichtet, nicht dem Unternehmen. Das hat uns die Marktwirtschaft doch beigebracht.

     

    Allerdings muss man auch den ewigen beruflichen Aufstiegskampf als unumstößliches Ziel eines Lebens hinterfragen. Nicht jeder kann Chef werden, nicht jeder sollte und nicht jeder will. So wie nicht alles unendlich wachsen kann, kann nicht jeder an die Spitze.

  • E
    Eisvogel

    Das ist allerdings beiden Geschlechtern zu raten. Viele Führungskräfte werden ja im Zuge von Veränderungsprozessen eingestellt (eben um diese zu implementieren), und daher gern von aussen rekrutiert, weil so interne Sentimentalitäten augeschlossen werden können. Entscheidende Schritte sind also ohnehin oft mit einem Arbeitgeberwechsel verbunden.

  • J
    Jörn

    Die Karriereleiter führt in den meisten Fällen über einen Wechsel des Unternehmens. Gerade kleine oder mittlere Unternehmen sehen häufig nicht das Potential, was in ihren Angestellten steckt und sind damit zufrieden, dass diese ihre Arbeit gut machen.

    Dies hat mit Gleichstellung oder sexueller Diskriminierung nichts zu tun. Männer, die Karriere machen wollen, wechseln in diesen Situationen das Unternehmen um eine neue Herausforderung zu suchen.

    Frauen sollten dies genauso tun und können sich nicht darauf verlassen über "Gleichstellungspläne" bevorzugt zu werden.

    Nebenbei gewinnt mann/frau bei einem solchen Stellenwechsel wertvolle Erfahrungen und entgeht dem Tunnelblick den Leute entwickeln, die immer nur im selben Unternehmen gearbeitet haben. Daher ist ein Stellenwechsel alle 3-5 Jahre nicht nur eine schlechte männerbevorzugende Usance sondern eine sinnvolle Weiterentwicklung der eigenen Fähigkeiten.

  • M
    Michel

    „Anders hingegen verhalten sich die Aussteigerinnen. Sie betreiben aktiv ihr Ausscheiden aus dem Unternehmen und setzen als Selbstständige das durch, was ihnen als Festangestellte nicht gelungen ist.“ Ach was, echt??? Na sowas, das machten Männer schon immer, wenn sie weiter wollten aber als Angestellte der Konkurrenz im Aufstieg nicht gewachsen waren.

     

     

    „Zumindest nicht, solange Männer mit einem Verständnis von übermäßiger Präsenz und Verfügbarkeit die Unternehmenskultur bestimmen.“ Merke: Im Kapitalismus legt nicht ein Geschlecht die Regeln fest,sondern der Markt.

    Aber es gibt da halt so eine Ideologie, die macht Männer ja auch für die Finanzkrise, den Klimawandel und wahrscheinlich auch den Regen an Weihnachten die Schuld. Daß diese Ideologie mitllerweile bald keinen Hund mehr hinterm Ofen hervorholt, hat sie sich selbst zuzuschreiben. Es verwundert eher, daß diese männerfeindliche Geschwätz so lange geglaubt wurde.

  • W
    Witz

    50 h Woche?

    Ist wohl ein Witz?!

    Fast jeder popelige Arbeitnehmer in dr efreien Wirtschaft hat eine 50 h Woche.

    Naturlich nicht TU ProfessorINNen.

  • D
    Dana

    Zitat: "... die Aussteigerinnen. Sie betreiben aktiv ihr Ausscheiden aus dem Unternehmen und setzen als Selbstständige das durch, was ihnen als Festangestellte nicht gelungen ist. Manche von ihnen gehen in die Politik."

     

    Ja, klar. Weil dort nicht mehr die Kometenz zählt, sondern nach Reisverschlussprinzip Listen zusammengestellt werden und selbst unfähige Frauen an die Spitze gepusht werden. Ähnlich ist es doch im Öffentlichen Dienst, in dem dafür ja die zumeist sexistischen Gleichstellungsbeauftragten sorgen.

     

    Sorry Geschlechtsgenossinnen, ich bin von eurem Gender-, Gleichstellungs-, Feminismuszeugs einfach nur noch angewidert. Ich habe niemals diese angebliche gläseren Decke erlebt (ok, bei der Privatwirtschaft kann ich nicht mitreden). Aber mich kotzt die positive Diskrminierung als Frau an: weil weder mein Können noch meine Kompetenzen zählen, sondern nur mein Geschlecht, das mich automatisch (als Beschäftigte im Öffentlichen Dienst) für höheres qualifiziert, während kompetenten und gut ausgebildeten Männern nicht mal ansatzweise eine Chance gegeben wird. Mit ihnen solidarisiere ich mich viel lieber!