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Kabinett beschließt FörderungE-Dienstwagen bald zum Vorzugspreis

Die Bundesregierung will die Nachfrage nach E-Autos antreiben, indem sie Firmenwagen födert. Von Branchenexperten kommt Kritik.

Mit Strom zum Geschäftstermin Foto: dpa

Berlin dpa | Wer ein Elektroauto als Dienstwagen auch privat nutzt, kann bald mit Steuervorteilen rechnen. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch eine milliardenschwere Förderung. Die große Koalition erwartet einen Schub bei der weiterhin schleppenden Nachfrage nach E-Autos. Umweltverbände dagegen sprachen von einem Geschenk vor allem für Fahrer von Luxusautos, weil der Steuervorteil vor allem für schwere und umweltschädliche Hybridfahrzeuge gelte.

Umweltfreundliche Fahrzeuge wie Fahrräder würden nicht von der geplanten Steuererleichterung profitieren, sagte Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des ökologischen Verkehrsclubs VCD. „ÖPNV-Fahrgäste, die umweltfreundlich unterwegs sind, die Fahrzeuge selbst jedoch nicht besitzen, gehören ohnehin nicht zu den Dienstwagenprivilegierten.“

Bisher muss ein Arbeitnehmer, der seinen Firmenwagen privat nutzt, monatlich ein Prozent des Listenpreises als geldwerten Vorteil versteuern – für Elektro- und Hybridfahrzeuge soll es künftig einen halbierten Satz von 0,5 Prozent geben. Die Neuregelung soll gelten für Elektro- und Hybridfahrzeuge, die vom 1. Januar 2019 bis zum 31. Dezember 2021 angeschafft oder geleast werden. Hybridautos kombinieren einen E-Antrieb mit einem Verbrennungsmotor.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: „Damit kann sich auch ein reger Gebrauchtwagenmarkt etablieren. E-Fahrzeuge werden dadurch preiswerter und für eine breite Kundengruppe interessanter.“

Teuer – und deswegen bisher unattraktiv

Bei E-Autos als Dienstwagen gilt die bisherige Regelung wegen bislang höherer Anschaffungskosten finanziell als unattraktiv. Union und SPD hatten in ihrem Koalitionsvertrag einen reduzierten Satz bei der Dienstwagenbesteuerung vereinbart.

Die Neuzulassungen von Elektroautos sind zuletzt zwar gestiegen, der Marktanteil ist aber weiter gering. Als Haupthindernisse gelten der vergleichsweise hohe Preis der Fahrzeuge, die geringer Reichweite und eine bislang unzureichende Ladeinfrastruktur. Beliebt als Dienstwagen sind trotz des Abgas-Skandals nach vor vor allem Dieselfahrzeuge.

Wie aus Regierungskreisen verlautete, werden für Bund und Länder insgesamt Steuermindereinnahmen von 1,96 Milliarden Euro erwartet, der größere Teil davon zum Ende des Zeitraums. Die Länder müssten den Plänen im Bundesrat noch zustimmen.

Der Verband der Automobilindustrie bewertete den Steuervorteil für E-Dienstwagen als „guten Beitrag“ zum Markthochlauf der Elektromobilität. Die Gesetzesänderung werde gerade ab den Jahren 2019 und 2020 relevant, wenn eine Vielzahl neuer Modelle auf den Markt kämen. Firmenwagen machten 44 Prozent aller E-Neuzulassungen aus, der Anteil an allen Pkw-Neuzulassungen sei mit 32 Prozent deutlich geringer. Mehr als 57 Prozent aller in Deutschland zugelassenen Firmenwagen kämen aus den unteren Segmenten bis einschließlich der Mittelklasse.

„Umweltschädliches Konjunkturprogramm“

Der Energieverband BDEW erklärte, das neue Steuerprivileg sei ein wichtiger Baustein dafür, dass E-Autos finanziell attraktiver werden. Genauso notwendig wäre es allerdings, die Steuer- und Abgabenlast auf Strom zu senken – um Strom als Treibstoff und damit die Elektromobilität insgesamt gegenüber Benzin- und Diesel konkurrenzfähig zu machen.

Der Verkehrsclub VCD kritisierte, die Steuererleichterung für „PS-strotzende“ Plug-In-Hybride“ entpuppe sich als umweltschädliches und unsoziales Konjunkturprogramm für die Autoindustrie. Auch der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer sagte, es würden vor allem Hybridfahrzeuge profitieren. Der Leiter des CAR-Instituts an der Uni Duisburg-Essen schlug stattdessen vor, die Kraftstoffsteuer für neue Diesel auf das Niveau von Benzinern anzuheben.

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14 Kommentare

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  • STatt das einzig richtige zu machen und Auto fahren teurer zu machen und ÖNV günstiger werden die Steuern gesenkt. Un ddas dann so darzustellen als würde man damit der Umwelt ist wieder einmal höchste Schauspielkunst. Statt durch z.B. o.g. Maßnahmen (gibt sicher auch andere oder bessere) gleichzietig auch das Problem der Überlastung des Verkehrs zu mildern, hat man durch diese Maßnahme nun beide Probleme noch schlimmer gemacht. Darin haben CDU und CSU natürlich Tradition und die sind bekanntermaßen wichtig für Fortschrittverweigernde auch "Konservative" genannt.



    Sie sollten sich mehr auf Weißwurst und Bier konzentrieren und Politik Leuten überlassen, die was davon verstehen und Interesse am Wohl der Menschen haben

    • @HerrvonSinope:

      Ich bin bislang noch für E für alle.

  • Leider wird auch hier nicht differenziert klar dargestellt, dass es auch um alle Fahrzeuge von Selbstständigen geht, die nur EIN Fahrzeug nutzen oder den Firmenwagen auch privat und jetzt statt 1% "nur" 0.5% (des NEUWERTS!) Abgabe zahlen müssen für Privatnutzung.



    Damit werden Gebrauchtfahrzeuge aber nicht wirklich attraktiver, denn das wahre Alter und damit der Wertverlust, bei E-Fahrzeuge noch zusätzlich durch die veralteten Leistungswerte, werden nicht berücksichtigt.



    Wie man sieht, geht es NUR um den Kauf von Neufahrzeugen, also ist das eine reine Fördermassnahme für die Wirtschaft.



    Immerhin...aber eigentlich Augenwischerei und populistischer Aktionismus vor der Wahl.

  • Daß Plug-In-"KERS"-Hybride als Elektrofahrzeug gelten, kommt ganz gelegen, um echte Elektroautos zu verunglimpfen.

    Echte Elektrofahrzeuge, mit Akku natürlich nicht so leicht, wie wir es uns wünschen - machen aber politisch, volkswirtschaftlich und energetisch Sinn. Wenn wir bei Wahhabiten das Öl kaufen, müssen wir freundlich zu denen sein und denen Geld geben.

    (Zudem muß man ein Elektroauto trotz Kraftwerkverlusten extrem bescheiden konstruieren, damit es mehr Energie verbraucht, als ein typischer Verbrenner. Mit modernen Braunkohlekraftwerken schafft man das nicht.)

  • Neiddebatte? Ja, vielleicht.

    Aber hier wird doch wieder das (Vor-)urteil befeuert, dass die die es haben noch mehr in den A.. geblasen bekommen.

    Unter den E Neuzulassungen sind schon 44% Firmenwagen. Das scheint also kein der Mangel zu sein, den man fördern muss.

    43% aller Firmenwagen sind Oberklassewagen. Wieder was was man nicht fördern muss.

    Denn solange kein CO2 neutraler Strom im Überfluss vorhanden ist, macht es keinen Sinn, überschwere Autos durch die Gegend zu karren.

    Und dann ist es schon fast zynisch, von einem späteren trickle-down Effekt (ergo Gebrauchtwagenmarkt) zu schwafeln.

  • Und wieder werden Autos Subventioniert ! Alle reden über Umweltschutz und den Verkehrskollaps der unseren Städten droht.... nur tun die Politiker jetzt wiedermal genau das Gegenteil ! Autokonzerne werden noch fetter unterstützt und in Berlin München Hamburg sind die Öffis so marode und entsprechen nicht mehr dem Zeitgeist das einem nur schlecht werden kann! Am besten noch mehr Carsharing oder Ubertaxis oder Cartogo ..... Würg .... anstatt Geld in vernünftige Infrastruktur und Sozialen Wohnungsbau zu stecken werden mal wieder Autos Steuerlich begünstigt ..... na fein ! Elektroautos sind ja auch sooooo unheimlich Umeltschonend. Das Umweltfreundlichste Auto ist daß das nicht gebaut wird !

    • @Bodo Klimmek:

      ... oder eben auch die Fahrradinfrastruktur verbessern. Durch entsprechende Politik hat mensch es u.a. in Kopenhagen geschafft, viele Menschen auf das Fahrrad umzusteigen. Die Stadtumgestaltung wird auch copenhagenize genannt.



      Für weitere Strecken kann mensch bspw. auch ein Velomobil nutzen, ist schneller unterwegs und noch dazu vor der Witterung geschützt. Damit kann mensch auch einkaufen...

      • 8G
        83492 (Profil gelöscht)
        @Uranus:

        "Für weitere Strecken kann mensch bspw. auch ein Velomobil nutzen, ist schneller unterwegs und noch dazu vor der Witterung geschützt"

        Ich denke, was Sie als "weitere Strecke" ansehen, ist nicht das was damit bei gewerblicher Nutzung gemeint ist. Hamburg-Berlin mit dem Velomobil? Viel Freude werden Sie da nicht haben. Da bleibt die Bahn die beste Alternative. Aber nun gibt es auch viele Orte mit großen Firmen, die von der Bahn ziemlich abgehängt sind (zweimal am Tag ein *IC* (Horror)).

        Da ist das Auto mit Verbrennungsmotor leider die einzige sinnvolle Möglichkeit.

        • @83492 (Profil gelöscht):

          Ich fand gerade noch ein kurzes sehenswertes Video:



          "Das Velomobil – die Alternative zum Auto" ursprünglich gesendet in der Hessenschau:



          www.youtube.com/watch?v=5zfCxJup6Wc

        • @83492 (Profil gelöscht):

          Treffender wäre es gewesen, wenn ich den Satz so eingeleitet hätte:



          "... UND(!) eben auch die Fahrradinfrastruktur verbessern."

          Naja, tiefgehender geht es auch um die Hinterfragung von Mobilität und Arbeit, wie das sonst meist Energiefuchs hier schrieb. Reduzierung der Arbeitswege, andere Arbeitsorganisation...

        • @83492 (Profil gelöscht):

          So etwas wie Hamburg-Berlin mit dem Velomobil hatte ich nicht im Sinn. Eher vom Umland in die Großstadt. Das geht augenscheinlich auch im Winter ;)



          www.youtube.com/watch?v=NlmkcvHTjL8

          Gegen die Bahn will ich da auch nicht argumentieren. Im Gegenteil müsste sie wie auch der ÖPNV ausgebaut werden, damit das Auto nur noch für sehr wenige unabdingbar wird.

      • @Uranus:

        Die beste Fahrradinfrastruktur ist die Abschaffung derselben, dann kann man ungestraft auf der sicheren Fahrbahn fahren, statt alle paar Meter darum bangen zu müssen, ob ein Rechtsabbieger Einen abschießt, man aus einer Ausfahrt heraus auf die Straße katapultiert wird oder Einem ein Kinderwagen vors Rad geschoben wird.

    • @Bodo Klimmek:

      Es geht und ging doch nie um "Umweltschutz" - das ist nur ein Deckmäntelchen. Es geht immer um Wirtschaftssubvention und die vielleicht in eine halbwegs vernünftige Richtung, wenn man Glück hat.

  • Mindereinnahmen, ich kann hier nur noch den Kopf schütteln.