Kampf gegen die Coronapandemie: Rückschlag bei Impfstofftests?
Bei der Entwicklung eines Impfstoffs gibt es Probleme. Der Pharmakonzern AstraZeneca stoppt Tests, weil ein Proband offensichtlich erkrankt ist.
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Über die Aussetzung der Studie hatte zuerst die Nachrichtenwebsite STAT berichtet. Erkrankt sei ein Proband im Vereinigten Königreich, hieß es. Ein Sprecher von AstraZeneca bestätigte später einen vorübergehenden Teststopp in den USA und anderen Ländern. Im August hatte der Pharmariese begonnen, 30.000 Probanden in Amerika für seine größte Studie an dem Impfstoffkandidaten zu rekrutieren. Getestet wird das von der Universität Oxford produzierte Vakzin auch an Tausenden Menschen in Großbritannien, kleinere Studien gibt es in Brasilien und Südafrika.
Groß angelegte letzte Testphasen laufen auch für zwei weitere Impfstoffkandidaten: einer wird vom Biotechnologieunternehmen Moderna in Massachusetts hergestellt, der andere von der Mainzer Biopharmafirma Biontech und dessen US-Partner Pfizer. Diese zwei Impfstoffaspiranten wirken anders als das Mittel von AstraZeneca.
Temporäre Teststopps bei großen klinischen Studien gelten nicht als ungewöhnlich. Untersuchungen von gravierenden oder unerwarteten Reaktionen auf die Verabreichung von Mitteln ist ein unerlässlicher Teil des Sicherheitsverfahrens. AstraZeneca wies im aktuellen Fall darauf hin, dass das medizinische Problem auch ein Zufall sein könne. Bei Studien mit Tausenden Probanden könnten alle möglichen Leiden auftreten. Man arbeite nun daran, die Prüfung des Einzelfalls zu beschleunigen, um mögliche Auswirkungen auf den Zeitplan der Studie zu mindern, teilte das Unternehmen weiter mit.
Viele offene Fragen
Es sei möglich, dass die ungeklärte Krankheit des Probanden ernst genug sei, um eine Klinikeinlieferung nötig zu machen, sagte die Wissenschaftlerin Deborah Fuller von der University of Washington. Wahrscheinlich lägen keine milden Nebenwirkungen wie Fieber oder Muskelschmerzen vor. Es gebe keinen Grund zum Alarmismus. Vielmehr sollte es beruhigen, dass das Unternehmen die Studie aussetze, um herauszufinden, was vor sich gehe. Das Vorgehen zeige, dass es die Gesundheit der Testteilnehmer umsichtig im Blick behalte.
Angela Rasmussen, Virologin an der Columbia University in New York, twitterte, dass die Krankheit womöglich nichts mit dem möglichen Impfstoff zu tun habe. Genau dies sei aber der Grund, „warum wir Studien machen, ehe wir einen Impfstoff für die Allgemeinheit verfügbar machen“.
Bei der dritten und letzten Testphase halten Experten nach jeglichen Anzeichen von Nebenwirkungen Ausschau, die bei den vorangegangenen Forschungen unentdeckt geblieben sein könnten. Aufgrund des Umfangs gelten diese Spätstudien als wichtigster Teil des Prozederes, in dem die Sicherheit des Präparats gewährleistet werden soll.
Erst am Dienstag hatten AstraZeneca und acht weitere Pharmakonzerne in einem ungewöhnlichen Schritt gemeinsam versprochen, sich bei der Entwicklung von Impfstoffen gegen das Coronavirus an die höchsten ethischen und wissenschaftlichen Standards zu halten. Hintergrund sind wohl Sorgen, dass US-Präsident Donald Trump die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA zur Zulassung eines Mittels zwingen könnte, ehe dessen Sicherheit und Wirksamkeit belegt ist.
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