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Kampf gegen Golf-VorurteileSind vier Euro pro Stunde elitär?

Immer wieder werden die alten Vorurteile wiedergekäut: Golf ist elitär, zerstört Wälder und vertreibt Tiere. Offenbar gibt es da ein Vermittlungsproblem.

Volkssport? Golfen muss nicht teuer sein Foto: imago

L eserinnen! Leser! Ihr lasst mich als Golf-Kolumnist verzweifeln. Da erklärt man, ordnet auch golfkritisch ein, versucht Vorurteile abzuräumen – und kriegt auf taz.de die immer gleichen Entgegnungen wiedergekäut, Whataboutism inklusive.

Im Januar ging es um Ökobilanzen von Golfplätzen, um Naturschutz, Vergleich mit landwirtschaftlich genutzten Flächen, um Kooperation zwischen Verband, Golfclubs und etwa dem Nabu. Über Artenschutz in Biotopen und Blühwiesen, Vielfalt von Fauna und Flora, alles wissenschaftlich begleitet. Leserkommentar: „Vorher war am Platz im besten Fall Wald. Dieser ist jetzt weg. Die Biodiversität nimmt ab.“ Ja, ääh, also…, wäre der Platz Wald gewesen, dann mag das sein. Indes würden Waldrodungen für Golf heute nicht genehmigt. Schneisen, so überhaupt geschlagen, werden ersatzgeforstet.

Und, fragt einer, selbst wenn sich Vieles ökologisch zum Besseren wandelt, was ist in südlichen Ländern? Der Wasserverbrauch! Ja, der ist vehement zu geißeln, besonders in Nordafrika. Da spielt man guten Gewissens auch nicht. Manche Clubs haben eine Meerwasserentsalzungsanlage und pumpen das Nass zum Platz. Möge das okay sein.

Und was kommt immer schnell? Das Grundsatzigitt: Golf sei „als Sportart nahezu belanglos“. Oder es wird „in Deutschland noch als Markier-Sport gesehen, wo sich Manager- und GroßerbInnen verknüpfen“. Oder grundsätzlich: Golf können sich ja nur „elitäre Kreise leisten“. Hallo? Leben wir noch 1890 oder 1980?

Tankstellenpächter und Studierende

Ist Golf teuer? Ich zahle 87 Euro Monatsbeitrag, eine Aufnahmegebühr gab es nicht. Dafür spiele ich viermal im Monat, jeweils dreieinhalb bis fünf Stunden. Macht etwa 17 Stunden Golfglück oder gelebte Verzweiflung, wenn mal wieder nix klappen will. Plus Training ab und an. Sind vier Euro/Stunde elitär?

Meine Schläger habe ich vor 30 Jahren für ein paar hundert Mark gebraucht gekauft, einzelne sind mal dazugekommen. Neue Schuhe: alle drei Jahre. Bälle? Finde ich seit jeher mehr als ich verliere.

Ja, in meinem Club sind auch Anwälte und Ärztinnen, ansonsten: Krankengymnastin, LehrerInnen und JournalistInnen, eine große Gruppe Fluglotsen, ein Tankstellenpächter, Pensionäre, Studierende, ein paar ehemalige Fußballgrößen (etwa Günter Delzepich). GroßerbInnen haben sich noch nicht mit mir verknüpfen wollen. Jugendliche bis 21 zahlen drei Euro im Monat für beliebig viel Spiel. Fußballvereine sind teurer.

Ein anderer Vorbehalt, wie ich lese: Golf bedeute Flächenverbrauch nur für wenige! Mein Platz in Belgien ist nicht für GolferInnen allein. Die Gemeinde hatte beim Bau verlangt, dass ein alter Wanderweg mittendrin erhalten bleibt. Der ist ausgeschildert und wird eifrig genutzt. Gibt es hierzulande auch.

„Auch neben dem Grün wird gemäht, gedüngt und Unkraut vernichtet. Aus ökologischer Sicht eine tote Fläche. Auf einer Blumenwiese kann man nicht golfen“, schrieb jemand. Ja, die Spielbahnen (Fairways) werden gemäht, wie der Rasen in Millionen Gärten auch. Dünger, Unkrautvernichter? Eben immer weniger. Stand auch im Text. Auf den extra angelegten Blühwiesen am Rand will auch niemand golfen. Und darf es meist nicht. Grüne Pfosten: Biotop, betreten verboten. Weiße Pfosten: Aus!

Mein Lieblings-Kommentar war dieser: Vor Umwandlung einer Bauernwiese zum Golfplatz hätten sich „alle Tiere dort frei bewegen können. Jetzt können die meisten nicht mehr auf den Platz. Maulwürfe, Wühlmäuse, Rehe – alles wird ferngehalten.“ Wer hält fern und wie mag das gehen? Maulwurf-Sheriffs mit dem Schießgewehr? Ober- oder unterirdisch?

Wenn jemand schreibt „Golf ist gelebte Langeweile“, dann urteilt er/sie offenbar über etwas Unbekanntes. Und ich muss mir vorhalten, dass ich auch nach fünf Jahren taz-Golfkolumne die Faszination des Sports immer noch nicht recht vermitteln konnte.

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Bernd Müllender
Sohn des Ruhrgebiets, Jahrgang 1956, erfolgreich abgebrochenes VWL- und Publizistikstudium, schreibe seit 1984 für die taz – über Fußball, Golf, Hambacher Wald, Verkehrspolitik, mein heimliches Lieblingsland Belgien und andere wichtige Dinge. Lebe und arbeite als leidenschaftlich autoloser Radfahrer in Aachen. Seit 2021 organisiere und begleite ich taz-LeserInnenreisen hierher in die Euregio Maas/Rhein, in die Nordeifel und nach Belgien inkl. Brüssel. Bücher zuletzt: "Die Zahl 38.185" - Ein Fahrradroman zur Verkehrswende (2021). "Ach, Aachen!" - Textsammlung aus einer manchmal seltsamen Stadt (2022).
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3 Kommentare

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  • Wer nicht gegen Golfplätze ist ist gegen uns!

  • Ja, da gibt es mal einen Platz, welcher ein bisschen ökologisch ist, einen der einen Wanderweg erhalten hat, einen mit niedrigen Gebühren. Und – Oh! – ein Platz gießt mit Wasser aus einer Entsalzungsanlage. Die Ökobilanz will ich mal sehen.



    Den (deutschen) Garten als Vergleich – ungeschickt.



    Im Allgemeinen sieht es aber so aus: Für wenige Menschen wird ein riesiges Areal eingezäunt, damit sie unter sich bleiben können. Auch Sie lieber Autor werden dazu keinen Zugang erhalten.



    Und ja, selberverständlich werden alle störenden Tiere vertrieben. Große per Zaun, ganz kleine per Gift, und ja auch Maulwürfe müssen weg. Wie sähe dass den aus?



    Wald wird „ersatzgeforstet“. Klar, mach ich beim Fliegen ja auch… Oder trinke Krombacher…



    Anekdotische Beweisführung: Mein Kontakt mit diesen Kreisen (also keine Plätze für den Pöbel), hat mein Bild nur noch bestärkt: Dort fallen genau solche Sätze wie „wir wollen unter uns bleiben“, „die Armen sind selbst schuld“ usw.

    Abschluss: Spielen Sie Golf! Genießen sie es! Nur erzählen Sie nicht es wäre ökologisch/sozial. Auch ich fliege mal in den Urlaub. Jedem sei etwas Unvernunft vergönnt, man sollte es sich nur nicht schönreden!

  • Toll, dass es diese Kolumne schon so lange gibt. Sie ist echt Gold. Ich merke jetzt erst, wie viele falsche Vorurteile ich hatte und wie ungerecht das gegenüber den Golfer*innen war.