Kampf um den CDU-Vorsitz: Asymmetrische Demobilisierung

Nach dem Theaterdonner um den Parteitag: Merz, Laschet und Röttgen versuchen, auf einer Digitalkonferenz der CDU Sachsen den Ball flach zu halten.

Profile von Friedrich Merz, Norbert Röttgen und Armin Laschet nebeneinander

Inhaltlich scheint zwischen die drei kaum ein Löschblatt zu passen Foto: dpa

BERLIN taz | Friedrich Merz und Norbert Röttgen sind vor Ort in Chemnitz bei der CDU Sachsen, Armin Laschet ist online dazugeschaltet. Jeder redet fünfzehn Minuten, dann werden eher brave Fragen der Basis vorgelesen. Die drei diskutieren nicht miteinander. Dieses Format, politischer Frontalunterricht, verhindert wirkungsvoll Kontroversen. Schon die Form macht hier den Inhalt.

Inhaltlich scheint zwischen die drei kaum ein Löschblatt zu passen. Alle wollen Klimaschutz und Wirtschaft verbinden, aber anders als die Grünen. Laschet wirft denen etwas billig höhere Moral vor, Merz will die CDU nicht zu „den besseren Grünen“ machen, Röttgen dito. Alle wollen islamistische Gefährder abschieben; Laschet, der in Migrationsfragen als liberal gilt, ist das besonders dringlich. Er lobt mit feierlichen Worten die brutale griechische Küstenwache als humanitär und vor allem als Schutz vor Flüchtlingen. Er will unbedingt das Image vermeiden, weich zu wirken.

Alle sind für Generationengerechtigkeit und warnen vor Steuererhöhungen, um die Kosten der Coronakrise abzufedern. Keiner versäumt es, warnend auf die Unversöhnlichkeit in den USA hinzuweisen, vor der in Deutschland nur die CDU, die letzte Volkspartei, Schutz bietet. Offenbar soll nun auch der Kampf um den CDU-Vorsitz nach der Maßgabe der asymmetrischen Demobilisierung geführt werden. Also die Gegner einschläfern und das Affektniveau niedrig halten. Der Geist von Angela Merkel scheint über allem zu schweben.

In diesem Spiel tauschen die Kontrahenten mitunter scheinbar die Rollen. Laschet, der moderate Freundliche, erwähnt nebenher, dass er wegen Corona nicht in Chemnitz sein kann. „Das ist wie bei dem Parteitag keine ominöse Verschwörung“, so Laschet. Merz hatte Laschet und die Merkeltreuen bezichtigt, eine Intrige gegen ihn spinnen. Aber Laschets Ball fliegt nur kurz – Merz lässt ihn vorbei trudeln. „Wir hatten wegen des Parteitags eine kleine Meinungsverschiedenheit“ sagt der jovial.

Unterschiede sind nur in Zwischentönen zu hören. Laschet warnt, ganz Merkelianer, davor, „im Wahlkampf Polarisierung ins Land zu tragen“. Die CDU verbinde als Partei Stadt und Land, Jüngere und Ältere, Arbeiter und Unternehmer. Würde sie auf diese Weise auch ihren Wahlkampf führen, habe sie „Chancen 35 bis 40 Prozent zu bekommen“. Auf Merkel lässt der NRW-Ministerpräsident nichts kommen und warnt vor einem Bruch mit ihrer Amtszeit. Mit Laschet, so viel ist klar, wird die Union einen Merkel-Wahlkampf ohne Merkel führen. Sieg durch Umarmung.

Norbert Röttgen skizziert die außenpolitische Krisenlagen, fordert einen Digitalpakt, weil Deutschland zehn Jahre hinter anderen EU-Ländern zurückliege, will die CDU jünger und weiblicher machen. Bei den unter 60 jährigen habe die CDU keine Mehrheit mehr, so Röttgen. Anders als bei seinem Auftritt bei der Jungen Union, meidet er es, vor allem als Analytiker und weniger als Macher aufzutreten.

Merz, der Lautsprecher, ist auf leise gestellt. Auch er, mit der Bundeskanzlerin lange verfeindet, will keinesfalls „mit der erfolgreichen Zeit mit Angela Merkel brechen“. Im Wahlkampf will er, wenn er CDU-Chef wird, nicht polarisieren, aber, kleiner Unterschied zu Laschet, mit klaren inhaltlichen Positionen antreten. Wo die aber anders als bei Laschet wären, ist an diesem Abend nicht zu erfahren. Merz moderater Auftritt soll signalisieren, dass er verstanden hat, dass auch in der CDU die Wahl in der Mitte gewonnen wird. Er weiß das – aber nur manchmal.

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