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Kampf gegen RechtsextremismusSeehofer verbietet Combat 18

Die Polizei hat Durchsuchungen in sechs Bundesländern durchgeführt. Combat 18 gilt aktuell als eine der militantesten Neonazi-Organisationen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer verbietet die Neonazi-Organisation Foto: ap

Berlin taz | Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat die rechtsextreme Gruppe „Combat 18“ verboten. Das teilte der Sprecher des Ministeriums, Steve Alter, am Donnerstag mit. Die Polizei durchsuchte am Morgen mehrere Objekte in sechs Bundesländern: in Thüringen, Hessen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Schwerpunkte der Aktion waren Thüringen und NRW.

Durchsucht wurde auch die Thüringer Wohnung von Stanley R., der als einer der deutschen Combat-18-Größen gilt. Nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke waren Fotos aufgetaucht, die den mutmaßlichen Mörder Stephan Ernst vor Jahren mit R. zeigen. So hat die Forderung nach einem Verbot von Combat 18, die es seit langem gibt, im Innenministerium neue Dringlichkeit bekommen. R. wurde den Angaben zufolge von der Polizei in Thüringen an seinem Arbeitsplatz angetroffen und zu seiner Wohnung gebracht, die durchsucht wurde.

Combat 18 gilt als eine der derzeit militantesten Neonazi-Organisationen hierzulande, als Ableger des 2000 verbotenen „Blood & Honour“-Netzwerks, das einst von „führerlosem Widerstand“ und „Rassenkrieg“ sprach. Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden richtet sich die Vereinigung gegen die verfassungsmäßige Ordnung, „da sie mit dem Nationalsozialismus wesensverwandt ist“. Sie zählt nach ihrer Einschätzung bundesweit 20 Mitglieder.

Combat 18 wurde 1992 in England gegründet. Anfang der 2000er Jahre kam die Gruppe nach Deutschland, seit 2013 formiert sie sich neu. Sie soll vor allem in die Organisation von Rechtsrockkonzerten eingebunden sein. Vieles weitere blieb bislang unklar, die Sicherheitsbehörden konstatieren ein „äußerst konspiratives“ Vorgehen. An der verfassungsfeindlichen Ideologie der Gruppe, die sich selbst als „Kampfgruppe Adolf Hitler“ sieht, besteht jedoch kein Zweifel.

Kontinuierlicher Ausbau von C18-Strukturen

Und auch feste Strukturen scheint die Gruppe zu haben: In internen Richtlinien ist die Rede von Mitgliedsbeiträgen, Sektionen und einer „Kleiderordnung“. Die Sicherheitsbehörden selbst machen „regionale Gruppen“ aus, wenn auch in überschaubarer Zahl. Wohl aber gebe es einen „kontinuierlichen Ausbau von festen C18-Strukturen“. Auch sind führende Köpfe bekannt, darunter Stanley R, den das hessische Landeskriminalamt schon vor Jahren intern als „Deutschlandchef“ von Combat 18 bezeichnete. Er gilt als enorm gewaltbereit.

Ein anderer: Robin S. aus Dortmund, ein früherer Brieffreund Beate Zschäpes und lange Jahre in Haft, weil er einen Menschen mit Migrationshintergrund niederschoss. Zuletzt trat S. offen mit Combat-18-Kleidung auf, auf dem Bein soll er ein „C18“-Tattoo tragen. Diese Symbole und Abkürzungen dürfen nach dem Verbot nicht mehr verwendet werden. Das gilt auch für das Motto der Gruppe: „Brüder schweigen – whatever it takes.“

Was ein Verbotsverfahren in den vergangenen Jahren erschwert hatte, ist das von „Combat 18“ propagierte Konzept des „führerlosen Widerstands“ weitgehend autonomer Zellen – auch wenn die Gruppen vernetzt und nach festgelegten gemeinsamen Richtlinien handeln.

Den Sicherheitsbehörden sind auch Straftaten der Gruppe sehr wohl bekannt. So ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft München bereits seit Dezember 2018 gegen zwölf Rechtsextreme, darunter Stanley R. Sie wirft ihnen den Wiederaufbau des verbotenen „Blood & Honour“-Netzwerks vor. Dabei geht es um den Vertrieb einer CD, die offen den Titel Combat 18 trägt, samt Gruppenemblem und Hakenkreuz.

Allein in NRW zählte das Bundeskriminalamt zuletzt 84 Straftaten, die Combat-18-Mitgliedern zugerechnet werden: darunter gefährliche Körperverletzungen und Verstöße gegen das Waffengesetz. Zudem nahmen Spezialkräfte bereits im Herbst 2017 ein Dutzend Combat-18-Mitglieder fest, als diese von einem Schießtraining aus Tschechien kamen, mitsamt Munition im Auto. Zwei von ihnen wurden verurteilt.

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5 Kommentare

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  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Zur politischen Kultur gehört es in meinen Augen, auch seinem politischen Gegner zuzustimmen. Nämlich dann, wenn man selbst von dessen Vorgehen überzeugt ist.

    Auch wenn, wenn mitschwingt, die Massnahme hätte auch einige Jahre früher kommen können.

  • oha!



    20 Mitglieder?



    2 verurteilt?

    Sorry dass ich so plump frage... Was ist nun anders nach dem Verbot? Wegen den Straftaten, sind die Täter im Knast?

    In Zeiten wo der Verein der Auschwitz-Überlebenden die Gemeinnützigkeit aberkannt wird, frage ich mich, was es dann konkret bedeutet, dass ein Verein komplett verboten wird. Die könnten sich ja unter einem neuen Namen organisieren?

  • Eine clandestine Untergrundorganisation verbieten, chapeau! Das MUSS einfach funktionieren.

    "Was ein Verbotsverfahren in den vergangenen Jahren erschwert hatte, ist das von „Combat 18“ propagierte Konzept des „führerlosen Widerstands“ weitgehend autonomer Zellen – auch wenn die Gruppen vernetzt und nach festgelegten gemeinsamen Richtlinien handeln."

    Mich würde außerdem interessieren, wie da jetzt die Definition von kriminelle Vereinigung oder unter was auch immer das läuft zurecht gebogen wurde. Das wird uns allen, nicht nur den Faschos, nämlich irgendwann auf die Füße fallen.

    Das ich mich seit dem Indymedia-Verbot überhaupt noch wundern kann ...

    • @Reyde Lanada:

      Das Indymedia Verbot war ein Fassbombenangriff aus dem Hause Seehofer auf ein paar dort auch veröffentlichte verfassungsfeindliche Inhalte einer bewusst nicht redaktionell bearbeiteten offenen Plattform. (Konsequent müsste Seehofer auch Facebook in Deutschland verbieten wegen einzelner Verfassungsfeindlicher Inhalte auch da redigiert keine Redaktion die Inhalte). Ich schweife noch kurz ab. Da will Seehofer einfach nicht wahrhaben dass es die RAF (aufgelöst 1992) nun wirklich nicht mehr gibt und wittert weiter in jedem linken Verein ob Senioren Strickzirkel oder Asta all überall "Sympathisanten" linker Terrororganisationen. Faktenresistent. Denn aktuell gibt es keine linke Terrororganisation in Deutschland die politische Morde plant oder ausführt also nichts vergleichbares zu NSU, Hannibal, Combat 18 & Co.



      DASS Seehofer zeitlich in etwa seit der Ermordung Lübckes und der ermittelten rechtsideologischen Motivation nun doch wieder rechts was sieht und aktuell sehr aktive rechte Terrororganisationen in Deutschland verfolgen will finde ich trotz meiner sonstigen Kritik an ihm prinzipiell mal positiv. Was Combat 18 angeht bringt ein Verbot natürlich was. Auch Mitgliedschaft in oder Zusammenarbeit mit einer eindeutig als Terrororganisation verbotenen Gruppe kann dann ermittelt werden und strafrechtliche Konsequenzen haben. Mit einem Verbot kann ein Mitglied dass sagen wir mal sich als "Kassenwart" eines zivilgesellschaftlichen "Vereins" sieht nun nicht mehr vor Gericht herausreden er oder sie hätte nichts von den Vereinszielen Mord und Totschlag gewusst.

    • @Reyde Lanada:

      Sie haben recht. Die Begründung ist unterirdisch - dämlich.