Kabinettsklausur in Meseberg: 36 Stunden Teambuilding

Bei der Ampel-Klausur in Meseberg war die Ukraine zentrales Thema. Der Wirtschaftsminister rechnet wegen des Ölembargos mit höheren Preisen.

Robert Habeck, Olaf Scholz und Christian Lindner vor dem Schoss Meseberg

Idylle am Schloss: Robert Habeck, Olaf Scholz und Christian Lindner auf dem Weg zur Pressekonferenz Foto: Kay Nietfeld/dpa

MESEBERG taz | Der Luftraum über Meseberg ist friedlich, nur ein Rotmilan kreist über dem Barockschloss, welches die Bundesregierung traditionell als Gästehaus und für Klausuren nutzt. 36 Stunden hat sich die Ampelregierung am Dienstag und Mittwoch Zeit genommen, um über die Tagespolitik hinaus miteinander zu reden, um den gemeinsamen Geist als selbsternannte Fortschrittskoalition noch einmal zu beschwören.

Als Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Bündnis 90/Grüne), und Finanzminister Christian Lindner (FDP) am Mittwoch gegen Mittag im Sonnenschein vor die Presse traten, waren dem Trio die eineinhalb Tage Teambuilding noch anzumerken. Habeck sprach von „besonderen 36 Stunden“, es sei gut gewesen, sich mal wieder Zeit zu nehmen und die großen Fragen zu stellen. Seitdem sie im Amt ist, regiert die Ampel als Krisenmanagerin: zunächst noch Corona, dann Russlands Einmarsch, nun die Konsequenzen inklusive flüchtenden Menschen, Lieferengpässen und weltweit steigenden Preisen. Der Ukrainekrieg und seine Folgen bestimmten auch die Agenda im Brandenburgischen.

Robert Habeck zur Ölversorgung

„Wir können nicht garantieren, dass es regional nicht stockt“

Der Krieg und seine Konsequenzen würden Auswirkungen haben, sagte Scholz. Weltweit und auch auf Deutschland. Auf das Ölembargo, welches die EU-Kommission am Mittwoch vorgeschlagen hat, sei man aber vorbereitet. Unmittelbar wird dieses wohl zunächst die Raffinerien im Osten des Landes im brandenburgischen Schwedt und im sachsen-anhaltinischen Leuna treffen.

Beide Raffinerien verarbeiten bislang große Mengen russischen Rohöls. Scholz sicherte den Standorten Unterstützung zu, um sicherzustellen, dass die Beschäftigten dort eine Perspektive hätten. Der Standort Schwedt gehört mehrheitlich dem russischen Staatskonzern Rosneft, weshalb die Bundesregierung daran denkt, die Raffinerie notfalls zu enteignen, falls Rosneft sich weigert, auf alternatives Rohöl umzusteigen.

„Wir können nicht garantieren, dass es regional nicht stockt“, räumte Wirtschaftsminister Habeck ein. Er rechnet weltweit mit steigenden Rohölpreisen und sieht sich auf seinem teslamäßigen Kurs Richtung erneuerbaren Energien von der Wissenschaft bestärkt. Auf die Frage, was denn aus seinem Vorschlag geworden sei, die Übergewinne der Mineralölkonzerne abzuschöpfen, antwortete Habeck: „Die Abschöpfung von Übergewinnen ist immer noch auf der Agenda.“ Es werde aber noch an Konzepten gearbeitet.

Da zeigte sich der erste feine Riss im Trio: Als fachlich zuständiger Finanzminister warne er vor Ideen einer Übergewinnsteuer, schaltete sich Lindner ein. Das habe schon in den 70ern nicht funktioniert, unter anderem weil es schwierig sei zu definieren, was ein Übergewinn sei und welche Folgen eine Steuer hätte.

Wenn es um das Vermögen russischer Oligarchen geht, ist Lindner nicht ganz so zimperlich. Man prüfe derzeit, ob es möglich sei, Personen, die auf der Sanktionsliste stehen, juristisch zu zwingen, ihr Vermögen offenzulegen. Eine Anfrage der Linkspartei von Mitte März hatte offengelegt, dass Deutschland bislang nur einen Bruchteil der Vermögen eingefroren hat.

Der Finanzminister sagte auch, man habe sehr offen über die Inflationssituation gesprochen. „Uns lässt es nicht kalt, wenn Menschen durch steigende Preise belastet werden.“ Was daraus folgt, ist aber ebenso offen. Weitere Entlastungen stehen dem Kanzler zufolge erst mal nicht an, man konzentriere sich darauf, die beiden beschlossenen Pakete umzusetzen.

Beim Thema Waffenlieferungen demonstrierte das Trio wiederum, dass kein Blatt zwischen sie passt, Scholz sprach gar von einer „vollständig geschlossenen Koalition“ und deutete an, dass Deutschland neben den nun ausfindig gemachten Gepard-Panzern demnächst wohl auch Panzerhaubitzen liefern könnte. Es habe dazu Gespräche mit den Niederlanden gegeben.

Noch mehr Einigkeit beschwor der Kanzler, als es darum ging, ob er demnächst in die Ukraine reisen werde. Klares Nein. „Für die deutsche Regierung und das deutsche Volk ist es ein Problem, wenn der deutsche Bundespräsident ausgeladen wurde.“ Knappes Nicken bei Lindner und Habeck. Danach entschwand der Kanzler mit dem Hubschrauber. Nicht nach Kiew, sondern ins Kanzleramt, wo er am Nachmittag nacheinander die Ministerpräsidenten von Kosovo und Serbien empfing.

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