Kampf gegen Geldwäsche: Bremen will Wettbüros dicht machen

Der SPD-Innensenator lehnt alle Anträge auf den Betrieb von Wettbüros ab: Die Be­trei­be­r*in­nen haben nicht angegeben, woher ihr Startkapital kommt.

Drei Männer beobachten in einem Wettlokal die vielen Bildschirme, auf denen unter anderem Pferderennen und Quoten zu sehen sind

Wer verliert? In Bremen sieht es schlecht aus für die Wettbüros selbst – sie sollen alle schließen Foto: Bernd Settnik/dpa

BREMEN taz | Bremens Wettbüros stehen vor dem Aus: 32 Anträge wurden in diesem Jahr auf Neugründung oder Weiterbetrieb gestellt – 32-mal gab es vom Ordnungsamt eine Absage. Wenn sich nichts mehr ändert, dürfte ab irgendwann im August kein einziges legales Büro mehr in der Stadt existieren.

Nach dem Glücksspielstaatsvertrag brauchen Sportwettbüros seit 2021 eine behördliche Genehmigung – das ist in ganz Deutschland so. Bremen hat über eine Änderung im Bremischen Glücksspielgesetz eine zusätzliche Hürde hereingebracht: Nicht nur die Veranstalter (in Bremen Tipico, Happy Bet, Tipwin sowie XTip) müssen nachweisen, woher das Geld für die Geschäftsgründung kommt, sondern auch die einzelnen Betreiber*innen.

Bis zu 120.000 Euro müssen sie als Fran­chise­neh­me­r*in­nen für die Gründung eines Wettbüros zahlen. Kein einziger von ihnen, so die Innenbehörde, hat die Herkunft des Geldes bisher ausreichend erklärt. Bis Anfang August bekommen die Be­trei­be­r*in­nen noch Zeit, die Unterlagen im Anhörungsverfahren nachzureichen. Ansonsten müssen sie schließen.

Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) erhofft sich von der Regelung mehr Schutz für Spielsüchtige – vor allem aber einen Schlag gegen die organisierte Kriminalität. Der Betrieb von Wettbüros ist besonders verlockend für die Geldwäsche, heißt es in der nationalen Risikoanalyse der Bundesregierung zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung von 2019.

Streit mit dem Sportwettenverband

Im Prinzip kann Geld aus illegalen Aktivitäten zwar überall gewaschen werden, wo Bargeld genutzt wird und Zahlungen anonym verlaufen. Aber, so schreibt Rose Gerdts-Schiffler, Pressesprecherin des Innensenators: „Bei Wettvermittlungsstellen ist dieses Risiko ungleich höher, als beispielsweise in der Gastronomie, bei Friseursalons oder auch in Shisha-Bars.“ Denn die Umsätze seien in Wettbüros viel höher. Erst ab Wetteinsätzen von 2.000 Euro müssen die Be­trei­be­r*in­nen Personalien aufnehmen.

Der Deutsche Sportwettenverband sieht in Mäurers Vorstoß kein „rechtsstaatlich sauberes Vorgehen“, sondern eine rein „politisch motivierte Aktion“. Verbandspräsident Mathias Dahms schreibt in seiner Pressemitteilung vom Mittwochabend, die Bremer Innenbehörde habe „umfangreiche aussagekräftige Unterlagen vorgelegt“ bekommen. Rückfragen dazu seien von der Behörde nicht gestellt worden. „Stattdessen wurden die Anträge abgelehnt und die Schließung angedroht.“

Das stimmt nicht, meint das Innenressort; selbst bei der Be­trei­be­r*in mit der höchsten Zahl an eingereichten Unterlagen, dort also, wo tatsächlich eine benötigte Eröffnungsbilanz und ein Darlehensvertrag eingereicht wurden, könne man schlicht nicht erkennen, wie das Kapital auf die Geschäftskonten geflossen sei.

Die Anträge einfach ohne weitere Nachfragen abgelehnt, habe die Behörde auch nicht: Im Dezember 2021 habe man die konkreten Anforderungen noch einmal für die Be­trei­be­r*in­nen in einem Brief aufgeschlüsselt. Das Schreiben liegt der taz vor.

Bremen rechnet mit Klagen

Dass es zu Klagen aus der Wettanbieterbranche kommt, davon geht man in der Bremer Innenbehörde definitiv aus. „Wir betreten mit unserer Initiative rechtliches Neuland“, sagt Mäurer. „Das ist immer ein gewisses Risiko. Aber das ist es uns wert.“

Eine rechtliche Expertise möchte Patrick Leyens, Professor am Institut für Handelsrecht an der Universität Bremen, noch nicht abgeben. Aber grundsätzlich, bestätigt er, sei es möglich, für unterschiedliche Branchen unterschiedliche Zugangsvoraussetzungen anzulegen: „,gefährliche' oder anderweitig problematische Tätigkeiten können zusätzlicher Regulierung unterworfen werden“, schreibt er. „Das ist nichts Besonderes und findet sich in vielen Bereichen.“ Im Einzelfall kritisch betrachten müsse man natürlich, ob der Gesetzgeber die richtige Wertentscheidung getroffen habe.

Mit Klagen kennt sich das Bremer Innenressort aus. Es ist nicht das erste Mal, dass Bremen ordnungspolitisch eigene Wege geht. Innensenator Ulrich Mäurer ist auf der einen Seite ein „Law and order“-Sozialdemokrat, der Obdachlose vom Bahnhof mittels Großkontrollen vertreiben will. Er fällt aber auch immer wieder dadurch auf, dass er die gesetzgeberischen Spielräume ausreizt und neue Lösungsansätze für alte Probleme präsentiert.

Bremen vor Gericht erfolgreich

So gelang es, einem Bordell, das mutmaßlich über Umwege durch die Hells Angels betrieben wird, nachträglich die Betriebserlaubnis zu entziehen, indem die Betreiberin gewerberechtlich als „unzuverlässig“ eingestuft wurde. Aufgrund einer neuen Gewerbeanmeldung steht eine endgültige Entscheidung noch aus; doch vor dem Oberverwaltungsgericht hat die Stadt Bremen den Streit bereits gewonnen.

Bundesweit bekannt geworden ist Mäurers Vorstoß, sich die Kosten für Polizeieinsätze bei Fußball-Hochrisikospielen von der DFL erstatten zu lassen. Auch hier mussten jahrelange Klageverfahren ausgestanden werden; im Februar hat Mäurer vor dem Bundesverwaltungsgericht endgültig Recht bekommen. Die Rechnung an die DFL ist rechtens.

Der Kampf gegen Glücksspiel erschöpft sich auch nicht isoliert in den aktuellen „Versagungsbescheiden“ gegen Wettbüros: Das bremische Glücksspielgesetz von 2021 weist auch Härten für Be­trei­be­r*in­nen von Spielhallen auf. Zum einen sind die Pflichtabstände zwischen den Spielcasinos auf 500 Meter erhöht worden; zum Anderen gilt vor Ort jetzt ein Verzehrverbot – selbst mitgebrachte Getränke sind dort nicht mehr erlaubt.

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