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Kämpfe in der OstukraineMörsergranaten auf Grenzschützer

30 Regierungssoldaten werden verletzt, als Separatisten ihre Stellungen in der Ostukraine angreifen. Eine politische Lösung des Konflikts wird immer schwieriger.

Separatisten vor einer Filiale der Staatsbank in Donezk. Bild: dpa

KIEW/DONEZK rtr/dpa | Bei neuen Kämpfen zwischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten in der Ostukraine sind am Dienstag rund 30 Soldaten nach ukrainischen Angaben verletzt worden. Unweit der Stadt Luhansk hätten Separatisten in der Nacht Mörsergranaten auf Regierungseinheiten und Grenzschützer abgefeuert, teilte der ukrainische Grenzschutz mit.

Ihre Stellungen seien unter anderem in dem Ort Alexejewskoje beschossen worden, teilten Behörden am Dienstag mit. Die prorussischen Separatisten berichteten vom Abschuss eines Kampfflugzeugs vom Typ Suchoi Su-25. Der Pilot habe sich per Schleudersitz gerettet, hieß es.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko setzte als Schritt in seinem angekündigten Friedensplan eine Sonderbeauftragte für die Krisenregionen Donezk und Lugansk ein. Irina Geraschtschenko solle demnach den Dialog suchen mit den Aufständischen vor allem in der selbst ernannten „Volksrepublik Donezk“, die ebenso wie die „Volksrepublik Lugansk“ nach Unabhängigkeit strebt.

Die Aufständischen erklärten sich grundsätzlich zu Gesprächen bereit, verlangten aber, dass Vermittler Russlands oder internationaler Organisationen hinzugezogen würden. Direkte Gespräche mit Vertretern Kiews seien nicht mehr möglich, „weil die Regierung jeden Tag ihre Bürger in Slawjansk und anderen Städten tötet“, sagte der von Kiew nicht anerkannte Donezker „Vize-Regierungschef“ Andrej Purgin.

Seit der Wahl von Präsident Petro Poroschenko gehen die ukrainischen Regierungstruppen verstärkt gegen die Separatisten im Osten vor. Poroschenko hatte die Streitkräfte am Montag angewiesen, binnen einer Woche die Grenzregion wieder voll unter ihre Kontrolle zu bringen. Nach Angaben der Regierung in Kiew wurden seit dem Start der Militäroperation 125 ukrainische Soldaten getötet.

Steinmeier ist pessimistisch

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier sieht die Ukraine „weit entfernt“ von einer politischen Lösung. Der Abschuss eines ukrainischen Militärflugzeugs sei ein „echter Rückschlag bei den Bemühungen zur Entschärfung der Krise“ gewesen, sagte der SPD-Politiker am Dienstag in der estnischen Hauptstadt Tallinn nach einem Treffen mit den Außenministern Estlands, Lettlands und Litauens.

Nach den gescheiterten Gasgesprächen zwischen Russland und der Ukraine befürchtet Steinmeier „unvermeidbare“ Folgen für die Versorgungslage in der EU. „Wir erwarten von Russland, dass sie weiterhin offen sind, diese Verhandlungen fortzusetzen“, forderte er.

Nach dem russischen Stopp der Gaslieferungen hat die ukrainische Regierung indes einen Krisenstab für die Energieversorgung gebildet. „Das Gremium soll vor allem unsere Ressourcen überwachen“, sagte Regierungschef Arseni Jazenjuk am Dienstag in Kiew. Er warf Russland erneut vor, den Gashahn am Vortag aus politischen Gründen und nicht wegen ausstehender Zahlungen zugedreht zu haben.

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7 Kommentare

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  • Tja , Steinmeier , dumm gelaufen , was ? Keiner hört mehr auf das Geschwätz aus der "fuck the EU" . Schaut euch genau an , mit welchen Figuren ihr da zusammenarbeitet : Der ukrainische Verteidigungsminister hat angekündigt, nach dem Sieg der "Antiterroroperation" würden alle erwachsenen Bewohner der Aufstandsregion in "Filtrationslager" gesteckt, um "Terroristen" zu "filtern" und anschliessend umgesiedelt ;

    auf der Webseite von Jazenjuk findet sich folgende Ankündigung zum Flugzeugabschuss : "die auszulöschen, die sie (die Besatzung) getötet haben und dann das Land vom Bösen (zu) säubern" ; die Milizen bezeichnet er als "Invasoren, gefördert von jenen Untermenschen" (invaders, sponsored by them [sic!] subhumans). Zu finden auf Usa.mfa.gov.ua/en/press-center/news . Dazu Poroschenko - ... ein wahrer Friedensfürst und Menschenrechtler !

    Wohl wahr , Steinmeier : Eine politische Lösung wird es für die Ukraine nicht geben . Dafür ist der weiter wachsende Hass auf beiden Seiten zu groß . U n d : es ist ein Stellvertreterkrieg , den die USA und Rusland da führen : ... ohne den Versorgungslandweg über die Ostukraine ist die Krim mit der Schwarzmeerflotte für Russland nicht mal die Hälfte wert .

    • @APOKALYPTIKER:

      Alles richtig. Die Ankündigung von "Filtrationslagern" fand ich auch gruselig. Genauso wie das Schweigen des "Westens" dazu.

      Was den Landweg auf die Krim betrifft, so soll ja die Meeresenge bei Kerch überbrückt werden. Nur wird dies noch eine Weile dauern.

      Freilich soll man nie nie sagen, ich kann mir dennoch nicht ernsthaft vorstellen, daß Rußland die Ostukraine annektieren will. Vorstellbar wäre die Installation einer Rußland zugeneigten Provinzregierung, die den ungehinderten Transit zur Krim gewährleistet.

  • Da werden russische Journalisten gefoltert und ermordet, die Kiever bereiten Kriegsrecht und Lager vor, und die taz schweigt mal wieder.

  • Warum wirkt denn die deutsche Regierung, bzw. die politische EU nicht mehr auf die ukrainische Regierung ein zu verhandeln. Es kann doch nicht sein, dass in Europa Menschen bombardiert werden, die auf der falschen Seite des Landes leben.

    Ich würde gerne mal ein paar Worte von Cohn-Bendit, Harms, Fischer, Schulz, Göring-Eckart hören. Wie sieht es denn nun aus mit dem Recht, auf Leben, Frieden und Unversehrtheit in den östlichen Teilen der Ukraine. Ganz ehrlich ich scheiße auf Demokratie, wenn der Preis dafür mein Leben sein soll. Den Preis sollen bitte andere zahlen. Und wie so oft in der Geschichte sitzen die, die niemals einen Preis zahlen in den gepolsterten Sesseln in weichen Parlamenten. Es ist die Geschichte, die uns Orwell in einem anderen Zusammenhang schon mal erzählt hat. Die Farm der Tiere hatte neue Herren und es waren die Schweine.

    • @Schluck Wasser:

      Sehe ich auch so. Die Wahrung des menschlichen Lebens sollte das Gebot einer jeden Regierung sein. Davon ist aber in Teilen der Ostukraine nichts zu spüren.

      Nicht nur daß es z.B. in Slawjansk seit mehr als einer Woche keinen Strom und kein fließend Wasser mehr gibt, standig fliegen Granaten und Bomben sowie Raketen, sterben Zivilisten, alte Menschen, Kinder. Das Vorgehen der Kiew-treuen ukrainischen Truppenteile und der Nationalgarde wird immer rücksichtsloser, ganz so, als wäre es Kiew inzwischen egal, was aus vor allem aus Slawjansk und Lugansk mal wird, wer dort mal wohnen und arbeiten soll und ob dort noch ein Stein auf dem anderen stehen bleiben soll.

      Es ist richtig, daß in den fraglichen Gebieten bewaffnete Rebellen das Kommando übernommen haben, die die (Putsch-)Regierung nicht anerkennen. Das berechtigt jedoch nicht zu so einem brutalen, Zivilisten nicht verschonenden kriegerischen Vorgehen. Und wer dazu schweigt und dem nichts anderes einfällt, als Kritiker Kiews als "Putinversteher" oder Komplizen des Kreml zu diffamieren, der macht sich zum Mittäter und ist mitschuldig am inzwischen hundertfachen Leiden und Sterben.

      • @Der_Peter:

        Ja und irgendwie kann es nicht sein, dass wir versuchen heraus zu finden, was mit dem Poroschenko, der Ukraine, der Armee, Putin, den Usa und Russland los ist und völlig überhören dass unsere Regierung einfach nur schweigt. Nix sagt, gar nix sagt und keiner fragt warum sie nix sagt. Menschenrechte sind teilbar.

        • @Schluck Wasser:

          Heute kamen bei Lugansk zwei russische Journalisten ums Leben, als die ukrainischen Kräfte das Gebiet mit Minenwerfern beschossen. Neben einer Reihe von ukrainischen Zivilisten und Rebellen.

          Lawrow hat von Baku aus Poroschenko aufgefordert, nicht auf jene zu hören, die scheinbar eine ethnische Säuberung der Ostukraine beabsichtigen.