Justizmord in Iran: Ohne rechtsstaatliche Standards und unter Folter
Mojahed Kourkour wurde für den Tod eines Jungen bei den „Frau, Leben, Freiheit“-Protesten 2022 hingerichtet. Dabei gibt es Beweise für seine Unschuld.

Kourkour wurde am 20. Dezember 2022 von Angehörigen der Revolutionsgarde festgenommen. Die iranischen Behörden machten ihn für den Tod des zehnjährigen Kian Pirfalak verantwortlich, der bei Protesten in der Stadt Izeh erschossen worden war. Der Fall hatte für weltweite Empörung gesorgt.
Amnesty International liegen Informationen vor, nach denen Mojahed Kourkouri nicht an dieser Protestveranstaltung teilgenommen hat. Auch Recherchen und Augenzeugenberichte belegten früh, dass das Kind durch Schüsse iranischer Sicherheitskräfte getötet wurde und die Familie des getöteten Jungen wies die Vorwürfe gegen Kourkour ebenfalls öffentlich zurück.
Trotzdem wurde er in einem Verfahren verurteilt, das laut Menschenrechtsgruppen keinerlei rechtsstaatlichen Standards entsprach. Er wurde gefoltert und unter Druck gesetzt, um ein Geständnis zu erzwingen, welches kurz nach seiner Festnahme über staatliche Medienkanäle ausgestrahlt wurde. Auf einem Video ist er im Bett liegend mit einem blutigen und bandagierten Arm zu sehen, berichtet Amnesty International.
„Mojahed war ein weiteres Opfer eines Regimes, das Angst durch Terror ersetzt hat“, sagt Mariam Claren von der Menschenrechtsorganisation HÁWAR.help, die sich für politische Gefangene in Iran einsetzt, in einer Pressemitteilung. „Seine Hinrichtung ist ein Justizmord. Und die internationale Gemeinschaft trägt eine Mitverantwortung, wenn sie weiter schweigt.“
Mit Kourkour sind inzwischen mindestens elf Personen im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten seit Herbst 2022 hingerichtet worden. Dutzenden weiteren droht derzeit die Exekution. Laut Angaben von Menschenrechtsorganisationen hat die Islamische Republik allein in den ersten fünf Monaten des Jahres 2025 mehr als 550 Menschen hinrichten lassen.
Innerhalb der Gefängnismauern regt sich jedoch Widerstand. Seit Ende Januar 2024 treten jeden Dienstag politische Gefangene in inzwischen mehr als 30 Haftanstalten in den Hungerstreik – als Protest gegen die Hinrichtungen und die systematische Unterdrückung.
HÁWAR.help fordert angesichts der Eskalation klare Konsequenzen für das Regime in Iran: keine diplomatische Normalisierung ohne verbindliche Menschenrechtsklauseln, politische und wirtschaftliche Sanktionen sowie eine Außenpolitik, die Menschenrechte nicht länger außen vor lässt. „Die Zivilgesellschaft in Iran braucht internationale Solidarität, keine Appeasement-Politik“, so Claren. „Menschenrechte sind nicht verhandelbar – auch nicht in diplomatischen Hinterzimmern.“
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