Kanadische Serie „Sort of“ auf Sky: Nichtbinäre Nanny
Sabi ist vieles, unter anderem genderqueer. Aber die Comedy-Serie „Sort Of“ macht nicht den Fehler, ihre Hauptfigur darauf zu beschränken.
Sabi (Bilal Baig) als einen Engel zu bezeichnen, ist einleuchtend und eigenartig zugleich. Als Person, die bereit ist, ihre eigenen Träume aufzuschieben, um liebgewonnenen Mitmenschen in der Not beizustehen, ist die Bezeichnung zumindest in ihrer alltagssprachlichen Bedeutung passend.
Als Person, die sich als nichtbinär definiert, also als weder eindeutig dem männlichen oder weiblichen Geschlechterkonstrukt zugehörig, scheint wiederum nichts ferner, als Sabi mit einem so traditionell-religiös aufgeladenen Begriff zu belegen. Zumal sie_er als Kind pakistanischer Immigrant*innen mit fransigem Pony, dem Hang zu verspieltem Boho-Chic und einer Menge glitzerndem Schmuck jeder ikonografischen Vorstellung von „Gottesboten“ zuwiderläuft.
Aber zu den irdischen Fakten: Abends als Barkeeper*in eines LGBTQ*-Cafés in Toronto und tagsüber als Nanny für eine Familie der gehobenen Mittelschicht tätig, hat Sabi noch keine genaue Vorstellung davon, wie ihr_sein Leben verlaufen soll.
Zu Beginn der Comedy-Serie „Sort Of“ – kreiert von Fab Filippo und Bilal Baig, welche*r gleichsam die Hauptrolle übernimmt – ergibt sich jedoch die einmalige Chance, gemeinsam mit Freund*innen (Amanda Cordner) nach Berlin zu gehen. Beide sind von der Vorstellung, in der „queersten Stadt des Universums“ zu leben, begeistert.
Empfohlener externer Inhalt
Trailer: Sort Of
Der Zeitpunkt scheint günstig: Paul (Gray Powell), Vater besagter Familie, auf deren Kinder Sabi regelmäßig aufpasst, hat ihr_ihm gerade die Kündigung ausgesprochen. Wohlgemerkt mit dem unbeholfenen Zusatz, bei der Suche neuer Auftraggeber*innen zu helfen. Denn das könne sich ja schwierig gestalten, für „jemanden wie Sabi“.
In der Not springt Sabi wieder ein
Mehr oder minder subtile Anspielungen aus dem Umfeld der Hauptfigur sind typisch für die Herangehensweise der Serie, auf das Kopfzerbrechen zu verweisen, das ihre Andersartigkeit bisweilen bei ihren Mitmenschen hervorruft. Offene Abscheu oder gar Hass schlägt ihr_ihm binnen der acht Episoden allerdings niemals entgegen.
„Sort of“, acht Folgen, ab 16. Februar auf Sky
Sabi selbst begegnet Zwischenfällen wie diesen wiederum mit maximaler Gleichgültigkeit. Ein Achselzucken, eine hochgezogene Braue oder ein beiläufiges „Was auch immer“ genügt – und weiter geht es. Die Routiniertheit ihrer_seiner Reaktionen unterstreicht, dass das eigene Auftreten regelmäßig für Irritationen sorgt. Heruntergespielt wird hier also nichts – aber eben auch nicht unnötig problematisiert.
Als Sabis Mutter (Ellora Patnaik) etwa wieder in ihr_sein Leben tritt, sind es vielmehr klassistische als queerfeindliche Vorurteile, die sie vorbringt. Nicht die femininen Outfits oder das Make-up stören sie, sondern dass „ihr Sohn“ sich „zum Diener“ machen lasse.
Die schwierige Balance, die Besonderheit von Minoritäten zu thematisieren, die Zugehörigkeit zu einer Minderheit aber nicht zum alleinig bestimmenden Merkmal einer Figur zu verklären, ist nach wie vor eine, die kaum gelingt. „Sort Of“ bietet einen wertvollen Beitrag im Hinblick auf Repräsentation nichtbinärer Menschen also dadurch, dass die Serie ihn nicht ständig vor sich her trägt, sondern eine warmherzige, schlaue und witzige Person in den Fokus rückt. Eine, die im Übrigen nichts mit tradierten Geschlechterrollen anfangen kann.
Als solche navigiert sich Sabi in jeweils rund 20-minütigen kurzweiligen Episoden nicht nur durch das eigene Chaos, sondern vor allem das ihrer_seiner Mitmenschen. Denn der Traum von Berlin platzt schneller, als sie_er „KitKat Club“ sagen kann. Sabis enge Freundin Bessy (Grace Lynn Kung) wird in einen ernsten Fahrradunfall verwickelt und kurzerhand nimmt Sabi besagten Job wieder auf, um sich um Bessys Kinder (Kaya Kanashiro und Aden Bedard) und Bessys überforderten Ehemann Paul zu kümmern. Als der das Handy seiner im Koma liegenden Frau durchsucht, muss er nämlich herausfinden, wie wenig er tatsächlich über sie weiß.
Eine der vielen charmanten Erkenntnisse, die „Sort Of“ damit akzentuiert, ist, dass im Leben vieles in ständigem Fluss ist. Dass die Suche nach der eigenen Identität eine dauerhafte ist, die ganz sicher nicht bei Geschlechterfragen endet.
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