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Justizfarce in MyanmarWeitere Strafe für Aung San Suu Kyi

Die Gesamtstrafe für die gestürzte De-facto-Regierungschefin erhöht sich auf insgesamt 33 Jahre Haft. Beobachter sehen ein politisches Verfahren.

Demonstrantiinnen aus Myanmar im Juli 2022 in Bangkok mit Bild von Aung San Suu Kyi in jungen Jahren Foto: Soe Zeya Tun/Reuters

Berlin taz | Myanmars durch einen Putsch gestürzte De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi ist am Freitag in fünf angeblichen Fällen der Korruption zu weiteren sieben Jahren Haft verurteilt worden. Dies sickerte jetzt über mit dem Fall vertraute Kreise an Nachrichtenagenturen durch. Den Anwälten der 77-Jährigen ist es verboten, sich öffentlich zu äußern.

Die herrschende Militärjunta hat die jüngsten Urteile zunächst noch nicht vermeldet. Sie gelten als die letzten in einer Kaskade von 19 Verfahren gegen die Friedensnobelpreisträgerin, mit der offenbar ihr Ruf zerstört werden soll. Zugleich erhöht sich damit die Gesamtstrafe für die Tochter des Nationalhelden Aung San auf insgesamt 33 Jahre, was bei ihrem Alter eine lebenslängliche Strafe bedeuten dürfte und offensichtlich ihre Rückkehr in die Politik für immer verhindern soll.

In den Anklagen ging jetzt es um die Anmietung eines Hubschraubers und den Kauf eines anderen. Die bisherigen Verurteilungen basierten auf Vorwürfen von illegaler Einfuhr von Funkgeräten, Verstößen gegen Geheimhaltungspflichten, anderen angeblichen Korruptionsfällen und Anstiftung zum Aufruhr. Aung San Suu Kyi soll die Anklagen als absurd bezeichnet haben.

Die Prozesse fanden alle unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Seit ihrer Gefangennahme beim Putsch am 1. Februar 2021 hat das Militär die frühere Demokratie-Ikone systematisch aus der Öffentlichkeit verbannt. Sie wurde zunächst in der Hauptstadt Naypyidaw in einem Hausarrest regelrecht versteckt, seit etwa einem halben Jahr sitzt sie dort in einem Gefängnis in Einzelhaft.

„Politisch motivierte Farce“

Aung San Suu Kyi saß bereits unter der früheren Militärjunta zwischen 1989 und 2010 rund 15 Jahre in Haft oder Hausarrest. Anders als jetzt gelang es ihr aber damals, immer wieder mit der Bevölkerung oder auch gegenüber internationalen Medien zu kommunizieren und so mit ihrer Hartnäckigkeit dem Widerstand selbst als Vorbild zu dienen.

„Die total ungerechte Parade von Verfahren und Verurteilungen der Junta gegen Aung San Suu Kyi ist eine Farce, mit dem politischen Ziel, sie für den Rest ihres Lebens hinter Gitter zu halten“, erklärte Phil Robertson von Human Rights Watch. Ziel sei, den Wahlsieg ihrer Nationalen Liga für Menschenrechte (NLD) bei den Wahlen im November 2020 zu vereiteln.

Das Militär hatte seinen Putsch mit angeblichem Betrug bei den damaligen Wahlen begründet, die Aung San Suu Kyis NLD einen weiteren Erdrutschsieg bescherten und der Partei des Militärs eine vernichtende Niederlage einbrachte. Internationale Beobachter hatten die Wahlen als weitgehend frei und fair bezeichnet.

Robertson verwies darauf, dass das Verfahren in keinster Weise rechtsstaatlich gewesen sei. Auch kritisierte er den Zeitpunkt der jetzigen Urteilsverkündung: „Indem die Verurteilung in die Weihnachtsferien gelegt wurde, hofft die Junta offenbar, dass die internationale Öffentlichkeit dies nicht mitbekommt.“

UN-Sicherheitsrat fordert Freilassung politischer Gefangener

Erst vergangene Woche hatte der UN-Sicherheitsrat die Junta aufgefordert, politische Gefangene freizulassen. Russland und China, die beide die wichtigsten diplomatischen Stützen und größten Waffenlieferanten der Junta sind, hatten sich dabei enthalten.

Aung San Suu Kyi war seit 2010 wieder in Freiheit gewesen und zog bald bei einer Nachwahl ins Parlament ein. 2015 gewann ihre NLD die Wahlen. In einer vom Militär erzwungenen Machtteilung wurde sie offiziell Außenministerin und bekam den bisher nicht existenten Posten einer Staatsrätin, was sie zur De-facto-Regierungschefin machte, die sie offiziell nicht sein durfte.

Galt sie innerhalb des Landes für viele weiterhin als größte Hoffnung auf demokratischen Fortschritt, hatte sie in ihrer Regierungszeit viele ihrer vormals internationalen Unterstützer enttäuscht. Denn sie verteidigte vehement das brutale Vorgehen des Militärs bei der Vertreibung von bis zu einer Million Angehörigen der muslimischen Minderheit der Rohingya nach Bangladesch.

1,6 Millionen Binnenflüchtlinge

Sie entpuppte sich als birmanische Nationalistin, der auch viele Minderheiten im eigenen Land nicht trauten. Auch gab es Zweifel an ihren demokratischen Versprechen. Denn ihre NLD richtete sie komplett auf sich aus. Weder gab es eine innerparteiliche Demokratie, noch förderte sie den politischen Nachwuchs oder war zu Bündnissen mit anderen demokratischen Gruppen bereit.

Von der seit April 2021 im Untergrund operierenden Regierung der Nationalen Einheit (NUG), der demokratischen Gegenregierung zur Militärjunta, wurde sie zwar formal als Vorsitzende ernannt. Doch gibt es auch innerhalb der Demokratiebewegung und des bewaffneten Widerstands inzwischen Emanzipationsbewegungen von ihr.

Myanmar versinkt zunehmend in Chaos und Elend. Das Militär geht brutal gegen den Widerstand einer Vielzahl von bewaffneten Gruppen vor, die sich nur zum Teil zur NUG bekennen. Das Militär kämpft einen Vielfrontenkrieg und kontrolliert nicht das ganze Land. Umgekehrt sind die bewaffneten Gruppen nicht stark genug, um größere befreite Gebiete zu erobern.

Landesweit sind etwa 1,6 Millionen Menschen auf der Flucht. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation AAPP wurden seit dem Putsch vom Militär 2.685 Menschen getötet und 16.651 festgenommen.

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