KMK will Abitur vereinheitlichen: Einigkeit und digitale Freiheit
Die KultusministerInnen wollen zukünftig einheitliche Abiaufgaben einführen und den Schulen mehr Geld für die Digitalisierung zur Verfügung stellen.
Mit Beginn des Jahres 2019, so gelobten es Bund und Länder am Freitag, soll das Geld für die Digitalisierung der Schulen fließen. „Liebe Kommunen, ihr dürft schon mal den Glasfaserausbau in die Schulen organisieren“, gab Karliczek den Startschuss. Eigentlich sollte der längst gefallen sein. Schon Karliczeks Amtsvorgängerin Johanna Wanka (CDU) hatte Ende 2016 eine Vereinbarung mit den Ländern geschlossen, die aber nie unterzeichnet wurde.
Bund und Länder sind sich nunmehr einig, die erforderliche Grundgesetzänderung bis zum Jahresende zu organisieren. Im Koalitionsvertrag sind in dieser Legislaturperiode 3,5 Milliarden Euro vom Bund für W-lan, Computer, digitale Lernplattformen und deren Wartung eingestellt. Strittig ist noch, wie viel Geld Länder und Kommunen dazu geben müssen. Nach Vorstellung des Bundes sollen sich die Länder zudem um die Fortbildung der LehrerInnen kümmern. Um die Details wird sich nun eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe kümmern.
Gleiche Abituraufgaben für alle
Hamburgs Schulsenator Ties Rabe, Koordinator der SPD-, Grün-, und Links-regierten Länder (außer Baden-Württemberg), unterstrich jedoch, dass sich nun alle bemühten. Dies sei eine neue Nuance.
Einigkeit erzielten die Kultusminister auch in zwei weiteren Fragen: Zum einen sollen die Länder Abituraufgaben aus dem gemeinsamen Aufgabenpool ab 2021 nicht mehr verändern dürfen. Das bedeutet, dass die Anforderungen ans Abitur deutschlandweit einheitlicher werden. Das ist vor dem Hintergrund wichtig, dass SchülerInnen, die sich mit ihren Durchschnittsabiturnoten auf zulassungsbeschränkte Studiengänge bewerben – sogenannte NC-Studiengänge – auch gleiche Chancen haben sollen, einen Platz zu bekommen. Einheitliche Abiprüfungen machen die Durchschnittsnoten vergleichbarer.
Wartezeit fürs Medizinstudium gilt nicht mehr
Zudem verständigten sich die Kultusminister auch darauf, die Zulassung zum Medizinstudium zu verändern. In einer Pressemitteilung teilten sie nach der Konferenz mit, dass Wartezeiten künftig nicht mehr angerechnet werden. Stattdessen solle, so KMK-Sprecher Torsten Heil, eine sogenannte Talentquote eingeführt werden, deren Ausgestaltung aber noch unklar sei.
Anlass für die Neuregelung des Zulassungsverfahrens ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2017. Das Gericht hat das Verfahren zur Vergabe von Studienplätzen teilweise moniert und die Länder aufgefordert, bis 2019 neue Regelungen zu schaffen.
Durchschnittsnote weiter ausschlaggebend
Auch weiterhin werden 20 Prozent der Plätze an die besten AbiturientInnen vergeben, 60 Prozent der BewerberInnen wählen die Hochschulen selbst aus. In der Regel ziehen sie dabei aber das gleiche Kriterium heran, nämlich den Abiturschnitt. Künftig sollen noch zwei weitere Kriterien hinzukommen. Welche das sein können und wie diese zu gewichten sind, soll vertraglich vereinbart werden.
Es war das erste Mal, dass Karliczek in der KMK zu Gast war. Den ganzen Vormittag saß sie mit den Ländern zusammen. Hamburgs Schulsenator Rabe lobte die „beinahe herzliche Gesprächsatmosphäre.“ Nur wenige Wochen zuvor hatte er die Ministerin kritisiert, weil sie die Länder mit ihrem Entwurf für einen Nationalen Bildungsrat überrascht hatte. Dieses Gremium soll Empfehlungen für die Schulbildung, aber auch für Aus- und Weiterbildung geben – und setzt die Kultusministerkonferenz bereits jetzt erheblich unter Druck.
Karliczeks Entwurf für einen Bildungsrat sieht ein Gremium mit 64 Mitgliedern vor, von Bund, Ländern und Kommunen sowie mit WissenschaftlerInnen und PraktikerInnen. Der Bund hat in diesem Modell 19 Stimmen und könnte durch geschickte Bündnisse die Länder auch mal überstimmen.
Die KMK hat daraufhin einen Entwurf erarbeitet, in welchem dem Bund im Bildungsrat lediglich 3 Stimmen zufallen. Der Dissenz über die Stimmverteilung besteht weiter. Auch hier gründeten beide Seiten eine gemeinsame Arbeitsgruppe.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut