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Kameras in RauchmeldernDer Feind im Schlafzimmer

Getarnte Spionagekameras finden sich in Kulis oder Schlüsselanhängern. Als besonders hinterlistig gelten neuerdings Rauchmelder.

Lieber klein und unschuldig: So eine offensichtliche Überwachung ist von vorgestern Foto: ap

Berlin taz | Der Rauchmelder droht seinen guten Ruf zu verlieren. Zunehmend schlägt ihm Misstrauen entgegen. Vorbei sind die Zeiten, in denen er klein, weiß und unschuldig an der Schlafzimmerdecke hing und seine Besitzer selig schlafen ließ – wussten sie doch, dass er sie im Falle eines Feuers mit schrillem Fiepen wecken und sie vor einer Rauchvergiftung retten würde.

Im Internet wird seit Monaten vor der Überwachung durch das Gerät gewarnt. „Ich bin entschieden dagegen, das letzte bisschen Privatsphäre, das ich noch habe, unter staatliche Dauerkontrolle zu stellen“, schreibt eine Frau zum Thema Rauchmelder in einem Ratgeberforum. Auf einer anderen Webseite wird erklärt, wie man vermeintlich installierte Kameras am besten findet, nämlich indem man das Handy während eines Anrufs auf die verdächtige Alarm-Box richtet und auf Störgeräusche wartet. Und unter einem Online-Zeitungsartikel kommentiert jemand, das sich das Ansehen diverser Porno-Seiten zum Beweis empfehle: Manches Amateurvideo aus dem Urlaub sei aus der Perspektive aufgenommen, die üblicherweise der Rauchmelder im Hotelzimmer hat.

Von den Verdächtigungen hat nun auch die Bundesnetzagentur Wind bekommen und meldete jüngst, dass sich immer mehr Mini-Kameras in Weckern, Kugelschreibern oder eben Rauchmeldern verbergen. Allein im April ist die Behörde in mehr als 70 Fällen gegen solche illegalen Angebote vorgegangen.

Tatsächlich werden im Internet viele Geräte angeboten, mit denen verdeckt gefilmt werden kann. Wer beim marktführenden Online-Versandhändler nach „Spionage + Kamera“ sucht, bekommt fast 600 Treffer. Kugelschreiber oder Schlüsselanhänger sind schon für rund 25 Euro zu haben, eine als Rauchmelder getarnte Kamera mit WLAN-Verbindung gibt es für unter 100 Euro. Die sind besonders umstritten, denn sie können Daten sammeln und direkt ins Netz übertragen. Der Täter kann die Videos dann einfach auf seinem eigenen Rechner abrufen.

Alles olle Verschwörungstheorie?

Mit dem schlechten Ruf des Rauchmelders musste sich auch die Brunata-Metrona-Gruppe, einer der größten Hersteller von Rauchmeldern in Deutschland, schon auseinandersetzen. Im Januar hatte sich ein Kölner Mieter gegen den Einbau des Funk-Rauchmelders „Metrona Star“ gewehrt – aus Angst, ausspioniert zu werden. Am Ende verlor er zwar die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht, doch das Unternehmen hat Lehren aus dem Fall gezogen und listet seitdem „Fakten und Mythen zum Rauchmelder“ auf seiner Webseite auf.

Darin geht es beispielsweise um den Verdacht, die Funk-Geräte seien mit einem Mikrofon ausgestattet. Das stimmt zwar, weil ein Ultraschall-Empfänger eingebaut ist. Aber der dient nur dazu, die Position des Gerätes festzustellen – also zu testen, ob die Raucheingänge frei liegen und nicht durch Wände eingeschränkt werden. Stimmen nehme er nicht wahr, erklärt die Firma. Auch andere personenbezogene Daten wie Bilder oder Bewegungsprofile könne er nicht übertragen. „Trotzdem haben viele Menschen Angst vor Überwachung“, sagt der Unternehmenssprecher Christopher Intsiful.

Die Geburt einer neuen Verschwörungstheorie ist das trotzdem nicht, meint der Medienwissenschaftler John Seidel von der Universität Köln. Es sei eher anzunehmen, dass der Rauchmelder sich in bestehende, zeitgenössische Verschwörungserzählungen einfüge. Darin steht „alles Staatliche im Verdacht, irgendwie zum ‚deep state‘ zu gehören, der uns alle versklaven möchte“, sagt er. Und seit Rauchmelder speichern und senden können, würden sie ebenfalls des Verrats bezichtigt: „Der Rauchmelder stellt eine klassische Blackbox dar, die in dem Fall halt in weiß daherkommt.“ Im Internet kaufen kann die Fake-Spionage-Rauchmelder – vorerst – immer noch jeder.

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10 Kommentare

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  • Ein Rauchmelder ist ein ideales Gerät um eine Kamera zu verstecken. Rauchmelder, die zur Verbesserung der Sicherheit bereits standardmässig mit WLAN/Bluetooth und Mikrofon ausgestattet sind, benötigen da noch weniger Modifikation, um zur Wanze zu werden.

    Das Problem ist jedoch nicht die Technik, sondern das Verhalten des Staates. Er hat das Vertrauen verspielt, nur in begründeten Ausnahmefällen zu überwachen. Unsere Geheimdienste kooperieren mit den US-Geheimdiensten. Dabei gelten für die US-Geheimdienste im Ausland Bürgerrechte erst gar nicht und unsere Dienste ignorieren das Grundgesetz wenn es um die Zusammenarbeit mit den US-Diensten geht.

    Dieses Vertrauen müsste wieder hergestellt werden, damit die Bürger_innen nicht glauben, dass sie, wo immer möglich überwacht werden.

    Daneben ist es natürlich so, dass die Verwanzung eines Rauchmelders vergleichsweise aufwendig ist im Vergleich zur Nutzung des Handy-Mikrofons. Wer also seinen Rauchmelder aus dem Schlafzimmer verbannt, sollte dies auch mit seinem Handy, Fernseher und Computer tun.

  • Mir kommt keiner ins Haus. Aber aus nem anderen Grund: Ich habe keinen Bock auf dauernde Fehlalarme. immer leere Batterien und außerdem lasse ich mir nicht vorschreiben, wie ich draufzugehen habe.

  • Meine Güte. Jeder, der Angst hat, dass sein Rauchmelder zu Hause Video an die NSA streamt, kann ja einfach mal auf seinem Smartphone Periscope streamen lassen und gucken, wie lange der Akku hält.

  • Der Untertitel: „Getarnte Spionagekameras finden sich in Kulis oder Schlüsselanhängern. Als besonders hinterlistig gelten neuerdings Rauchmelder“ lässt den leichtgläubigen Leser sowas von erschauern! Leider hält der Text nicht, was man von ihm erwartet: Nämlich klare Beweise!

     

    Da wird also im Internet „seit Monaten vor der Überwachung durch das Gerät gewarnt“! Wer da eigentlich warnt, bleibt unerwähnt und auch, dass es offenbar um 1 (in Worten: EIN) Gerät der „Brunata-Metrona-Gruppe“ geht, mit dem alle Geräte aller Hersteller in Zweifel gezogen werden.

    Ansonsten begnügt sich der Beitrag auf ahnungsvolle Andeutungen. Klar, kein Verschwörungstheoretiker käme auf die Idee, etwas zu beweisen. Allenfalls „beweist“ er mit noch haarsträubenderen Behauptungen!

     

    Die Autorin sollte Gelegenheit erhalten, nach gründlicher Recherche in einer Version 2.0 ihres Beitrags nachzutragen, was fehlt: Nachprüfbare Beweise und Urteile von kompetenten Experten.

    Bis dahin empfehle ich allen, die nicht ausspioniert werden möchten, bei viel näherliegenden Geräten anzufangen und z. B. an ihrem Notebook Kamera und Mikrofon fest zuzukleben, wenn sie diese nicht zwingend benötigen!

  • Dr flapsige Ton des Artikels verharmlost leider den Sachverhalt. Und ein beliebiger "Medienwissenschaftler" wie Herr Seidel stellt das Thema wieder einmal in die Ecke "Verschwörungstheorie" - das Wort wird immer dann benutzt wenn man sich, von oben herab, nicht mit einem Thema auseinandersetzen will.

     

    Faktisch kann ein Rauchmelder auch mit einer akustischen Einrichtung versehen werden welche schwerer aufzuspüren ist.

     

    Abgesehen davon daß viele 10-Jahres-Rauchmelder (z.B. Fa. Minol) bereits nach wenigen Monaten den Geist aufgeben (trotz voller Batterie) und dann ersetzt werden müssen: idealer Zeitpunkt zum Nachrüsten.

     

    Im übrigen: als ob der Staat nicht in die Wohnungen drängen würde: Zwangsrundfunk, in Zukunft "intelligente" Stromzähler usw.

     

    Der im Artikel angegebene Link funktioniert übrigens nicht.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @Ulrich Frank:

      Aus dem Beitrag:

      "Die Geburt einer neuen Verschwörungstheorie ist das trotzdem nicht, meint der Medienwissenschaftler John Seidel von der Universität Köln. Es sei eher anzunehmen, dass der Rauchmelder sich in bestehende, zeitgenössische Verschwörungserzählungen einfüge."

       

      Aus Ihrem Kommentar:

      "Und ein beliebiger "Medienwissenschaftler" wie Herr Seidel stellt das Thema wieder einmal in die Ecke "Verschwörungstheorie" - das Wort wird immer dann benutzt wenn man sich, von oben herab, nicht mit einem Thema auseinandersetzen will."

      Tut er das wirklich, "wieder einmal"?

      • @571 (Profil gelöscht):

        Doch, das tut er. Er bezeichnet es nur nicht als neu, sondern als kompatibel mit bestehenden "Verschwörungserzählungen".

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Der Feind im Schlafzimmer?

    Was soll der Quatsch und wem sollte das nützen?

    Im Hotelzimmer vielleicht und da könnte man ihn ja abdecken.

    • @571 (Profil gelöscht):

      Zusätzliche Möglichkeit verdächtige Personen (genehmigt durch Richter)

      durch BKA oder BND überwachen zu lassen.

       

      +

      Es gibt einen Fachbegriff "Datenabfrage oder so ähnlich) der den Behörden einiges erlaubt.

      Ach hier ja "Kontoabfrage" war es! https://de.wikipedia.org/wiki/Kontenabruf

    • @571 (Profil gelöscht):

      Hätte das Barschel mal gewußt -

      Mein Ehrenwort -

      Die Badewanne wär ihm&uns

      Erspart geblieben. &

      Das nicht nur - weil die

      Redakteure vom Stern -

      Chaiselongue nicht schreiben konnten.

      Warnemünde - war halt nicht -

      Warnung genug. Jaja - Stasiwasi -

      Hielt schon er - wie später -

      Björn-Ikea-Klappstuhl - via

      Lysia-Hotel für ne - klar -;)

      Petitesse!

      kurz - "Wo Rook is - is ook Fuer -

      Sä de Voss - & shit op Iis!"