Kandidatur für Linksparteivorsitz: Zwei Frauen wollen Linke führen
Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow kandidieren auf dem Parteitag für den Vorsitz. Aus Berlin kommt schon mal Beifall.
Wissler teilte über soziale Medien mit, sie habe lange darüber nachgedacht, sich zu bewerben, und sei „zu dem Schluss gekommen, dass ich das tun möchte“. Wegen einer familiären Notsituation will sie sich erst in einigen Tagen ausführlicher äußern.
Hennig-Wellsow erklärte am Abend, sie werde auf dem kommenden Parteitag für das Amt kandidieren. „Das ist eine große Aufgabe, die ich mit ebenso großer Lust angehen werde – gern in einer weiblichen Doppelspitze.“ Die Linke habe jetzt die Chance, einen neuen Aufbruch in der Gesellschaft einzuleiten. Sie wolle dafür sorgen, dass die Richtung stimme. „Mit einer ebenso eigenständigen wie bündnisorientierten Linken und mit dem Mut zum Machen.“
Spontanen Beifall gab es von der Berliner Linkechefin Katina Schubert. „Ich kann mir gut vorstellen, dass beide die Linke im Team führen“, sagte Schubert der taz. Hennig-Wellsow und Wissler repräsentierten die unterschiedlichen Linien der Linken – Erstere mit erheblicher Regierungserfahrung, Letztere habe erfolgreiche Oppositionsarbeit geleistet. „Beide stehen dafür, dass wir jetzt den Wechsel schaffen und für ein links-grünes Bündnis mobilisieren.“
Schwer vereinbar: Trotzkismus und Parlamentsarbeit
Hennig-Wellsow hat als Landes- und Fraktionsvorsitzende das rot-rot-grüne Bündnis in Thüringen auf den Weg gebracht und versammelte die Partei hinter Bodo Ramelow. Der zuweilen cholerische Linke-Politiker führt seit 2014 eine Regierung mit SPD und Grünen an.
Wissler zog 2008 als damals jüngste Abgeordnete mit den hessischen Linken in den Landtag ein – für alle eine Premiere. Seit 2009 ist sie Fraktionsvorsitzende.
Ein Amt, dass sich für Außenstehende schwer in Einklang bringen lässt, mit Wisslers Mitgliedschaft in dem trotzkistischen Netzwerk Marx21. In dessen Leitsätzen heißt es: „Das Parlament täuscht über die realen Machtverhältnisse hinweg.“ Die Kapitalistenklasse und der Staatsapparat agierten weitgehend unabhängig von demokratischer Kontrolle. Sollte Wissler Parteivorsitzende werden, müsste sie ihre Mitgliedschaft wohl zumindest ruhen lassen.
Ob sie und Hennig-Wellsow am Ende als Duo gewählt werden, hängt auch davon ab, ob sich noch weitere Bewerber:innen aus der Deckung wagen. Das Wahlprozedere der Linkspartei sieht vor, dass die beiden Vorsitzenden getrennt gewählt werden. Im ersten Wahlgang dürfen nur Frauen antreten. Die Bewerberin auf diesem Platz hat wegen geringerer Konkurrenz bessere Chancen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechte Gewalt in Görlitz
Mutmaßliche Neonazis greifen linke Aktivist*innen an
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Aktionismus nach Magdeburg-Terror
Besser erst mal nachdenken
Deutungskampf nach Magdeburg
„Es wird versucht, das komplett zu leugnen“
Anschlag von Magdeburg
Aus günstigem Anlass
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Slowakischer Regierungschef bei Putin im Kreml